RECHT UND KAPITALMARKT

Einheitliche EU-Regeln für Pre-Marketing alternativer Fonds

Aufsichtspraxis wird sich frühzeitig an den neuen Bestimmungen orientieren

Einheitliche EU-Regeln für Pre-Marketing alternativer Fonds

Von Edgar Wallach *)Seit der EU-Richtlinie über Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Richtlinie) bedarf jeglicher Vertrieb von Anteilen alternativer Investmentfonds (AIFs) einer vorherigen Vertriebserlaubnis durch die zuständige Aufsichtsbehörde im jeweiligen Vertriebsland. Insbesondere für Verwalter von AIFs außerhalb der EU ist dieses Erfordernis mit einem hohen Kostenaufwand verbunden, da für sie der sogenannte europäische Vertriebspass nicht zur Verfügung steht.Um den Aufwand mehrerer Vertriebsgenehmigungsverfahren zu vermeiden, sind viele Verwalter von AIFs dazu übergangen, den Zeitpunkt des Fundraising vor den eigentlichen Vertriebsbeginn zu legen (sogenanntes Pre-Marketing). Eine häufig anzutreffende Variante besteht darin, potenziell interessierten Anlegern in einem ersten Schritt nur allgemeine Informationen über die Gesellschaft des Assetmanagers und über dessen Anlagestrategien zu geben, ohne einen konkreten Investmentfonds zu benennen. Erst wenn der Anleger Interesse zeigt und aus eigenem Antrieb nach konkreten Investmentprodukten fragt (sog. Reverse Solicitation), konnten diese genehmigungsfrei dem Anleger angeboten werden.In einer anderen Variante möchte der Verwalter testen, ob für einen konkreten Fonds ausreichend Interesse im Markt besteht (Market Sounding). Hierbei gibt er den Anlegern alle erforderlichen Informationen über den konkreten Fonds, macht ihnen aber deutlich, dass sie noch keine Anteile erwerben können, sondern erst wenn ein Vertriebsanzeigeverfahren erfolgreich abgeschlossen ist. Bei der Abgrenzung zwischen erlaubnisfreiem Pre-Marketing und erlaubnispflichtigem Vertrieb besteht eine erhebliche Grauzone, zumal die Grenzen des Pre-Marketings in den Mitgliedstaaten unterschiedlich ausgelegt werden.Es ist daher im Grundsatz zu begrüßen, dass Parlament und Rat der EU in zwei Rechtsetzungsakten das Pre-Marketing von AIFs einheitlichen Regeln unterworfen haben. Es handelt sich um die Richtlinie (EU) 2019/1160 zur Änderung der OGAW- und der AIFM-Richtlinien und um die Verordnung (EU) 2019/1156 u. a. zur Änderung der Verordnungen über Risikokapitalfonds und über Fonds für soziales Unternehmertum. Beide Rechtsetzungsakte treten am 1. August 2019 in Kraft. Die das Pre-Marketing betreffenden Bestimmungen gelten zwar erst ab dem 2. August 2021; sie verdienen jedoch schon jetzt Beachtung, da damit zu rechnen ist, dass sich die Aufsichtspraxis frühzeitig an den neuen Bestimmungen orientieren wird. Erweiterte Definition positivPositiv ist die gegenüber dem Richtlinienvorschlag der Kommission erweiterte Definition des Pre-Marketings zu sehen, wonach nicht nur AIFs, die noch nicht errichtet sind, sondern auch solche, die bereits errichtet sind, für die aber noch keine Vertriebsanzeige erstattet wurde, Gegenstand des Pre-Marketings sein können. Der Richtlinienvorschlag hatte ein Pre-Marketing für bestehende AIFs ausgeschlossen. Dabei wurde jedoch verkannt, dass es einem sorgfältig handelnden Verwalter nicht verwehrt werden kann, auch für einen bestehenden AIF den Markt in einem neuen Vertriebsland zu sondieren. Andernfalls geht er das Risiko ein, ein mangels Anlegerinteresses zweckloses Vertriebsanzeigeverfahren durchgeführt und den Fonds mit nutzlosen Kosten des Anzeigeverfahrens und Vertriebsfolgeverpflichtungen belastet zu haben.Inkonsequent ist es dann aber, dass Richtlinie und Verordnung dem Verwalter verbieten, im Rahmen des Pre-Marketings Gründungsdokument und Prospekt des Fonds in endgültiger Form vorzulegen oder detaillierte Information zu geben, die den Anleger in die Lage versetzen, eine Anlageentscheidung zu treffen. Ist der AIF bereits errichtet, müssen Satzung oder Gesellschaftsvertrag in finaler Form vorgelegt werden können. Gleiches gilt für die Mitteilung bereits detaillierter und entscheidungsreifer Informationen. Sie ist sowohl im Interesse der Verwalter, da sie zu verlässlicheren Ergebnissen der Marktsondierung führt, als auch im Interesse der Anleger, da sie bereits in diesem Stadium vollständige Informationen über den AIF erhalten und ihn mit anderen Fondsprodukten vergleichen und entsprechend disponieren können.Die auferlegte Informationsbeschränkung ist umso weniger einsichtig, als die fehlende Vertriebsgenehmigung durchgesetzt wird, indem es dem Verwalter während des Pre-Marketings verboten ist, Zeichnungsanträge entgegenzunehmen. Er muss sicherstellen, dass kein Anleger vor Erlangung der Vertriebsgenehmigung dem Fonds beitreten kann. Ein Verstoß gegen das Beitrittsverbot ist leicht festzustellen, da der Verwalter verpflichtet ist, seiner Aufsichtsbehörde das Pre-Marketing und den Zeitraum, in dem es stattfindet, anzuzeigen.Fazit ist, dass trotz positiver Ansätze der neuen Regulierung ein echtes Pre-Marketing mit dem Ziel einer validen Marktsondierung behindert wird, ohne dass dies dem Schutze von Anlegerinteressen dient. *) Dr. Edgar Wallach ist Partner von Hengeler Mueller in Frankfurt.