Recht und Kapitalmarkt

Finanzkrise eröffnet Chancen für neue Transaktionen

Investitionsmöglichkeiten für Fonds und Private-Equity-Firmen - Rückkauf von eigenen Finanzierungsinstrumenten von Vorteil

Finanzkrise eröffnet Chancen für neue Transaktionen

Von Adalbert Rödding *) Der Markt für Unternehmenskäufe und -zusammenschlüsse ist aus verschiedenen Gründen eingebrochen. Zu den Gründen gehört neben der Verunsicherung auf Verkäufer- und Käuferseite – auch auf dem Aktienmarkt – die aufgrund der Finanzmarktkrise derzeit nur sehr eingeschränkte Möglichkeit, zu akzeptablen Bedingungen eine Fremdfinanzierung für einen Unternehmenskauf zu erhalten. Es ist zu erwarten, dass diese Situation noch einige Zeit – mindestens bis Ende 2009 – anhalten wird. Die Finanzmarktkrise wird jedoch voraussichtlich eine Vielzahl von neuen Transaktionsformen mit sich bringen, die für Investoren, Banken und Unternehmen wirtschaftlich interessant sein werden.Die Finanzmarktkrise und die sich daraus nunmehr entwickelnde Wirtschaftskrise haben vermehrt zur Folge, dass Unternehmen und Banken, aber auch Privatpersonen, Darlehen und andere Finanzprodukte nicht mehr oder nicht mehr rechtzeitig bedienen können. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass Unternehmen, die sich refinanzieren müssen, sich aufgrund der gegenwärtigen Marktgegebenheiten nur zu deutlich höheren Konditionen refinanzieren können. Dazu werden auch Finanzierungen von Portfoliogesellschaften von Private-Equity-Fonds und – auch unterstützt durch den drohenden Druck auf die Mieten – Immobiliengesellschaften gehören. Dadurch werden Kredite zunehmend notleidend werden und es wird zu Kreditausfällen kommen. Banken und andere Finanzinstitute, die solche notleidenden Forderungen aus ihren Büchern nehmen und die eigene Realisierung der Forderung und die damit verbundenen Kosten vermeiden wollen – auch um ihre eigene Marktkapitalisierung zu erhöhen – werden damit gezwungen sein, diese Forderungen mit einem Abschlag an Dritte zu veräußern. Dies eröffnet Investitionschancen insbesondere für Fonds, z. B. Opportunity-Fonds, die eine Rendite durch professionelle und konzentrierte Forderungsrealisierung (Workout-Management) und optimale Finanzierung erzielen möchten. Hier sind bereits jetzt spezielle Fonds in den USA aufgesetzt worden. Nicht für die EwigkeitDas deutsche Finanzmarktstabilisierungsgesetz ermöglicht dem eigens dafür eingerichteten Fonds, Garantien für bestimmte Schuldtitel zu übernehmen (Garantieermächtigung), sich an der Rekapitalisierung von Unternehmen des Finanzsektors zu beteiligen (Rekapitalisierung) und Risikopositionen jeder Art, insbesondere Forderungen, Wertpapiere und derivative Finanzinstrumente, zu erwerben. Nach anfänglicher Zurückhaltung haben sich jetzt einige Finanzinstitute dazu entschieden, den Rettungsfonds in Anspruch zu nehmen. Der Fonds ist ausdrücklich nicht für die Ewigkeit angelegt, sondern ist nach dem 31. Dezember 2009 abzuwickeln. Daher wird er die erworbenen Beteiligungen und Risikopositionen nicht dauerhaft halten, sondern versuchen, diese und gegebenenfalls die mit ihnen verbundenen Rückgriffsansprüche aus der Übernahme von Garantien später im Rahmen von Sekundärtransaktionen zu veräußern. Dies gilt, soweit der Fonds sich nicht vorbehalten hat, die erworbenen Risikopositionen an den Verkäufer zurückzuveräußern. Nachdem sich die Finanzmärkte beruhigt haben, ist zu erwarten, dass sich hier ein Sekundärmarkt entwickeln wird.Die gegenwärtige Finanzmarktkrise und die sich daraus entwickelnde allgemeine Wirtschaftskrise bewirkt, dass einige Unternehmen ihre laufenden Finanzierungen und sonstige Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen können und insolvent werden. Um einen Neuanfang – gegebenenfalls mit geändertem Geschäftsmodell oder reduziertem Umfang – für diese Unternehmen oder Unternehmensteile zu ermöglichen, ist zu erwarten, dass es zunehmend mehr Transaktionen geben wird, in denen diese Unternehmen oder Unternehmensteile an einen Investor veräußert werden (“Distressed M & A”-Transaktionen). Während sich für Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, notleidende Bereiche abzustoßen, erhält der Investor (wie z. B. Private-Equity-Fonds, aber auch strategische Unternehmen und Dax-Unternehmen) die Chance, Unternehmen günstig zu erwerben und durch Umstrukturierungen wieder profitabel zu machen. Verkauf von TafelsilberUm eine Krise oder eine drohende Insolvenz zu vermeiden, können Unternehmen zudem gezwungen sein, wertvolle Unternehmensteile (sogenanntes “Tafelsilber”) zu veräußern, um die notwendige Liquidität zu erhalten. Dies wird dadurch verstärkt, dass auf dem gegenwärtigen Kreditmarkt Unternehmenskredite nicht, nur sehr schwer oder zu ungünstigen Bedingungen gewährt werden.Die gegenwärtige Finanzmarktkrise hat zur Folge, dass gehandelte Finanzierungsinstrumente (zum Beispiel Bonds, Schuldverschreibungen, aber auch Darlehen) vielfach unter dem Ausgabewert gehandelt werden. Dies ermöglicht dem Schuldner, also dem Unternehmen, das die Instrumente ausgegeben hat, Anteile an einem solchen Finanzierungsinstrument günstig selbst zu erwerben (Debt Buy-back). Ein solcher Debt Buy-back kann erfolgen, um Anteile an dem Instrument bald wieder (gewinnbringend) zu veräußern (Buy and Flip), die Anteile an dem Instrument langfristig zu halten (Buy and Hold) oder auf die erworbenen Anteile an dem Finanzierungsinstrument zu verzichten und dadurch die Fremdfinanzierung zu reduzieren (Buy and Forgive). SyndizierungsproblemeDas Unternehmen kann den Erwerb durch vorhandene Barmittel oder durch eine neue Fremdfinanzierung erwerben, aber auch durch neues Eigenkapital von Investoren. Dies bietet nicht nur Chancen für Investoren wie Private-Equity-Fonds, die Finanzierungsinstrumente erwerben und sich durch eine Umwandlung dieser Instrumente in Eigenkapital an dem Unternehmen beteiligen können, sondern auch Chancen für das Unternehmen selbst, das durch einen Debt Buy-back seine Fremdkapitalquote verringern kann.Üblicherweise werden Kredite, die von Banken zur Unternehmens- und Akquisitionsfinanzierung ausgereicht werden, an andere Banken und Finanzinstitutionen zum Zwecke der Risikodifferenzierung weitersyndiziert. Aufgrund der gegenwärtigen Finanzmarktkrise können die meisten Banken ihre Kredite nicht weitersyndizieren. Schätzungsweise sind bis zu 450 Mrd. Dollar an Krediten derzeit nicht syndizierbar (sogenannte Stalled Syndications). Die Banken, die diese Kredite noch in ihren Büchern haben und voll im Risiko sind, werden diesen Zustand jedoch nicht dauerhaft so belassen können. Sie werden daher gezwungen sein, diese Kredite – mit einem Abschlag – an andere Banken oder Investoren zu veräußern. Es ist zu erwarten, dass sich im Hinblick auf diese Syndizierungskredite ein besonderer Markt entwickeln wird, in dem die bislang nicht syndizierten Kredite mit einem Abschlag veräußert werden. Dieser Markt kann auch für Private-Equity-Fonds interessant sein. Auch hier wird sich der Markt jedoch erst dann entwickeln, wenn sich die Finanzmärkte beruhigt haben und wieder Akquisitionsfinanzierungen zu akzeptablen Bedingungen erhältlich sind. Weichen stellenWie jede Krise trägt auch die derzeitige Finanzmarktkrise Chancen in sich. Auf der einen Seite versuchen Banken und Unternehmen, ihre Bilanzen zu bereinigen, und trennen sich von “Risikopositionen”. Diese Positionen stellen auf der anderen Seite weiterhin durchaus attraktive Investitionsobjekte dar. Für Verkäufer und Käufer werden sich zahlreiche neue Rechtsprobleme insbesondere im insolvenz-, haftungs- und steuerrechtlichen Bereich stellen, die es in Zukunft zu bewältigen gilt. Bevor sich ein funktionierender Markt für die Veräußerung von Risikopositionen entwickelt, wird zwar sicherlich noch einige Zeit ins Land ziehen müssen, bis die Wirtschaft und die Finanzmärkte wieder zur Ruhe gekommen sind. Es ist jedoch ratsam, bereits jetzt die Weichen zu stellen, um in diesem Markt mitwirken zu können.*) Dr. Adalbert Rödding ist Partner im Kölner Büro von Freshfields Bruckhaus Deringer LLP.