Asset Management - Gastbeitrag

Gute Gründe für eine Investment-KG

Börsen-Zeitung, 29.3.2011 Der Tenor der Finanzmarktpolitik liegt derzeit auf mehr Regulierung und Restriktion. Übersehen wird dabei leicht, dass Regulierung und Markt nicht im Gegensatz zueinander stehen: Ohne Recht gibt es keinen Markt, jedenfalls...

Gute Gründe für eine Investment-KG

Der Tenor der Finanzmarktpolitik liegt derzeit auf mehr Regulierung und Restriktion. Übersehen wird dabei leicht, dass Regulierung und Markt nicht im Gegensatz zueinander stehen: Ohne Recht gibt es keinen Markt, jedenfalls keine hochentwickelten Finanzmärkte. Verträge müssen geschlossen und durchgesetzt werden können. Viele Gestaltungen setzen eine besondere rechtliche Infrastruktur voraus. Sogar die staatliche Aufsicht erweitert die Möglichkeiten des Marktes, indem sie das nötige Vertrauen unter den Marktteilnehmern sichert.Die aktuelle Finanzmarktpolitik vernachlässigt diese ermöglichende Funktion des Rechts. Ein Beispiel bietet die Änderung des Investmentgesetzes, über die derzeit im Bundestag beraten wird. Der vorliegende Entwurf erschöpft sich weitgehend in der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben. Darüber versäumt er die Chance, das deutsche Investmentrecht für neue Angebote zu öffnen. Die Praxis meldet nämlich Bedarf an einer neuen Rechtsform für Investmentfonds an: einer Investmentkommanditgesellschaft (Investment-KG). Verteilte PensionsfondsEin Geschäftsmodell für die Investment-KG liefern ihre Befürworter gleich mit. In internationalen Konzernen ist die betriebliche Altersversorgung auf Pensionsfonds in den einzelnen Staaten verteilt. Diese Aufspaltung verursacht Kosten und erschwert ein konzernweit übergreifendes Risikomanagement. Eine Bündelung könnte zu Größenvorteilen führen und die Vermögensanlage verbessern. Zwar scheidet eine echte Fusion der nationalen Pensionsfonds aus. Immerhin könnte man aber die anzulegenden Vermögenswerte in einem einzigen Investmentfonds zusammenfassen und einheitlich verwalten.Eine neue Rechtsform wird dafür vor allem aus steuerlichen Gründen benötigt: Viele Staaten räumen Pensionsfonds in ihren Doppelbesteuerungsabkommen besondere Vorteile ein, insbesondere eine Befreiung von Quellensteuern auf Zinsen und Dividenden. Wenn ein Pensionsfonds sein Vermögen nicht selbst, sondern mittelbar über einen zwischengeschalteten Investmentfonds anlegt, drohen ihm diese Vorteile verloren zu gehen. Steuerliche HürdenSofern nämlich der Investmentfonds als Steuersubjekt angesehen wird, kann nur er sich auf die Rechte aus dem Doppelbesteuerungsabkommen berufen – nicht der hinter ihm stehende Pensionsfonds. Besonders schwer wiegt dieses Problem, wenn Pensions- und Investmentfonds in verschiedenen Staaten ansässig sind, sodass sich die Steuerbefreiung aus einem anderen Abkommen ergibt als dem, auf das sich der Investmentfonds berufen kann.Um Abhilfe zu schaffen, muss statt des Investmentfonds der hinter ihm stehende Pensionsfonds als abkommensberechtigt behandelt werden. Eine solche “Transparenz” bieten die bestehenden Rechtsformen im deutschen Investmentrecht nicht. Die Lücke wäre mit einer Personengesellschaft zu schließen – der Investment-KG.Gewiss sollte sich der Gesetzgeber nicht einspannen lassen, um einzelnen Akteuren steuerliche Sondervorteile zu verschaffen. Allerdings ist es ein zentrales