ASSET MANAGEMENT

Für Fondsanbieter wird der Wettbewerb härter

Umfrage von Roland Berger: Kampf um Partnerschaften mit Banken nimmt zu - Regulierungsdruck führt zu Anpassungen im Vertrieb

Für Fondsanbieter wird der Wettbewerb härter

Banken und andere Vertriebsstellen kürzen derzeit radikal die Zahl der Fonds, die sie verkaufen. Dies zeigt eine Umfrage der Beratungsgesellschaft Roland Berger. Gesellschaften ohne Flaggschiff müssen sich künftig einen Listenplatz teuer erkaufen. Diejenigen Anbieter, die zu den Auserkorenen zählen, können auf steigenden Absatz hoffen. Von Silke Stoltenberg, FrankfurtUnter Fondsgesellschaften wird das Gerangel um Absatzchancen in den Vertriebsstellen künftig mit deutlich härteren Bandagen ausgefochten. Denn Banken begrenzen immer stärker die Vielfalt an Fonds, die sie ihren Kunden anbieten. Dies ist unter anderem Folge der jüngsten regulatorischen Änderungen, ergab eine Umfrage der Beratungsgesellschaft Roland Berger, die der Börsen-Zeitung vorliegt. Künftig wollen demzufolge noch mehr Banken als ohnehin schon auf die sogenannte gelenkte Vertriebsarchitektur umschwenken beziehungsweise ihre Fondsempfehlungslisten kürzer ausfallen lassen.”Wegen der neuen Anforderungen rund um den Verbraucherschutz und Haftung der Berater, wie etwa das Beratungsprotokoll in Deutschland, sowie aus Kostengründen haben mittlerweile 40% der befragten Finanzintermediäre eine gelenkte Architektur. Früher waren es weniger als 30%, und künftig möchten den Angaben zufolge 51% dieses Konzept einführen”, erläutert René Fischer, Asset-Management-Experte bei Roland Berger. Die Auswahl der Fondspartner würde vor allem bei den großen Vollanbietern immer mehr in Richtung der großen Fondsflaggschiffe beschränkt und mehr um Spezialisten ergänzt.Die Banken oder auch die freien Berater hätten kalte Füße bekommen angesichts der neuen Verbraucherschutzbestimmungen und überlegten stärker als zuvor, über wie viele Fonds sie Kunden tatsächlich umfassend beraten könnten. “Die Empfehlungslisten sind deutlich kürzer geworden, noch vor wenigen Jahren waren 120 Produkte üblich, jetzt sind es nur noch 50 bis 60”, sagt Frank Heideloff, Partner bei Roland Berger. Bei den Intermediären sei die Auswahl um 20 bis 50% in jüngster Zeit begrenzt worden. “Derzeit ist das in den Absatz- und Neugeschäftsstatistiken noch nicht erkennbar, aber in wenigen Monaten werden die Fondsgesellschaften die Auswirkungen dieser starken Einschränkung im Vertrieb in voller Härte spüren”, erwartet Heideloff.Noch schwieriger ist es für Fondsgesellschaften, wenn die Banken von der sogenannten offenen auf die gelenkte Vertriebsarchitektur überschwenken, wohin in Europa derzeit offenkundig stark der Trend geht. Dann werden nur noch 10 bis allerhöchstens 20 Anbieter ins Schaufenster gestellt. Beispiele in Deutschland sind nach Darstellung von Matthias Hübner, Asset-Management-Experte bei Roland Berger, die Commerzbank und die Deutsche Bank.Die Sparkassen dagegen, so Heideloff, seien noch enger im Vertrieb aufgestellt und tendieren in die Richtung einer komplett geschlossenen Architektur, wenn nur Produkte aus der eigenen Gruppe abgeboten werden, in diesem Falle etwa von der DekaBank. Im Prinzip eine geschlossene Architektur hätten die Volks- und Raiffeisenbanken, die fast zu 100% die Produkte der Union Investment verkauften, meint Heideloff. Offene Architekturen als Kontrast haben die Direktbanken wie die ING-DiBa oder Cortal Consors. Listenplatz gegen BaresImmer häufiger müssten Fondsgesellschaften auch dafür bezahlen oder Gegenleistungen erbringen, um Partner einer Vertriebsstätte zu sein. “Erste Banken verlangen bereits Listing-Gebühren für die Empfehlungsliste im fünfstelligen Bereich oder Sachleistungen wie Verkaufstraining für die Berater”, berichtet Hübner. “Platzhirsche der Branche müssen in der Regel nicht bezahlen, aber kleinere Anbieter werden da schon eher zur Kasse gebeten, es sei denn, sie verfügen über ein echtes Flaggschiff-Produkt.” Angesichts der eindeutig feststellbaren Tendenz zu begrenzteren Vertriebsstrukturen bei den Intermediären in Folge der verschärften Verbraucherschutz- und Haftungsbestimmungen stelle sich schon die Frage, ob das von den Regulierern so gewollt gewesen sei, so die drei Asset-Management-Experten von Roland Berger.Trotz der rigideren Auswahl bleiben laut der Umfrage, die unter 40 Intermediären europaweit durchgeführt wurde, Fonds im Finanzvertrieb ein wichtiges Vehikel. Denjenigen Anbietern, die auserwählte Partner sind, stehen somit bessere Zeiten als bislang bevor. Denn die Intermediäre erwarten bei Fonds eine steigende Nachfrage (siehe Grafik).Allerdings werden den passiven Produkten (ETF) deutlich bessere Chancen eingeräumt als den herkömmlichen, aktiv gemanagten Fonds. Dies wiederum ist für die aktiven Manager, die deutlich höhere Gebühreneinnahmen für die Gesellschaften generieren, eine schlechte Nachricht. “Das gebührenschwächere ETF-Geschäft lohnt sich für die Gesellschaften nur im großindustriellen Maßstab, wie es bei BlackRock, Lyxor und anderen sehr großen Anbietern der Fall ist”, so Heideloff.Die Finanzvermittler erwarten der Umfrage zufolge anziehende Nettomittelzuflüsse bei Multi-Asset-Produkten sowie Aktienfonds. Weitere Abflüsse sind dagegen bei Geldmarktprodukten zu erwarten.Erstaunlich wenig Vorüberlegungen gibt es der Umfrage zufolge auf Seiten der Finanzvertriebe, wie auf ein mögliches Provisionsverbot reagiert werden könnte, obwohl dies bereits in Großbritannien (siehe unten stehender Bericht) und den Niederlanden erfolgt ist und es entsprechende Gedankenspiele auf EU-Ebene gibt. 63% der Befragten gaben an, dass sie sich bislang keine Ideen zu alternativen Preismodellen gemacht hätten. Provisionen bedroht”Dabei werden hierzulande je nach Segment 10 bis 30% des Ertragspools im Wertpapiergeschäft aus Kick-backs gespeist – hier ist also ein immenser Teil des Kuchens bedroht”, führt Fischer aus. Als Beispiele für alternative Preismodelle nennen die Roland-Berger-Experten eine Beratungsgebühr, die sich allerdings erst ab Kunden mit einem Vermögen von 100000 Euro für die Intermediäre lohne. Auch die Bepreisung von einzelnen Dienstleistungen wie die Beratung bei einem Bausparvertrag oder für eine Kundenportfolioanalyse sowie die Wiedereinführung einer Depotgebühr seien künftig denkbar.