Asset Management

Fondsanbieter suchen Anschluss an den Riester-Zug

Investmentbranche hinkt Versicherern hinterher - Nur Union ist erfolgreich - DWS will neues Provisionsmodell erproben

Fondsanbieter suchen Anschluss an den Riester-Zug

Von Stefanie Schulte, Frankfurt Nachdem sich die Riester-Rente zunächst als Flop entpuppt hatte, haben die meisten Fondsgesellschaften sie jahrelang als lästige Pflichtaufgabe mit geringen Ertragschancen betrachtet. Doch allein im ersten Halbjahr 2006 haben die Versicherer 880 000 Riester-Policen abgesetzt, wobei sie vor allem davon profitierten, dass der Gesetzgeber seit 2005 den bürokratischen Aufwand für Anleger stark reduziert hat. Nutzen aus diesem Trend zieht auch die genossenschaftliche Union Investment, die von Januar bis August 297 000 Riester-Fondssparpläne abgesetzt hat und damit auf einen Bestand von 774 000 kommt. Auf die anderen Fondsgesellschaften jedoch – darunter die Platzhirsche DWS, Deka und Dit – entfällt in den ersten sechs Monaten 2006 lediglich ein Neugeschäft von knapp 20 000 Riester-Verträgen und ein Bestand von gut 100 000 Depots, legt man die Zahlen des Bundesverbands Investment und Asset Management zugrunde. Damit sind die Gesellschaften dabei, ein potenzielles Milliardengeschäft zu verpassen: Die Zahl der Riester-Förderberechtigten in Deutschland, die noch keinen Vertrag abgeschlossen haben, wird auf 25 Millionen geschätzt. Unattraktiv für Vertriebe Die Ankündigung von DWS-Chef Axel-Günter Benkner, beim Verkauf von Riester-Sparplänen künftig vorab gebündelt Provisionen an den Vertrieb zu zahlen (vgl. BZ vom 5. September), wie es bei Versicherern üblich ist, könnte jedoch die Trendwende bringen. Schließlich gelten die über viele Jahre gestreckten Provisionen als wichtigster Grund, weshalb das Geschäft mit Riester-Fonds lahmt – vor allem bei Anbietern, die wie die DWS einen großen Teil ihres Geschäfts über unabhängige Vertriebe generieren. Diese schielen meist auf kurzfristige Erträge und geben daher den attraktiveren Konkurrenzprodukten der Assekuranz den Vorzug. Auch die Allianz-Fondstochter Dit hat schon einmal eine Vorabprovisionierung ihrer Riester-Sparpläne erwogen, dies aber bisher nicht umgesetzt. Bei Ausgabeaufschlägen zwischen 3 % und 5 % und einem jährlichen Höchstbeitrag für einen Riester-Vertrag von derzeit 1 575 Euro fallen für die Vermittler der Fondssparpläne pro Jahr lediglich Provisionen im zweistelligen Euro-Bereich ab. Die Versicherer zahlen dagegen gleich zu Anfang vierstellige Summen. So spielten Riester-Fonds etwa bei der Deutschen Vermögensberatungs AG (DVAG), einem der wichtigsten Vertriebspartner der DWS, bisher keine nennenswerte Rolle, so eine Sprecherin. Makler scheuen BürokratieDie Pools freier Finanzmakler stehen dem DWS-Vorstoß dennoch skeptisch gegenüber. Kleinere Fondsvermittler schrecke vor allem der hohe bürokratische Aufwand des Riester-Geschäfts ab und nicht allein die Art der Provisionierung, sagte Matthias Milczewsky, Leiter der Investmentabteilung beim größten deutschen Maklerpool BCA. Bei vorab provisionierten Sparplänen komme das Risiko vorzeitiger Stornierungen hinzu. Geschehe dies innerhalb einer festgelegten Frist – etwa der ersten zwei Jahre – müsse üblicherweise ein Teil der bereits kassierten Provisionen zurückerstattet werden. Die Makler seien also gezwungen, entweder Rücklagen zu bilden oder mit einer speziellen Versicherungspolice für Stornierungen vorzusorgen. Die wirtschaftlich stärkeren Makler, die sich häufig bereits auf das Geschäft eingestellt hätten, seien im Übrigen auf vorab gezahlte Provisionen gar nicht angewiesen. Insgesamt