Immobilien

Erste Bremsspuren am New Yorker Markt

Makler: Angebote gehen langsamer weg - Preise steigen weiter - Top-Objekte auf Long Island sind begehrt

Erste Bremsspuren am New Yorker Markt

Von Markus Gärtner, z.Zt. New York Die anhaltende Kreditkrise und die drohende US-Rezession hinterlassen am Immobilienmarkt von Manhattan erste Schleifspuren. Fast 40 000 Entlassungen haben die Banken an der Wall Street angekündigt und annähernd 300 Mrd. Dollar Wertberichtigungen, als Folge der Subprime- und Kreditkrise. Für die US-Finanzmetropole, in der Finanzdienstleister sowohl am Wohnungs- als auch am Büromarkt der Dreh- und Angelpunkt sind, ist das keine gute Nachricht. “Der Markt ist nicht mehr so stark wie im vergangenen Jahr”, berichtet der Remax-Makler Dennis Santolo im Süden von Manhattan, “aber er ist immer noch gut.” 60 bis 90 Tage am MarktIm Klartext: Die Zahl der Verkäufe lässt nach, Wohnungen – selbst in Top-Lagen von Manhattan – sind statt 30 jetzt oft 60 bis 90 Tage am Markt, bevor sie einen Käufer finden. Aber die Preise steigen weiter. Das bestätigt auch Steven Spinola, der Präsident des Branchenverbandes Real Estate Board of New York. “Wir haben in den vergangenen Monaten immer neue Rekordpreise erreicht; wenn Sie den richtigen Standort haben, finden Sie immer einen Käufer”, erklärt Spinola. In den jüngsten Marktberichten der großen Immobilienhäuser wird diese Aussage untermauert.”Viele hatten erwartet, dass unser Markt Anfang 2008 die Kreditkrise zu spüren bekommt, aber die Zahlen verraten noch keine spürbaren Auswirkungen”, heißt es im Bericht für Januar bis März bei Brown Harris Stevens, der ältesten Maklerfirma in New York. Demnach liegt die Zahl der verkauften Condos (Eigentumswohnungen) nur 1 % unter dem Vorjahresquartal. Der durchschnittliche Preis einer Wohnung in Manhattan ist in den zwölf Monaten bis März 2008 um 28 % auf 853 000 Dollar gestiegen. Doch der Luxus-Markt für Apartments über 10 Mill. Dollar – sowie zahlreiche neue Wohnhäuser, die Rekordpreise erzielten – verzerren den Durchschnittspreis stark nach oben. Der Verkauf von Nobel-Condos, die mehr als 10 Mill. Dollar kosten, nahm laut Brown Harris Stevens in den zwölf Monaten bis März um 318 % zu. 36 Prozent mehr VerkäufeDie Corcoran-Gruppe, der größte Immobilienhändler am Condo-Markt in den USA, berichtet für das erste Quartal von 36 % mehr Verkäufen als im Referenzzeitraum 2007. Aus dem Quartalsbericht von Prudential Douglas Elliman geht hervor, dass die Zahl der angebotenen, aber noch nicht verkauften Condos im Quartalsvergleich Anfang 2008 um fast 21 % zugenommen hat. “Wir sehen in Manhattan ein Abflachen der Wachstumskurve, die zehn Jahre lang sehr steil war”, bestätigt auch der Makler Karl von Frieling bei der Corcoran-Gruppe. Er warnt zögerliche Interessenten vor verpassten Chancen: “Alle Käufer, die im vergangenen Jahr in Erwartung fallender Preise einen Kauf hinausgeschoben haben, sehen sich nun mit Preiszuwächsen von 20 bis 30 % konfrontiert”. Er ist vor allem im Luxus-Segment des Marktes aktiv und sieht bislang keine negativen Auswirkungen der Kreditkrise auf die Finanzierung von Wohn-Immobilien am “Big Apple”. “Die große Mehrzahl von Käufern mit gesunden Finanzen hat keine Probleme, eine Hypothek zu bekommen”, sagt von Frieling, “die Hypotheken-Vermittler berichten uns, dass große Banken