Immobilien

Finanzplatz-Initiative legt Wunschbild vom REIT vor

Umstrittene Empfehlungen an Berlin für börsennotierte Immobilien-Trusts - Markt von 127 Mrd. Euro - Steuerplus von 8,2 Mrd. Euro

Finanzplatz-Initiative legt Wunschbild vom REIT vor

Von Christoph Ruhkamp, FrankfurtDas Tauziehen um die Ausgestaltung der geplanten Immobilien-Investment-Trusts (REITs) in Deutschland kann beginnen. Den Startschuss gibt die Initiative Finanzplatz Deutschland (IFD). Sie hat dem Bundesfinanzministerium Empfehlungen für die neuen Vehikel vorgelegt, die Deutschland – so lautet das hehre Ziel – ab 2006 zum führenden Investmentmarkt für Immobilien in Europa machen sollen. Die Initiative drängt zu schnellen Entscheidungen, damit der hiesige Finanzplatz in Sachen Immobilien Paris und London den Rang ablaufen kann. Nicht regulierte AGsIm Zentrum des neun Seiten starken Abschlussberichts, der der Börsen-Zeitung vorliegt, stehen der regulatorische Rahmen, die laufende Besteuerung und die Besteuerung bei der Einbringung von Immobilien in REITs.Vorbilder für das Vehikel sind die REIT-Regime in den USA, Australien, Japan und seit 2003 auch Frankreich. Aber lediglich deren Grund-Charakteristika sind auch hierzulande weitgehend unumstritten: REITs nach dem IFD-Modell sollen ausschließlich auf Anlegerebene besteuerte, nicht regulierte und börsennotierte Aktiengesellschaften sein, die ihr Geld schwerpunktmäßig – das heißt, zu mindestens drei Vierteln – mit Immobilien verdienen. Keine Domäne für KAGsDiskussionen dürften die Vorschläge im Detail auslösen. Unter anderem scheint es den Kapitalanlagegesellschaften nicht zu gelingen, die neuen Vehikel für sich zu reklamieren. Denn REITs sollen laut IFD-Entwurf nicht im Investmentgesetz, das nur für Fondsgesellschaften gilt, geregelt werden. Demnach wird das Geschäft mit REITs nicht nur den KAGs vorbehalten bleiben, sondern für alle Marktteilnehmer eröffnet. Für eine investmentrechtliche Regelung der REITs hatte sich naturgemäß vor allem der Fondsverband BVI eingesetzt.Umstritten zwischen hiesiger Branche und Regierung dürfte nun vor allem sein, wie die Einbringung von Immobilien in die neue Rechtsform durch steuerliche Anreize gefördert werden kann. Die stillen Reserven, die Unternehmen über Jahre in ihren Immobilienbeständen angesammelt haben und bei der Überführung in einen REIT aufdecken, dürfen einerseits nicht zu hoch besteuert werden, wenn die Vehikel wirklich genutzt werden sollen – und andererseits nicht zu niedrig, damit der Fiskus mitspielt. Frankreich als VorbildAls vorbildlich gilt die in Frankreich gefundene Lösung: Die IFD schlägt demgemäß die Einbringung von Immobilien gegen Anteile am REIT zum halben Ertragsteuersatz vor – das wären 20 % – und eine Steuerstundung durch Raten über vier Jahre. In der Vergangenheit habe die volle Besteuerung aufgedeckter stiller Reserven die wünschenswerte Mobilisierung von Immobilien in vielen Fällen verhindert, begründet die IFD ihren Vorschlag. Den Steuerrabatt erhält indes nur, wer einen REIT in den ersten fünf Jahren nach Einführung der Vehikel gründet.Um das Modell auf politischer Ebene durchsetzen zu können, muss auch das Steueraufkommen der Gemeinden berücksichtigt werden: Die IFD regt deshalb an, die gewerbesteuerliche Belastung der Einbringung von Immobilien in einen REIT, die den Gemeinden zugute käme, unverändert zu lassen – und die gewünschte Halbierung der Steuerbelastung ausschließlich