betreuten die gut 8 000 BCA-Makler bisher 8 000 Riester-Fonds-Depots. Etwas optimistischer ist Thomas Pollmer, Leiter des Versicherungsgeschäfts beim Maklerpool Jung, DMS. Vorab provisionierte Riester-Sparpläne könnten besonders für Makler interessant sein, die vor allem Versicherungsprodukte vermittelten und den Einstieg ins Fondsgeschäft bisher gescheut hätten. Sorgen bereite den Vertrieben darüber hinaus die Überlegung, dass sich kleinere Fondsanbieter aus dem eigentlich langfristig ausgelegten Riester-Geschäft wieder verabschieden könnten, so Milczewsky. Daher konzentriere sich BCA auf das Produkt der DWS, die mit 44 000 Anlegerdepots noch zu den großen deutschen Riester-Fondsanbietern zähle. Von der Konstruktion her unterscheiden sich die Produkte der verschiedenen Anbieter ohnehin nur wenig, da alle, wie gesetzlich vorgeschrieben, mindestens den Erhalt der eingezahlten Beiträge garantieren. Die Sparpläne gelten jedoch als kostenintensiv, da unter anderem jährlich staatliche Zulagen beantragt und verbucht werden müssen. Die Unicredit-Tochter Activest hatte deswegen im September 2005 den Vertrieb ihrer Riester-Produkte eingestellt, nachdem sie nur wenige hundert Kunden geworben hatte. Dass die Vertriebsvergütung der einzige entscheidende Faktor beim Riester ist, widerlegt das Beispiel von Union Investment. Sie treibt das Riester-Geschäft zwar seit Jahren mit hoher Priorität voran, verzichtet aber auf eine Vorab-Provisionierung. Für Volksbanken seien regelmäßig gezahlte Ausgabeaufschläge aus Riester-Sparplänen durchaus attraktiv, da sie verlässliche Erträge versprächen, lautet die Argumentation von Klaus Riester, Geschäftsführer von Union Investment Privatfonds .Auch für den Sparkassenverbund, dessen Vertriebsstruktur der des Genossenschaftssektors sehr ähnelt, prognostiziert Robert Müller, Leiter Produkte und Steuern im Bereich Vorsorgemanagement der DekaBank, ein stark wachsendes Geschäft mit Riester-Fondssparplänen. Die Kundenberater der Sparkassen seien zu Jahresbeginn intensiv geschult worden, berichtet Angelika Roitzheim, Leiterin Beratung und Vertrieb im Vorsorgemanagement. Auch die Deka verzichtet auf eine Vorab-Provisionierung. Deka hat NachholbedarfSie hinkt der Union mit einem Bestand von 50 000 Riester-Fondssparplänen, davon knapp 20 000 im ersten Halbjahr 2006 abgeschlossen, allerdings weit hinterher. Müller begründet dies damit, dass der Sparkassenvertrieb neben den Fonds auch eigene Riester-Produkte sowie Policen der öffentlichen Versicherer forciert habe. So seien bisher 600 000 Riester-Versicherungspolicen und 220 000 Riester-Banksparpläne abgesetzt worden. Vermutlich leidet das Riester-Fondsgeschäft der Deka aber auch unter den Imageproblemen des Instituts, die aus der schwachen Performance vieler Deka-Fonds resultieren. Auch wenn die meisten Fondsanbieter das Patentrezept zur Eroberung des Riester-Marktes noch nicht gefunden haben, so erkennen sie doch zunehmend Handlungsbedarf. Die Gesellschaften müssten aufpassen, dass ihnen das Geschäft nicht durch die Lappen gehe, heißt es bei der DWS. Hätten die Kunden erst einmal einen Riester-Vertrag bei der Konkurrenz, etwa einem Versicherer, so kauften sie möglicherweise auch andere Finanzprodukte dort – und seien für die gesamte Riester-Laufzeit verloren. Umgekehrt sind die Aussichten für erfolgreiche Riester-Anbieter geradezu märchenhaft: Bei einem Bestand von nur einer Million Verträgen kämen bis 2033 mehr als 50 Mrd. Euro Anlagevolumen zusammen, prognostizierte jüngst Union Investment. Das wäre etwa doppelt so viel wie das Volumen des bisher größten Aktienfonds in Europa.