Förderung für Mitarbeiterbeteiligung an Start-ups ist nur ein erster Schritt
Frau Koch-Schulte, die Bundesregierung will die Beteiligung von Mitarbeitern an Start-ups fördern. Was ist im Einzelnen geplant?Der Entwurf des Fondsstandortgesetzes sieht zwei steuerliche Maßnahmen vor: Zum einen soll der einkommensteuerliche Freibetrag für den verbilligten Erwerb von Mitarbeiterbeteiligungen von 360 Euro auf 720 Euro pro Jahr erhöht werden. Zum anderen, und das ist für die Praxis interessanter, wird die Möglichkeit eingeräumt, die Steuer bei einem verbilligten Erwerb von bestimmten Mitarbeiterbeteiligungen in die Zukunft zu verschieben. Bisher muss der Mitarbeiter die bei Erwerb entstehende Steuer aus seinem sonstigen Einkommen zahlen. Nun soll die Steuer erst fällig werden, wenn (i) die Beteiligung verkauft oder anderweitig verwertet wird, (ii) nach Ablauf von zehn Jahren oder (iii) bei Beendigung des Dienstverhältnisses. Im ersten Fall verschiebt sich die Besteuerung auf den Zeitpunkt, zu dem tatsächlich auch Erlöse aus der Beteiligung realisiert werden. Die anderen beiden Fälligkeitszeitpunkte sind problematisch, weil hier keine Liquidität zufließt und der Mitarbeiter die Beendigung seines Dienstverhältnisses nicht unbedingt kontrollieren kann. Welche Voraussetzungen muss ein Unternehmen hier erfüllen?Das Unternehmen darf bestimmte Schwellenwerte hinsichtlich Mitarbeiterzahl, Umsatz oder Bilanzsumme (i) bei Übertragung der Beteiligung nicht überschreiten oder (ii) im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten haben. Damit knüpft der Gesetzesentwurf an die Definition von Kleinstunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen an. Zudem darf die Gründung des Start-ups nicht mehr als zehn Jahre zurückliegen. Weil Start-ups diese Voraussetzungen typischerweise erfüllen, ist der Gesetzesentwurf insoweit zu begrüßen. Reicht die Förderung aus, um die chronische Geldnot vieler Start-ups zu lindern?Die Förderung dient nicht vorrangig der Linderung der Geldnot der Start-ups, sondern soll deren Attraktivität für ihre Mitarbeiter steigern. Viele junge Talente sind nicht unbedingt an hohen Gehältern interessiert, sondern möchten Teil eines jungen Unternehmens und seiner Gründergeschichte sein. Sie werden oft von US-Start-ups umworben, die mit großen Optionsprogrammen winken. Das kann man so in Deutschland derzeit nicht machen, ohne die Mitarbeiter im Falle der Ausübung von Optionen einem Insolvenzrisiko aufgrund der dann anfallenden Steuer auszusetzen. Führt die höhere Kapitalbeteiligung der Mitarbeiter zu mehr Einfluss und womöglich Konflikten?Nein, nicht grundsätzlich. Das hängt von der Ausgestaltung im Einzelfall ab. Es gibt auch Kapitalbeteiligungen, die keine Stimmrechte haben. Und selbst bei einer echten Kapitalbeteiligung mit Stimmrechten kann die Ausübung der Stimmrechte so geregelt werden, dass sich das Unternehmen dadurch nicht selbst blockiert. Viele Start-ups scheitern. Wie werden Verluste beim Anteilsverkauf steuerlich behandelt?Sehr ungünstig. Mit der Einführung der sogenannten Abgeltungsteuer in 2009 hat der Gesetzgeber zwar die Besteuerung der Veräußerungsgewinne für Kleinbeteiligungen (kleiner 1 %) eingeführt, die Abzugsfähigkeit von Veräußerungsverlusten aber nur eingeschränkt zugelassen. Verluste aus dem Verkauf von Anteilen können nur mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden oder bei Aktienverlusten sogar nur mit Aktiengewinnen. Im Falle von wertlosen Beteiligungen ist die Verlustverrechnung seit diesem Jahr sogar auf 10 000 Euro pro Jahr beschränkt. Wie ist die geplante Förderung international einzuordnen?Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, mehr aber nicht. Im internationalen Vergleich, gerade mit den USA, sind wir da steuerlich noch immer schwach aufgestellt. So ist bei uns auch weiterhin keine steuerneutrale Entgeltumwandlung in Kapitalbeteiligungen möglich. Das heißt, ein Mitarbeiter kann aus seinem laufenden Gehalt nicht steuerneutral Mitarbeiterbeteiligungen erwerben. Der Arbeitgeber muss sie ihm zusätzlich zum Gehalt anbieten. Das ist wenig nachvollziehbar. Dr. Barbara Koch-Schulte ist Partnerin von P + P Pöllath + Partners. Die Fragen stellte Helmut Kipp.