Finanzaufsicht führt Stresstest für Immobilien ein

Neues Szenario wird ab Ende März angewendet - Spezialfonds gewinnen dadurch an Attraktivität gegenüber der Direktanlage

Finanzaufsicht führt Stresstest für Immobilien ein

Von Christoph Ruhkamp, Düsseldorf Die Finanzaufsicht BaFin führt ein neues Stresstest-Szenario ein. Es simuliert erstmals auch die Auswirkungen eines kombinierten Wertverfalls bei Immobilien und Aktien auf die Kapitalanlagen von Versicherern. Bisher gab es nur drei verschiedene Varianten für Aktien und Renten. “Das neue Szenario wird voraussichtlich von Ende März an angewendet”, sagte ein Sprecher der BaFin der Börsen-Zeitung. Die BaFin reagiert damit auf die steigenden Immobilienquoten bei vielen Versicherern, die mittlerweile meist über 5 % des Gesamtvermögens betragen. Welches Ausmaß der angenommene Wertverfall haben soll, stehe derzeit noch nicht fest, so der BaFin-Sprecher. Nur Eigenkapital betroffenMit dem Stresstest simuliert die Finanzaufsicht die Auswirkungen einer negativen Kapitalmarktentwicklung auf die Vermögensbestände von Unternehmen, die dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) unterliegen. Neben den Versicherern sind dies auch viele Institutionen der Altersvorsorge, wie etwa Pensionsfonds und Pensionskassen. Durch das Frühwarnsystem soll sichergestellt werden, dass die Institute jederzeit ihren Verpflichtungen nachkommen können.Unterdessen können die Anbieter von Immobilien-Spezialfonds durch das neue Szenario in diesem Jahr mit einem weiteren Schub bei den Mittelzuflüssen rechnen. “Da der simulierte Wertverfall nur auf das eingesetzte Eigenkapital angewendet wird, steigt die Attraktivität der Fonds gegenüber der Alternative einer direkten Anlage in Immobilien”, sagte Daniel Just, Kapitalanlagevorstand der Bayerischen Versorgungskammer (BVK), der Börsen-Zeitung. Denn Versicherer und viele Altersvorsorger dürfen bei der Direktanlage, die in den meisten Portfolios noch immer dominiert, laut Gesetz kein Fremdkapital einsetzen. Fonds arbeiten mit KreditenDen Fonds ist dies aber erlaubt. Sie dürfen bis zu 50 % des Verkehrswertes der Immobilien beleihen. Deshalb wirkt sich die Simulation bei gleichem Investitionsvolumen bei den Fonds geringer aus.”Wir werden zumindest unsere neuen Mittel für Immobilien verstärkt in Spezialfonds anlegen”, sagte Just. Die BVK, ein Zusammenschluss zwölf berufsständischer Altersversorgungswerke, ist mit einem Vermögen von 35 Mrd. Euro eine der größten Institutionen dieser Art in Deutschland. Der neue Stresstest erweist sich somit als ein weiterer Mosaikstein, der die Direktanlage in Immobilien für Großanleger unattraktiver werden lässt.”Dadurch, dass wir kein Leverage einsetzen können, waren wir in jüngster Zeit bei vielen Bieterverfahren für deutsche Immobilien ohnehin schon unterlegen”, sagte Just. Meist hätten ausländische Finanzinvestoren den Zuschlag erhalten, so Just. Immobilien-Spezialfonds hatten bereits in den vergangenen drei Jahren hohe Zuflüsse erhalten (siehe Grafik), weil sie Großanlegern auch für vergleichsweise kleine Beträge eine Streuung ihrer Bestände im Ausland erlauben. Mittelzuflüsse boomenDas von der Branche betreute Vermögen wuchs im vergangenen Jahr laut Daten des Fondsverbands BVI allein bis Ende September um gut 20 % auf 16,7 Mrd. Euro. Mit einem Marktanteil von mehr als einem Drittel ist die Oppenheim Immobilien Kapitalanlagegesellschaft (OIK) der mit Abstand größte unter den insgesamt 18 Anbietern. Die OIK verwaltet 5,7 Mrd. Euro in 28 Fonds. Die höchsten Mittelzuflüsse erzielte dagegen 2005 die Aareal Immobilien-KAG mit 675 Mill. Euro bis Ende September.Aus Sicht von Altersversorgern wie der BVK haben Spezialfonds noch einen weiteren Vorteil: “Wir können per Direktanlage nur Immobilien kaufen, von denen wir uns sicher sind, dass wir sie mindestens zehn Jahre halten wollen”, sagte Kapitalanlage-Chef Just. “Würde ein Objekt vor Ablauf dieser Frist verkauft, würde das für uns die Gewerbesteuerpflicht auslösen. Für Immobilien, die wir in Spezialfonds halten, gilt diese Regel dagegen nicht. BVK baut Wohnungen abBei der BVK entfallen derzeit 6,3 % bzw. 2,2 Mrd. Euro der gesamten Kapitalanlagen auf Immobilien. Diese Quote würde Just gerne noch ausweiten. “Aber es mangelt an guten Gelegenheiten.” Das Immobilienvermögen verteilt sich zu 55 % auf Gewerbeobjekte und zu 45 % auf Wohnungen. “Den Wohnungsbestand, der ganz überwiegend in Bayern lag, haben wir in den vergangenen Jahren reduziert, um unser Risiko besser auf Nutzungsarten zu streuen”, sagte Just. Auch ansonsten wurde das Portfolio bereinigt. Grundlage dafür war eine im Jahr 2001 vom Unternehmensberater Mercer Seebauer bei der BVK neu eingeführte EDV für das Immobilien-Portfoliomanagement. Dabei wird jedem Objekt und jedem Mikrostandort ein Rating zugeordnet. Gute Objekte in schlechten Märkten werden verkauft. Schlechte Objekte in guten Märkten werden für das eigene Portfolio modernisiert. Jede Immobilie erhält einen Business-Plan für zehn Jahre.Der Portfolioumbau habe zur Konzentration auf einige Standorte in Bayern geführt – statt des vorherigen “Fleckenteppichs”. Außerdem investierte die BVK selektiv in Bürogebäude in Hamburg, Frankfurt und Stuttgart. Anders als früher wurden keine Projektentwicklungen erworben. “Wir brauchen jetzt Bestandsobjekte, die sofort einen verlässlichen Cash-flow abwerfen und nachhaltig rentierlich sind”, erklärte Just. Sicherer Cash-flow gesuchtDenn die BVK arbeitet mit einem internen Rechnungszins von 4 %. Die Rendite der meisten Rentenpapiere liegt jedoch darunter. Immobilien sind insofern eine Alternative, müssen aber von Anfang an etwas mehr als die erforderlichen 4 % abwerfen. “Wir gehen deshalb in der Direktanlage in Deutschland keine Risiken ein, sondern kaufen ausschließlich im sogenannten Core-Segment”, unterstrich Just.Andere Regeln gelten für die Auslandsinvestments, die ein kleines Renditeplus liefern sollen. Hier setzt die BVK auf drei Spezialfonds. Rund 280 Mill. Euro verteilen sich auf die drei Manager GLL, Invesco und TMW. Der bei Invesco angesiedelte Fonds lieferte nach Angaben von Just mit einer Ausschüttungsrendite von 8,6 % nach allen Kosten für 2005 “ein sehr gutes Ergebnis”.