RECHT UND KAPITALMARKT

Gesetzgeber knöpft sich Immobilien-Deals vor

Geplante Änderung zur Besteuerung von Transaktionen betrifft nur wenige praxisrelevante Fälle

Gesetzgeber knöpft sich Immobilien-Deals vor

Von Stefan Diemer *)Die Ausnutzung von angeblichen Besteuerungslücken bei Immobilientransaktionen durch Finanzinvestoren ist in aller Munde. Der Gesetzgeber reagiert jetzt und schlägt Änderungen vor. Spannend ist die Frage, wer von diesen Änderungen eigentlich betroffen sein wird – Finanzinvestoren oder Privatpersonen? Der deutsche Immobilienmarkt erlebt seit Jahren eine steigende Nachfrage. Die Niedrigzinsphase, eine außergewöhnlich lang anhaltend wachsende Konjunktur und der Druck auf dem Wohnungsmarkt in Städten ziehen ausländische Investoren an. Damit verbunden sind teils stark steigende Immobilienpreise und wohl auch Gewinne für Immobilienverkäufer. Das deutsche Steuerrecht hat es ausländischen Investoren bisher leicht gemacht, größere Steuerzahlungen auf Gewinne aus dem Verkauf von Immobilien in Deutschland zu vermeiden. In der politischen Diskussion wird der Vorwurf erhoben, hier liege eine Benachteiligung normaler Immobilienbesitzer vor.Eine typische Investition in Immobilien in Deutschland erfolgt unter Zwischenschaltung von Kapitalgesellschaften in Luxemburg, den Niederlanden oder Irland. Die Immobilie wird von einer solchen Gesellschaft gekauft. Die laufenden Gewinne aus der Vermietung werden in Deutschland versteuert, aber ohne Gewerbesteuern, also derzeit nur mit 15 % Körperschaftsteuer plus Soli. Gleiches gilt, wenn die ausländische Gesellschaft die Immobilie verkauft. Wenn der Investor aber die Anteile an der ausländischen Gesellschaft verkauft, fallen bisher in Deutschland keine Ertragsteuern an. Ertragsteuern sind bisher nur zu zahlen, wenn die ausländische Gesellschaft aus Deutschland heraus geleitet würde (z. B. weil deren Geschäftsführer in Deutschland arbeitet), was nur aus Versehen passiert und der Unfall für jede Investitionsstruktur ist. Eine erste kleine Aufregung ereilte die Branche, als das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Luxemburg mit Wirkung ab 2014 geändert wurde und sich Deutschland das Recht vorbehielt, Steuern auf den Verkauf von Anteilen an Luxemburger Gesellschaften zu erheben, deren Vermögen zu mehr als 50 % aus deutschen Immobilien besteht. Von Beraterseite konnte aber sofort Entwarnung gegeben werden. Solange Deutschland kein Steuergesetz hat, das eine Steuer für solche Transaktionen vorsieht, kann auch ein Vorbehalt in einem Doppelbesteuerungsabkommen zu keiner Steuer führen. Systematisch richtigDer aktuell vorliegende Referentenentwurf für ein Jahressteuergesetz 2018 sieht nun erstmals eine solche Steuer vor. Hiernach sollen die Verkäufe von Anteilen an ausländischen Gesellschaften besteuert werden, wenn deren Vermögen zu mehr als 50 % aus Immobilien in Deutschland besteht. Dieser Gesetzentwurf zielt auf typische Investitionsstrukturen von professionellen Investoren ab. Hierfür wird jede Immobilie mit einer einzelnen Gesellschaft gekauft. Für einen neuen Käufer macht es dann häufig keinen großen Unterschied, ob er die Immobilie direkt oder die Anteile an der Gesellschaft kauft. In der Gesellschaft steckt nur die Immobilie.Solche Anteilsverkäufe sollen nach dem Gesetzesentwurf ab 2019 besteuert werden. Man muss sich aber vor Augen führen, dass professionelle Investoren nicht als Personen auftreten, sondern selbst durch Gesellschaften handeln. Die Anteile an solchen Immobiliengesellschaften werden also nicht von Personen, sondern wiederum von ausländischen Kapitalgesellschaften gehalten. Für den Verkauf von Anteilen an Kapitalgesellschaften durch eine andere Kapitalgesellschaft sieht das Steuerrecht seit 2004 vor, dass der Gewinn aus dem Verkauf zu 95 % steuerfrei ist. Das ist steuersystematisch richtig. So soll erreicht werden, dass die gesamte Steuerbelastung bei der Einschaltung von Kapitalgesellschaften einschließlich Ausschüttung an deren Gesellschafter (natürliche Personen) nicht wesentlich von der Steuerbelastung auf Direktinvestitionen von natürlichen Personen abweicht. Bei einer Körperschaftsteuer von 15,825 % inklusive Soli ergibt sich so eine