steuerpolitisches Ziel, eine sinnvolle wirtschaftliche Gestaltung nicht daran scheitern zu lassen, dass sie im Vergleich mit einer weniger effizienten Alternative zu steuerlichen Nachteilen führt.Bei der Kapitalanlage darf deshalb die Einschaltung eines Investmentfonds die steuerliche Belastung der Anleger nicht verändern. Diese Neutralität erreicht das Investmentsteuerrecht bisher, indem es die deutsche Besteuerung so modifiziert, als wäre der Fonds transparent. Anderen Staaten kann der deutsche Gesetzgeber eine solche Sonderbehandlung nicht vorschreiben. Ihnen gegenüber wird die Fondsanlage der Direktanlage nur gleichgestellt, wenn der Investmentfonds bereits aufgrund seiner Rechtsform transparent ist.Bei der Entscheidung über die Investment-KG steht der deutsche Gesetzgeber in einer Wettbewerbssituation. Wenn er sich verweigert, wird er die Nutzung transparenter Investmentfonds doch nicht aufhalten – nur werden diese Investmentfonds dann andernorts aufgelegt. Andere Staaten verfolgen seit langem die Strategie, als spezialisierte Anbieter von Finanzmarktrecht hochwertige Dienstleistungen anzuziehen. Konkurrierende LänderIn Europa ist das kleine Luxemburg seit Jahren der mit Abstand größte Fondsstandort. Luxemburg und andere konkurrierende Rechtsordnungen haben transparente Investmentfonds selbstverständlich in ihr Angebot aufgenommen. Dem deutschen Gesetzgeber bleibt nur die Wahl, eine Investment-KG “made in Germany” anzubieten oder das Geschäft anderen Staaten zu überlassen.Der Hinweis auf konkurrierende Rechtsordnungen ist allerdings zweischneidig. Für die Finanzkrise ist nicht zuletzt ein Deregulierungswettlauf der Staaten verantwortlich gemacht worden. Es ist deshalb verständlich, wenn viele den Rechtswettbewerb nicht mehr als legitimes Argument gelten lassen. Indes ändert dies nichts daran, dass die nationalen Handlungsspielräume begrenzt sind.Das deutsche Investmentrecht hat bereits stark an Boden verloren. Wer eine strengere Regulierung anstrebt, als er im nationalen Alleingang durchsetzen kann, muss sich mit anderen Staaten abstimmen oder eine supranationale Regelung zumindest in der Europäischen Union erreichen. Ein koordiniertes Vorgehen kann gelingen, wie das Beispiel der Hedgefonds-Regulierung zeigt. Voraussetzung ist allerdings, dass man andere Staaten mit guten Gründen überzeugen kann. Für ein internationales Verbot steuertransparenter Investmentfonds sind solche Argumente nicht einmal ansatzweise erkennbar.Abseits internationaler Koordinierung bleibt dem einzelstaatlichen Gesetzgeber die Aufgabe, die Finanzmärkte mit geeigneten Regelungsangeboten zu fördern. Für diese ermöglichende Funktion des Rechts wirkt der Staatenwettbewerb stimulierend. Wer im Wettbewerb bestehen möchte, muss auf aktuellen Bedarf reagieren. Wenn sich ein Geschäftsmodell erst einmal in bestimmten Staaten etabliert hat, gibt es für die Marktteilnehmer kaum noch Gründe, später in eine andere Rechtsordnung zu wechseln.Für die Bündelung von Pensionsvermögen steht diese Entscheidung unmittelbar bevor: Wie zu hören ist, hat die Deutsche Bank ihre Pensionsvermögen in einem luxemburgischen Fonds zusammengeführt. Nun bietet sie das von ihr entwickelte Modell anderen Dax-Unternehmen an. Wenn die Bundesrepublik die Pensionsvermögen der deutschen Konzerne im Land halten will, muss sie dafür jetzt die passende Rechtsform liefern.