durch eine Anpassung der Einkommen-/Körperschaftsteuer zu bewirken. “Diese wäre im Einzelfall so anzupassen, dass die bestehende Steuerbelastung halbiert wird und eine Gesamtbelastung von höchstens 20 % entsteht”, heißt es in dem Bericht. Sieben Jahre HaltepflichtDen “schnellen Euro” soll aber dennoch niemand mit der Überführung von Immobilien in REITs machen: Werden Anteile an der Kapitalgesellschaft vor Ablauf von sieben Jahren veräußert, schlägt der Fiskus unbarmherzig zu und wendet im Nachhinein die volle Besteuerung an – so will es das IFD-Modell.Fest steht: Sollte die Branche der Politik nicht glaubwürdig vermitteln können, dass der REIT für die öffentlichen Haushalte ein Plus bringt, dann steht die Ampel im Finanzministerium auf rot. Vor zwei Wochen hatten die Berliner Beamten bereits ausgewählte Bundesländer zu Gesprächen über die Einführung der REITs eingeladen. Einer der expliziten Befürworter ist laut öffentlichen Bekundungen der hessische Ministerpräsident Roland Koch. Heute findet die erste größere Verhandlung zwischen Bund und Ländern statt. Keine UnternehmenssteuernKonkretisierungen enthält das IFD-Papier darüber hinaus zur laufenden Besteuerung der neuen Vehikel nach ihrer Gründung. Im Gegenzug für die grundsätzliche Befreiung von Körperschaft- und Gewerbesteuer müssen REITs laut IFD-Empfehlung 90 % – also einen sehr hohen Anteil – ihrer Erträge (inklusive Vermietung und ähnliches), die übrigens nach IFRS-Bilanzregeln ermittelt werden sollen, an die Aktionäre ausschütten. Diese werden dann individuell voll besteuert – ohne Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens, wie es für die Dividenden herkömmlicher Aktiengesellschaften gilt.Steuerfrei vereinnahmen kann der Aktionär dagegen Erträge des REITs, die im Ausland erzielt und dort bereits versteuert wurden. Ausländische Aktionäre müssen eine Kapitalertragsteuer von 20 % zahlen. Um eine Steuervermeidung inländischer Anleger über den Umweg durch Beteiligungen vom Ausland her zu verhindern soll das Außensteuergesetz präzisiert werden. Die Veräußerungsgewinne von REIT-Anteilen sind dagegen grundsätzlich – wie bei normalen Aktien auch – steuerfrei. Gewinne teils in RücklageNach dem Wunsch der IFD sollen REITs zwar die meisten, aber nicht alle Erträge ausschütten müssen: Laut Empfehlung können REITs Gewinne aus Verkäufen von Immobilien für bis zu zwei Jahre in eine Rücklage einstellen. Bewertungsgewinne müssen gar überhaupt nicht ausgeschüttet werden.Der REIT soll zudem an einer deutschen Börse und mit mindestens 25 % Streubesitz notieren und seinen Sitz in Deutschland haben. In Berlin könnte dieser Streubesitz als zu niedrig angesehen werden, wird bereits angedeutet. Jedenfalls ist der REIT laut IFD-Modell durch seinen Vorstand als eigenständige Gesellschaft nach den Regeln des Aktiengesetzes zu führen. Er kann jederzeit von Dritten vollständig übernommen werden – insbesondere wird, wenn es nach dem Willen der IFD geht, die erlaubte Beteiligungshöhe eines einzelnen Aktionärs nicht aus steuerlichen Erwägungen auf 10 % beschränkt.Mit der vorgeschriebenen Börsennotierung will die IFD dem Vernehmen nach sicherstellen, dass nur größere Immobilienportfolios in REITs überführt werden – “und nicht irgendein kleiner Baukonzern seine drei Gebäude steuergünstig versilbert”, wie sich ein IFD-Mitglied ausdrückt. Umstrittene BörsennotizBranchenmitglieder weisen indes darauf hin, dass es aus Sicht vieler