Steuerbelastung von rund 0,8 % auf den Gewinn aus dem Anteilsverkauf. Diese Steuer fällt bei typischen Investitionsstrukturen aber auch nicht an. Der Bundesfinanzhof hatte 2017 entschieden, dass die nicht von der Steuer befreiten 5 % des Veräußerungsgewinns nicht gelten, wenn der Verkäufer eine ausländische Kapitalgesellschaft ist – hier ist der ganze Gewinn steuerfrei. Dieses Urteil wurde vom Bundesfinanzministerium Anfang 2018 akzeptiert. In dem Gesetzentwurf wird auf dieses Urteil nicht eingegangen, es gilt damit weiter. Es bleibt die Frage, wer von der geplanten Gesetzesänderung dann betroffen sein wird. Der Entwurf spricht unmittelbaren und mittelbaren Immobilienbesitz an. Erfasst werden damit auch Fälle, in denen am Ende einer Kette von Beteiligungs- und Investitionsgesellschaften Privatpersonen stehen.Hierzu folgendes Beispiel: Einer Privatperson aus den Niederlanden gehören alle Anteile an einer B.V. (vergleichbar einer GmbH). Diese B.V. hält alle Anteile an einer luxemburger S.à r.l. Diese S.à r.l. kauft eine Immobilie in Deutschland. Nach einiger Zeit verkauft die B.V. alle Anteile an der S.à r.l. Der Verkauf der Anteile an der S.à r.l. ist infolge des BFH-Urteils in Deutschland steuerfrei. Gleichzeitig liegt eine sogenannte Entstrickung der Anteile der Privatperson an der B.V. und der Anteile der B.V. an der S.à r.l. vor.Solange der S.à r.l. die Immobilie in Deutschland gehörte, bestand das Vermögen der B.V. mittelbar in diesem Beispiel sogar zu 100 % aus deutschem Immobilienbesitz. Der Verkauf der Anteile an der B.V. durch die Privatperson wäre hiernach ebenfalls steuerpflichtig gewesen, nicht aber der Verkauf der Anteile der B.V. an der S.à r.l. infolge des BFH-Urteils. Durch den Immobilienverkauf besteht das Vermögen der B.V. nicht mehr mittelbar aus deutschem Immobilienbesitz, so dass der künftige Verkauf der Anteile an der B.V. bzw. der S.à r.l. in Deutschland nicht mehr besteuert werden kann (sogenannte Entstrickung). Bei im Ausland lebenden Privatpersonen ist die Entstrickung nach deutschem Steuerrecht aber nicht steuerpflichtig. Anders wäre dieses Beispiel, wenn die Privatperson die Anteile ausnahmsweise in ihrem ausländischen Betriebsvermögen gehalten hätte, z. B. als Einzelkaufmann oder gewerblicher Grundstückshändler.Es zeigt sich damit, dass der Gesetzentwurf nur wenige praxisrelevante Anwendungsfälle hat. Zu denken ist neben dem gerade genannten Beispiel an den Verkauf der Anteile einer im Inland Grundbesitz haltenden ausländischen Kapitalgesellschaft durch eine Privatperson im Ausland. Ein nennenswertes Steueraufkommen lässt sich daraus kaum realisieren. Die typischen Investitionen durch Finanzinvestoren werden nicht erfasst. Es wird komplizierterEin weiterer Hauptkritikpunkt der geplanten Gesetzesänderung dürfte darin liegen, dass diese “wieder einmal” eine erhebliche, an die Grenze der Durchführbarkeit stoßende Verkomplizierung des deutschen Steuerrechts bedeuten würde. Problematisch ist insoweit vor allem, dass der Gesetzgeber auch die Beschränkung oder den Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts als Veräußerung wertet (sogenannte Entstrickungsbesteuerung). Abgesehen von dem im obigen Beispiel dargestellten Szenario wird dies offensichtlich, wenn eine ausländische Grundstücksgesellschaft selbst ihren deutschen Immobilienbesitz veräußert. Auch in diesem Szenario kann es bei ausländischen Anteilseignern zu einer Entstrickungsbesteuerung kommen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Umfang der Immobilienveräußerungen dazu führt, dass bei der Grundstücksgesellschaft (oder auch bei einer Holdinggesellschaft) der Wert des Gesellschaftsvermögens nicht mehr überwiegend unmittelbar oder mittelbar auf dem bisherigen deutschen Immobilienbesitz beruht. In diesem Fall entfällt das Besteuerungsrecht Deutschlands an den Anteilen an der Grundstücksgesellschaft (ggf. auch an den Anteilen an einer Holdinggesellschaft), die von Steuerausländern gehalten werden, mit der Folge, dass dem Grunde nach eine Entstrickungsbesteuerung ausgelöst wird. Ob damit tatsächlich eine Steuerbelastung verbunden ist, steht jedoch auf einem anderen Blatt.—-*) Dr. Stefan Diemer ist Partner von Eversheds Sutherland.