RECHT UND KAPITALMARKT

EU will unfaire Vorteile durch Beihilfen aus Drittstaaten aufdecken

Regelungen sollen Fusionskontrolle und Außenwirtschaftsrecht ergänzen

EU will unfaire Vorteile durch Beihilfen aus Drittstaaten aufdecken

Von Stephanie Birmanns und Oliver Schröder *)Nach dem Willen der EU-Kommission sollen europäische Behörden zukünftig untersuchen können, ob Subventionen aus Nicht-EU-Staaten ihren Empfängern unfaire Vorteile im europäischen Wettbewerb verschaffen. Sie hat hierzu im Juni 2020 ein Weißbuch mit Vorschlägen für neue Kontrollinstrumente vorgelegt.Die – nicht zuletzt industriepolitisch motivierte – Initiative gründet in der Erkenntnis, dass der bestehende Regelungsrahmen nicht ausreicht, um wettbewerbsverzerrende Wirkungen drittstaatlicher Subventionen zu verhindern. In der Tat sind insbesondere die beihilferechtlichen Überprüfungsmöglichkeiten der Kommission auf Subventionen beschränkt, die von EU-Mitgliedstaaten gewährt werden. Die Vorschriften des Fusionskontroll-, Kartell-, Vergabe- und Handelsrechts haben hingegen andere Stoßrichtungen. Sie sind aus Sicht der Kommission nicht geeignet, den beobachteten Wettbewerbsverzerrungen durch ausländische Beihilfen umfassend entgegenzutreten. Auch das Außenwirtschaftsrecht hilft hier nicht weiter. Zwar hat der deutsche Gesetzgeber erst kürzlich signifikante Verschärfungen im Hinblick auf die Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen vorgestellt. Diese zielen jedoch darauf ab, Unternehmenserwerbe aus dem Nicht-EU-Ausland unter Berufung auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu prüfen und gegebenenfalls zu untersagen.Die EU-Kommission schlägt vor diesem Hintergrund zunächst einmal eine allgemeine Marktaufsicht für Subventionen aus Drittstaaten vor, die eingreifen soll, wenn solche Subventionen zu Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt führen. In diesem Fall sollen sowohl die EU-Kommission als auch die mitgliedstaatlichen Behörden Untersuchungen einleiten und erforderliche Abhilfemaßnahmen – wie etwa die Rückzahlung der fraglichen Beihilfe – einfordern können. In der Praxis dürfte wegen mangelnder Transparenz bereits der Nachweis einer drittstaatlichen Beihilfe erhebliche Schwierigkeiten bereiten, so dass der Erfolg dieses Instruments nicht zuletzt davon abhängen wird, welche Mittel den zuständigen Behörden zur Durchsetzung von Auskunftsansprüchen an die Hand gegeben werden. Aus Sicht der Praxis wird es zudem wichtig sein, einen eindeutigen materiellen Prüfungsstandard zu etablieren, um Rechtssicherheit zu schaffen und das präventive Potenzial der Regelung auszuschöpfen. Pflicht zur AnmeldungZudem sieht das Weißbuch eine Pflicht zur Anmeldung des Erwerbs von EU-Unternehmen vor, sofern der Erwerb mit Hilfe drittstaatlicher Subventionen erfolgt. Solche Transaktionen sollen erst nach – gegebenenfalls bedingter – Freigabe durch die EU-Kommission vollzogen werden können. Das neue Verfahren soll neben die Fusionskontrolle sowie die außenwirtschaftsrechtliche Investitionsprüfung treten und somit eine dritte Säule der Prüfung von (Auslands-) Investitionen bilden. Es soll verhindern, dass drittstaatliche Subventionen ihre Empfänger in die Lage versetzen, andere Interessenten zu überbieten. Mit dem nunmehr vorgeschlagenen weiteren subventionsbezogenen Anmeldeverfahren kommt auf die beteiligten Unternehmen ein erheblicher Mehraufwand zu. Problematisch sind aus Praxissicht neben dem weitgefassten materiellen Prüfungsstandard insbesondere die bisher sehr vage formulierten Aufgreifkriterien, die zu einer Anmeldepflicht führen.Um zu verhindern, dass drittstaatliche Subventionen ihren Empfängern im Rahmen von öffentlichen Vergabeverfahren ungerechtfertigte Vorteile verleihen, schlägt die EU-Kommission schließlich vor, dass Bieter im Rahmen eines Vergabeverfahrens dem Auftraggeber Zuwendungen aus Drittstaaten melden müssen. Sollte eine solche Beihilfe das Vergabeverfahren verzerren, kann der entsprechende Bieter ausgeschlossen werden. Vergleichbare Regelungen sind für Anträge auf finanzielle Unterstützung durch die EU vorgesehen. Es steht zu erwarten, dass dieses zusätzliche Verfahren die Chancen der betroffenen Bieter verringert, den Auftrag zu erhalten, zumal sie im Gegensatz zu anderen Bietern nicht vor Abschluss der Subventionsprüfung durch die zuständige Aufsichtsbehörde – die nach den aktuellen Vorschlägen bis zu drei Monate dauern kann – beauftragt werden dürfen.Der politische Wille zur Kontrolle des Einflusses staatlicher Zuwendungen oder sonstiger Einflussnahmen insbesondere aus China ist vielerorts vorhanden. Nicht übersehen werden sollte dabei aber, dass die vorgeschlagenen Regelungen (wie auch die jüngsten Verschärfungen des Außenwirtschaftsrechts) auch “lautere” Investitionen signifikant erschweren oder gar verhindern können. Daher ist der EU-Gesetzgeber gefordert, durch die Festlegung eindeutiger Aufgreifkriterien und materieller Prüfungskriterien für Rechtssicherheit zu sorgen und die zusätzliche Belastung der Unternehmen durch angemessene Fristen und Informationsanforderungen auf ein vertretbares Maß zu beschränken. Die EU-Kommission beabsichtigt, hierzu im Laufe des Jahres 2021 einen ersten Verordnungsentwurf vorzulegen. *) Dr. Stephanie Birmanns ist Anwältin, Dr. Oliver Schröder Partner von SZA Schilling, Zutt & Anschütz in Brüssel und Frankfurt.