institutioneller Anleger auch die Möglichkeit eines REITs ohne Börsennotierung geben sollte. “Der Streubesitz unter Beteiligung von Privatanlegern sowie die erhöhten Berichts- und Transparenzpflichten könnten viele Institutionelle von der Gründung oder dem Investment in einen REIT abhalten”, sagt etwa Claus Thomas, Geschäftsführer bei der Münchner LaSalle Investment.Das Marktpotenzial für “German REITs” schätzt die IFD auf 127 Mrd. Euro bis 2010. Davon könnten allein 60 Mrd. Euro aus dem Unternehmenssektor kommen, der dadurch Eigenkapital mobilisieren würde. Trifft das Szenario ein, kann sich aber auch der Fiskus auf lange Sicht nicht beklagen: Im gleichen Zeitraum sollen direkte Steuermehreinnahmen von 8,2 Mrd. Euro anfallen. Hinzu kommt laut IFD ein indirektes Steuerplus aus Wohlfahrtseffekten – etwa höhere Immobilienrenditen – von 4,4 Mrd. Euro bis 2015. An diesen rosigen fiskalischen Aussichten hegen hinter vorgehaltener Hand jedoch selbst die Vertreter der Branche ihre Zweifel.Steuerschätzungen gelten hier als ein sehr unüberschaubares Terrain. “Schwierigkeiten dürfte etwa die Besteuerung von REIT-Anlegern aufwerfen, die im Ausland sitzen”, sagt ein IFD-Berater.Eine andere Sicht ist die der Anleger: Um den Anforderungen in- und ausländischer Investoren zu genügen, sollen die Immobilienportfolios deutscher REITs laut IFD-Papier im Jahresabschluss der Gesellschaft extern bewertet werden – und zwar zu Marktpreisen und nach den internationalen Bilanzregeln IFRS. Auch die Standards für Unternehmensführung aus dem deutschen Aktienrecht werden nach dem Wunsch der IFD für die neuen Vehikel gelten. Ausweg für offene FondsAllen Beschwichtigungen zum Trotz wird der REIT wohl auch in ein Konkurrenzverhältnis zu den bereits vorhandenen Immobilien-Vehikeln treten – und diesen zugleich Auswege aus der aktuellen Krise eröffnen: Zwar sollen sich die REITs durch ihre höhere Rendite und ihr höheres Risiko deutlich von offenen Fonds unterscheiden. Doch müsste laut IFD-Vorschlag im Investmentgesetz eine Rechtsgrundlage dafür geschaffen werden, dass die offenen Fonds mit bis zu 20 % ihres Vermögens in REITs investieren können.Die REIT-Anlage soll dabei als Anlage in Immobilien angesehen werden. Außerdem soll es den offenen Fonds erlaubt sein, Fonds-Immobilien im Austausch für REIT-Anteile in die neue Rechtsform einzubringen. Aus Marktkreisen ist bereits zu hören, dass die Deka Immobilien an einer solchen Variante großes Interesse hätte.Damit auch Versicherer künftig in REITs investieren können und vor allem wollen, muss die Verordnung über die Anlage des gebundenen Vermögens geändert werden. Hier geht es darum den Versicherern einerseits die Überführung von direkt gehaltenen Immobilien in REITs zu erleichtern und sie gleichzeitig zum Investment zu ermuntern, indem REITs von der Aufsicht bei der Immobilienquote verbucht und nicht zur Aktienquote gerechnet werden. Wohn-Firmen als GründerAls Gründer von REITs sollen darüber hinaus auch die ehemals gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften ins Spiel gebracht werden. Sie sind nach Ansicht der IFD “als REIT prädestiniert”. Nach Erlangung des REIT-Status seien die Ausschüttungen der Wohnungsbaugesellschaften zu besteuern. Eine Nachversteuerung eventuell vorhandener Eigenkapital-Positionen auf REIT-Ebene brauche nicht mehr zu erfolgen, da die Ausschüttungen auf Anteilseignerebene der vollen Besteuerung unterliegen würden, so die IFD.