zwar sehr restriktiv sind, dass aber kleinere Kreditinstitute und Versicherungen, die mehr Eigenkapital verlangen, Kredite willig ausreichen.” Schwäche unter Top-SegmentDoch unterhalb des Top-Segments wird der Markt bereits schwächer. “2006 und 2007 haben Verkäufer auf die Preise der vorausgegangenen zwölf Monate geschaut und einfach 10 % draufgeschlagen, heute setzen sie sich an den Tisch und fragen die Makler, ob sie noch die Preise von 2006 erzielen können”, erzählt Brown-Harris-Stevens-Makler John Burger.Am Markt für gewerbliche Immobilien trüben sich die Erwartungen derweil ein, obwohl Ikonen wie der Milliardär Sam Zell berichten, dass Investoren schon wieder vorsichtig hypothekenverbriefte Wertpapiere kaufen. Erstklassige (“Grade A”) Bürogebäude sahen in Manhattan im März – dem jüngsten Berichtszeitraum – eine leicht fallende Leerstandsrate auf 5,7 %, während die durchschnittliche Büromiete noch um 1,4 % anstieg, auf über 87 Dollar je Quadratfuß (936 Dollar pro Quadratmeter). Beim Immobiliendienstleister Colliers klingt der Chef des New Yorker Büros, Craig C. Evans, fast defensiv: “Wir hatten kein schlechtes erstes Quartal, wir haben immer noch Zuwächse.” Bis zu 50 000 EntlassungenDer Research-Direktor im selben Büro, Robert Sammons, erwartet “25 000 bis 50 000 Entlassungen in der Finanzbranche in Manhattan allein in diesem Jahr”. Im ungünstigsten Fall, so Sammons, kann das die Leerstandsrate für Bürogebäude von 7,3 auf 10,2 % ansteigen lassen. Führende Broker im gewerblichen Immobilienmarkt der Stadt verweisen jedoch darauf, dass ein langsam wachsendes Angebot die Preise spürbar stützt. “Wenn man bedenkt, dass in Midtown Manhattan 2007 mehr als 1,5 Mill. Quadratmeter vermietet wurden, dann nehmen sich die 700 000 Quadratmeter, die bis 2010 noch auf den Markt kommen, bescheiden aus”, sagt Joseph Harbert, der Chief Operating Officer für den Großraum New York bei Cushman & Wakefield.Selbst im Ferienidyll von New Yorks Geld-Elite, den Hamptons am südlichen Rand von Long Island, spüren die Makler, dass das Geschäft etwas ruhiger wird. “Weniger Leute fahren im Auto durch die Gegend, um Häuser zu suchen, es gibt weniger Angebote und die Schlagzahl hat etwas nachgelassen”, beschreibt Peter Turino, der Präsident bei Brown Harris Stevens in den Hamptons, die Situation im Sommerparadies eine Autostunde östlich von Manhattan. Doch im Top-Segment für Häuser über 10 Mill. Dollar – und das sind in den Hamptons viele – ist von einer ruhigeren Gangart keine Rede. Die vielen Strandgrundstücke mit Karibik-Flair, die Paläste reicher Banker, Schauspieler, Künstler und Mode-Ikonen sind begehrter als je zuvor. Golfstar Tiger Woods hat sich im März für 65 Mill. Dollar eine Villa an der prestigeträchtigen “Gin Lane” in Southampton im Südosten von Long Island zugelegt. “Besser als je zuvor”Hedgefonds-Star John Paulson, der 2007 über 3 Mrd. Dollar mit Wetten gegen den kollabierenden Immobilienmarkt gewann, kaufte vor einem Monat ein schlossartiges Anwesen am Lake Agawam für 41,3 Mill. Dollar. “Meine Geschäfte laufen besser als je zuvor”, erzählt die deutsche Maklerin Elisabeth Enders Gibson in Southampton. Sie arbeitet derzeit ausschließlich mit europäischen Kunden und hat fünf aktive Objekte, darunter ein knapp 6 000 Quadratmeter großes Grundstück im begehrten Water-Mill-Bezirk von Southampton.