Immobilien - Interview mit Hans-Ulrich Geis

"Energetische Sanierung führt zu Win-win-win-Situation"

Politik muss Nutzer-Investor-Dilemma aufbrechen

"Energetische Sanierung führt zu Win-win-win-Situation"

So wichtig scharfe Dämmvorschriften für neue Gebäude und Null-Energie-Häuser auch sind, eine wirklich CO2-Entlastung lässt sich damit nicht erreichen. Dies kann nur eine flächendeckende energetische Sanierung des vorhandenen Gebäudebestands. Dafür sind aber Änderungen nötig, meint Hans-Ulrich Geis, Real-Estate-Experte im Investment Research der DZ Bank.- Herr Geis, eine neuere Umfrage ergab, dass das Thema Nachhaltigkeit von der ganz überwiegenden Zahl der Befragten als wichtig benannt wurde – bei Verkaufsgesprächen spielt dieser Aspekt aber so gut wie keine Rolle. Wie erklären Sie sich diese Differenz?Immobilien sind die größten Dreckschleudern weltweit. Sie stehen für 40 % aller CO2-Emissionen. Der Verkehr ist Peanuts dagegen. Dennoch kennt jeder den Verbrauch seines Autos – aber wissen Sie, wie viel Öl oder Gas Sie zu Hause pro Quadratmeter verbrauchen? Wir fahren hier im Durchschnitt mit einem Hummer durch die Landschaft, also mit 25 Litern plus.- Was ist zu tun?In Deutschland haben wir fast 60 % Mieter. Eine Sanierung und Schadstoffeinsparung geht nur mit den Mietern und mit den Eignern. Wir glauben, dass die energetische Sanierung zu einer Win-win-win-Situation führt: Das Klima wird profitieren, die Investoren werden profitieren, wenn das Nutzer-Investor-Dilemma beseitigt ist, und die Mieter müssen profitieren, wenn die Warmmieten sinken.- Was ist das Nutzer-Investor-Dilemma?Die Durchschnittsmiete hierzulande beläuft sich auf etwa 5 Euro je Quadratmeter und Monat kalt. Dazu kommen etwa 2 Euro Umlage. Warum sollte der Vermieter in den Wärmeschutz investieren und dem Mieter etwa 60 Cent je Monat ersparen, wenn er seine Kosten nicht adäquat über seine Kaltmiete weiterreichen kann? Heute sind maximal 40 % der Kosten umlagefähig.- Was müsste die Politik ändern?Die Regierung müsste Gesetze dahingehend ändern, dass die Möglichkeiten, Mieten nach einer energetischen Sanierung anzuheben, verbessert werden – das passiert aber vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen never ever. Wenn jedoch der Eigentümer bei Energieeinsparungen von 60 Cent die Kaltmiete um 50 Cent anheben könnte, hätte der Vermieter einen Anreiz, und der Mieter würde trotzdem sparen. Aber wer will eine Wahl gewinnen, wenn er die Folterwerkzeuge vor einer Wahl auspackt? Die Mehrheit hierzulande sind Mieter. Nur: Wenn der Vermieter keinen Anreiz hat, saniert er auch nicht. Aber ohne die Sanierung der millionenfachen Altbestände gibt es keine CO2-Entlastung.—– Das Interview führte Ulli Gericke.