Recht und Kapitalmarkt

Gesetzgeber erleichtert die Sachkapitalerhöhung

Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie vereinfacht Einbringungsverfahren - Doch Nachbesserungen angeraten

Gesetzgeber erleichtert die Sachkapitalerhöhung

Von Evelyn Klasen *) Das neue Gesetz zur Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) wurde Ende letzten Jahres vom Bundeskabinett beschlossen. Neben anderen Bereichen enthält der Entwurf Neuregelungen zur Vereinfachung der Sacheinlage im Rahmen von Kapitalerhöhungen. Gerade in der aktuellen Wirtschaftskrise, in der die Banken zurückhaltender in der Kreditvergabe sind und sich die Liquiditätsreserven vieler Unternehmen drastisch verringert haben, gewinnt die Sacheinlage an Bedeutung bei M & A-Transaktionen. Sie ermöglicht im Rahmen strategischer Beteiligungen den liquiditätsschonenden Erwerb einer Gesellschaft bei gleichzeitiger Bindung des Verkäufers an die Gesellschaft. Das Grundkapital der Erwerberin wird erhöht, das einzubringende Unternehmen wird als strategische Beteiligung zur Tochtergesellschaft und der Verkäufer wird dauerhaft (zumindest als Gesellschafter) an die Muttergesellschaft gebunden. Er hat auch ein originäres Interesse am Erfolg, da er über die Dividende am Unternehmensgewinn beteiligt wird. Somit bildet die Sacheinlage das idealtypische Instrumentarium, um auch bei (vorübergehend) schwächeren Cash-Mitteln ein Unternehmen auf Expansionskurs zu halten. Für solche Sacheinlagen sieht das geltende Recht ein zeit- und kostenaufwendiges Verfahren vor: Zunächst ist vor Abschluss des Einbringungsvertrags beim Handelsregister ein gerichtlich bestellter Prüfer zu bestellen; sodann hat dieser das Gutachten über den Wert der Sacheinlage zu erstatten. Hiernach und nach Abschluss des Einbringungsvertrags kann die Anmeldung zum Handelsregister erfolgen, welches nach Prüfung die Eintragung vornimmt.Hier greift das neue Gesetz ein, wonach unter bestimmten Voraussetzungen auf eine externe Gründungsprüfung im Zusammenhang mit der Sacheinlage verzichtet werden kann (§ 33 AktG RefE). Dies ist zum einen dann der Fall, wenn die Sacheinlage Wertpapiere sein sollen, die an einem regulierten Markt gehandelt werden. Da für diese Börsenkurse feststehen, macht die bislang erforderliche Prüfung der Werthaltigkeit wenig Sinn. Künftig kann der Durchschnittskurs der letzten drei Monate angesetzt werden; wenn nichts Außergewöhnliches eingetreten ist, gilt dieser als Wert der Einlage. Erleichterung bringt das Gesetz ebenfalls insoweit, als nun auch bereits zuvor angefertigte Gutachten verwendet werden können. Wenn dieses nicht älter als sechs Monate ist (und von einem Sachverständigen stammt), kann es als Grundlage für den Wert herangezogen werden. Gerade im Transaktionsgeschäft wird dies Erleichterungen bringen. Der Unternehmer, der eine strategische Beteiligung eingeht, wird regelmäßig intern oder extern vor der Transaktion eine Unternehmensbewertung durchführen. Diese kann er nun offiziell in Auftrag geben und als Grundlage für die Sacheinlage nutzen. Allerdings werden die aus dem Wegfall einer weiteren Prüfung resultierenden Kostenersparnisse teilweise, die Zeitersparnisse sogar fast vollständig durch weitere Regelungen des neu gefassten Gesetzes kompensiert. Zu nennen ist hier insbesondere die Bestimmung, dass eine Eintragung in das Handelsregister erst nach Ablauf von vier Wochen ab dem Zeitpunkt einer spezifischen Veröffentlichung in den Gesellschaftsblättern zulässig ist (§ 183 a Abs. 2 S.2 AktG RefE); bereits heute nimmt die Eintragung einer Sachkapitalerhöhung – nach Vorliegen sämtlicher erforderlicher Unterlagen – bei vielen Handelsregistern mehr als vier Wochen in Anspruch. Ein weiterer Kritikpunkt ergibt sich daraus, dass Aktionäre, denen insgesamt 5 % des (nicht erhöhten) Grundkapitals zustehen, eine externe Prüfung erzwingen können, wenn sie innerhalb der Vier-Wochen-Frist beim Handelsregister einen Antrag stellen. Ein solcher ist jedoch nur dann zulässig, wenn besondere Umstände vorliegen und die Gefahr besteht, dass die Werthaltigkeit nicht