Gold bleibt bei den Anlegern gefragt
– Herr Ciftci, die Börse Stuttgart hat vor wenigen Wochen Ihre Tochtergesellschaft Ophirum Securities abgekauft. Steigen die Börsen nun in das Verbriefungsgeschäft von Produkten ein?Ich würde es nicht unbedingt als “Einstieg” in das Verbriefungsgesellschaft bezeichnen, sondern vielmehr als eine konsequente Ausweitung der Produktpalette. Die Börse Stuttgart hat schon in vielen Bereichen sich als Pionier entpuppt. Schaut man sich z. B. das Segment Bondm an, dann wird man feststellen, dass dort in den letzen Jahren eines der erfolgreichsten Plattformen für die Emission von Mittelstandsanleihen entstanden ist. Durch die Übernahme unserer Verbriefungsgesellschaft Ophirum Securities möchte die Börse Stuttgart letztendlich ihre Stellung als Börse für Privatanleger mit neuen und guten Produkten weiter ausbauen.- Die Verbriefung von strukturierten Produkten war bisher eine Domäne der Banken. Bekommen sie jetzt Konkurrenz durch neue Marktakteure?Ich denke die klassische Verbriefung durch Banken wird immer mehr zurückgehen. Diese Abwärtsspirale hat insbesondere seit der Lehman-Insolvenz durch einen nicht zu leugnenden Vertrauensbruch bei Anlegern eingesetzt. Deswegen ist die Emission von voll abgesicherten Schuldverschreibungen über spezielle Emissionsvehikel ein neuer und guter Lösungsansatz, das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen. Ich bin fest überzeugt, dass wir in den nächsten Jahren eine erhöhte Aktivität von Emissionen über voll abgesicherte Emissionsvehikel erleben werden. Auch Banken werden solche Lösungen vermehrt anbieten.- Gehen den Emittenten der Zertifikatebranche die Produkt- bzw. Themen-Ideen aus?Im Rahmen der Emissionstätigkeiten aus einer Bank heraus sind viele Themen, Ideen und Strukturen nicht mehr so einfach darstellbar. Das ist zum einen begründet in intern gestiegenen Risikorestriktionen und externen Regularien, aber auch – und das muss man deutlich sagen – in der Vernunft und dem Verantwortungsbewusstsein der handelnden Akteure. Ich gebe Ihnen allerdings grundsätzlich recht, dass wir in den vergangenen drei bis vier Jahren die Innovationskraft- und -freude der Jahre davor nicht mehr sehen.- Wird die Zertifikateindustrie trotz der Regulierungsbemühungen durch Brüssel noch zukunftsfähig sein?Es ist falsch, anzunehmen, dass die Zertifikateemissionen jetzt und die Jahre davor im nichtregulierten, rechtsfreien Raum stattgefunden hat. Das war keineswegs der Fall. Ich bin dennoch davon überzeug, dass eine strengere Regulierung eher dazu führen wird, dass wir einfachere und bessere Produkte im Markt erhalten werden. Deshalb sage ich: Die Zertifikateindustrie darf keine Angst vor weiterer Regulierung haben.- Derzeit wird in der Politik über eine Bankenunion nachgedacht. Welche Auswirkung dürfte die Einführung auf die Zertifikatebranche haben?Ob eine Bankenunion sinnvoll ist oder nicht, müssen letztendlich die politischen Gremien entscheiden. Umso mehr – wie in der zweiten Frage hervorgehoben – werden wir den Trend zu voll besicherten Emissionsvehikeln immer deutlicher sehen.- Die Cosi-Besicherung in der Schweiz findet immer mehr Freunde. Wieso fristen pfandbesicherte Zertifikate in Deutschland ein Nischendasein?Ganz einfach: Die Kostenstruktur schreckt offenbar hierzulande ab. Auch Anleger müssen nachvollziehen, dass eine besondere Besicherung von Zertifikatestrukturen zu den üblichen Konditionen, die wir derzeit im Zertifikatemarkt sehen, nicht möglich ist. Hier muss ein Umdenken von Anlegern stattfinden. Und wir sehen bereits erste deutliche Tendenzen im Markt, wenn sie sich insbesondere im Bereich der Exchange Traded Commodities die gehandelten Volumina anschauen. Diese Tendenz wird sich in den nächsten Jahren weiter verstärken.- Xetra-Gold ist das beliebteste Goldprodukt hierzulande. Wird die Pfandhinterlegung mit Gold ein Modell für die Zukunft sein, um Anlegerkapital abzusichern?Es gibt bereits Produkte im Markt, die eine solche Hinterlegung haben. Wenn man sich die Umsätze dieser Produkte anschaut, kann man die Beliebtheit dieser Produkte eindeutig erkennen. Insbesondere in Zeiten, in denen Papierwährungen vor großen Herausforderungen stehen, wird Gold als eine Fluchtwährung in jeglicher Form von Anlegern nachgefragt. Und Xetra-Gold ist ein sehr eindrucksvolles Beispiel für diese These.- Der Goldpreis stagniert. Wie sieht derzeit die Nachfrage durch den Privatkunden nach physischem Edelmetall aus?Die Nachfrage nach Gold ist nach dem schwachen ersten Quartal rasant angestiegen. Dabei spielt mit Sicherheit die politische Situation in Europa, aber nicht zuletzt auch in den USA eine große Rolle. Da ich davon überzeugt bin, dass wir die derzeitigen politischen Probleme nicht so schnell werden lösen können, kann man weiterhin davon ausgehen, dass die physische Nachfrage nach Edelmetallen in den nächsten Jahren ungebrochen hoch sein wird.—-Das Interview führte Armin Schmitz.