INVESTMENTFONDS

Flucht aus Anleihenfonds

47,2 Mrd. Dollar fließen ab - Schwellenländerprodukte mit großen Verlusten

Flucht aus Anleihenfonds

Die Ankündigung der US-Notenbank, voraussichtlich im Herbst das Stimulusprogramm QE3 sukzessive zurückzufahren, hat zu einem Kursbeben an den Anleihemärkten geführt. Sie verbuchen so heftige Abflüsse wie seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr. Für den Anleger dürfte es ein Schock sein, wenn er Ende der Woche auf die Quartalsergebnisse seines Fonds schaut und feststellt, dass sein konservativer Anleihenfonds so kräftige Verluste aufweist wie ein Aktienprodukt.Von Armin Schmitz, FrankfurtDie Furcht vor der sinkenden Liquidität an den Kapitalmärkten hat zu kräftigen Kursverlusten an den Anleihemärkten geführt. Die Rendite zehnjähriger US-Bonds ist im Gegenzug auf über 2,5 % gesprungen. Das ist das höchste Niveau seit Juni 2011. Auch in kürzeren Laufzeiten sind Renditeanstiege zu beobachten. Nach Ansicht der Analysten der Credit Suisse eskomptieren aktuell die Staatspapiere der Kernländer wie beispielsweise die USA einen höheren Risikoaufschlag für steigende Zinsen am kurzen Ende. Seit Fed-Chef Ben Bernanke Ende Mai erstmals ernsthaft seine Ausstiegswilligkeit bekundet hat, ziehen Anleger massiv Gelder aus den Emerging Markets und auch aus den Bond-Fonds ab. Letztere erleben so heftige Abflüsse wie seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr. Nach Angaben des Analysehauses EPFR zogen Anleger in der Woche zum 5. Juni allein 12,5 Mrd. Dollar ab. In der Woche zum 14. Juni, also noch vor der Fed-Sitzung, waren es sogar 14,5 Mrd. Dollar. Zwei Drittel dieser Fonds stammen aus den USA. Die Verluste von aktiv gemanagten Bond-Fonds und Fixed-Income-ETF (Exchange Traded Funds) summieren sich im Juni (bis zum 18. Juni) nach Angaben von Trimtabs Investment Research auf 47,2 Mrd. Dollar. Das übersteigt auch die Rekordabflüsse vom Oktober 2008, als die Anleger 41,8 Mrd. Dollar aus den Rentenprodukten abzogen.Für den Anleger dürfte es ein Schock sein, wenn er Ende der Woche auf die Quartalsergebnisse seines Fonds schaut und feststellt, dass sein konservativer Anleihefonds so kräftige Verluste aufweist wie ein Aktienprodukt. Vergleichsweise glimpflich kamen dabei noch die Fonds weg, die in US-Staatsanleihen investieren. Die Fonds wiesen durchschnittliche Verluste von 2,9 % auf. Allein in den zurückliegenden vier Wochen mussten sie Einbußen von 4,1 % hinnehmen. Auf Dollar lautende Unternehmensanleihen verzeichneten in den zurückliegenden vier Wochen einen Rückgang von 5,5 %. Im Zeitraum von April bis Juni summieren sich die Verluste auf 4,1 %. Besonders starke Abflüsse mussten Anlagen in den Schwellenländern hinnehmen. Offenbar wurden mit der Aussicht auf eine Normalisierung der US-Geldpolitik die Risiken von Anlagen in den Schwellenländern anders als bislang bewertet, zumal es nach den Kursgewinnen in den vergangenen Monaten zu einem starken Renditeabbau kam und die Risikoprämien gleichzeitig sanken. Andere Experten erklären die Abgaben mit Gewinnmitnahmen nach dem langen Aufwärtstrend. In der Kategorie der “Schwellenländer-Anleihen lokal” brachen die Kurse der Fondsanteile um 12,7 % ein. Der Dreimonatsverlust liegt bei 9,7 %.Emerging-Markets-Bonds-Fonds in der Morningstar-Kategorie “Schwellenländer-Anleihen” verloren seit Ende Mai im Schnitt rund 9 %. Für das zweite Quartal dieses Jahres werden Anleger mit diesen Produkten Einbußen von 7,9 % hinnehmen müssen. Zwar büßten die Fonds in der Kategorie “Anleihen Europa” in den zurückliegenden vier Wochen im Schnitt 3,3 % ein. Mit einem Minus von lediglich 1,6 % ist der Anleger im jetzt zu Ende gehenden zweiten Quartal aber glimpflich davongekommen. Phase hoher Renditen vorbeiDie Angst, dass es an den Anleihemärkten noch zu einem Blutbad wie 1994 kommt, scheint unbegründet (siehe nebenstehendes Interview). Geht es nach Ralf Schreyer, Head of Fixed Income der DWS, verhindern eine bessere Kommunikation der Notenbanken, geringere Wachstumsraten und nur moderate Inflationserwartungen größere Verluste. Nach Ansicht der Analysten von Credit Suisse sind die Zeiten hoher Fixed-Income-Renditen vorüber. Anleiheinvestoren sollten zukünftig selektiver bei ihrem Exposure sein. Andere Experten sehen die Kursrückgänge als zu stark an und sehen die niedrigen Kurse als Kaufgelegenheit.