im genannten Umfang gegeben ist. Zwar werden gerade bei Mittelständlern nur in seltenen Fällen Aktionäre in ausreichendem Quorum einen entsprechenden Antrag beim Handelsregister stellen. Auch sogenannte räuberische Aktionäre sind im Regelfall nur Inhaber einiger weniger Aktien an der Gesellschaft. Wenn aber ein solcher gestellt wird, sind die Beteiligten unausweichlich mit Problemen konfrontiert: Das Handelsregister wird kaum selbst in der Lage sein, festzustellen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine Neubewertung zwingend erfordern. Das Handelsregister wird daher eher dazu tendieren, von einer Eintragung abzusehen. Die Praxis im vergleichbaren Fall der Eintragung bzw. Nichteintragung satzungsändernder Beschlüsse bei angedrohter Anfechtungsklage bestätigt diese Einschätzung. Dabei ist aus rechtssystematischer Sicht kein Grund ersichtlich, über die nach geltendem Recht gegebenen Möglichkeiten des Rechtsschutzes hinausgehend ein neues “Rechtsmittel” zu schaffen, welches zwangsläufig zu Verzögerungen führt und darüber hinaus neue Angriffsmittel für sogenannte räuberische Aktionäre bietet. Dieses Problem weiter zu bekämpfen, ist ja gerade erklärtes Ziel des ARUG.Die Vorschriften zur Veröffentlichung in den Gesellschaftsblättern und zur Erzwingung eines externen Prüfgutachtens sollen ausweislich des Referentenentwurfs lediglich dem Schutz der Minderheitsaktionäre dienen und nicht dem der Gläubiger; daher liegt es nahe, im Falle einer Vollversammlung einen Verzicht durch die Aktionäre zuzulassen. Dies hat der Gesetzgeber bereits in anderen Fällen für zulässig erachtet, so z. B. im Zusammenhang mit der Erstellung von Berichten beim Abschluss von Unternehmensverträgen nach dem Aktiengesetz sowie beim Verschmelzungsbericht nach dem Umwandlungsgesetz. Gerade für kleinere Unternehmen mit nur einem Aktionär oder einem zumindest überschaubaren Aktionärskreis, bei welchem Vollversammlungen möglich sind, könnte dies der Ausweg sein. Eine entsprechende Klarstellung dieser Frage durch den Gesetzgeber wäre sehr wünschenswert. Des Weiteren stellt sich die Frage, welche Anforderungen an den Begriff des “Gutachtens” nach dem Referentenentwurf zu stellen sind. Für die GmbH ist es in der rechtlichen Literatur weitgehend anerkannt, dass ein gesondertes Gutachten nach der gegebenen Rechtslage nicht erforderlich ist, wenn die Umwandlung zu Buchwerten erfolgt und die testierte Jahresbilanz zugrunde gelegt wird. Somit spricht vieles dafür, dass ein solches Testat auch im Falle der Sacheinlage ausreichen muss, zumal auch die dem Entwurf zugrunde liegende EG-Richtlinie ausdrücklich vorsieht, dass von einem Sachverständigengutachten Abstand genommen werden kann, soweit ein “beizulegender Zeitwert aus der Vermögensaufstellung des gesetzlichen Abschlusses des vorausgegangenen Geschäftsjahres hervorgeht” und dieser Abschluss testiert ist. Auch hier wäre zumindest eine legislatorische Interpretationshilfe vonnöten. Angleichung empfohlen Noch besser in der Handhabung wäre es, wenn eine Angleichung zwischen der AG und der GmbH vollzogen würde. Beide Rechtsformen sind insoweit vergleichbar, als sie sich einerseits durch die Haftungsabschirmung, andererseits spiegelbildlich durch die Kapitalerhaltungsregelungen auszeichnen. Auch in anderen Bereichen hat der Gesetzgeber eine Angleichung vorgenommen: So sieht das mit dem MoMiG in Kraft getretene neue GmbH-Recht nunmehr vor, dass auch bei der GmbH genehmigtes Kapital geschaffen werden kann. Daher bietet es sich an, auch im Hinblick auf die Nachweiserfordernisse zur Werthaltigkeit eine Annäherung vorzunehmen. Gerade bei der Einlage von Vermögensgegenständen, die einen festen Marktpreis oder gar feste Listenpreise vorweisen können, ist das Erfordernis einer externen Werthaltigkeitsprüfung bei der AG nur schwerlich nachzuvollziehen. Einer solchen Angleichung dürften allerdings (noch) supranationale Vorgaben aus Artikel 10 der Richtlinie 77/91/EWG vom 13. Dezember 1976 entgegenstehen.—– *) Dr. Evelyn Klasen ist Rechtsanwältin bei GSK Stockmann & Kollegen in Stuttgart.