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Hoffen auf die Schwellenländer

Der steigende Energiebedarf in den Emerging Markets könnte Rohstofftitel beflügeln - Hohe politische Risiken

Hoffen auf die Schwellenländer

Der steigende Energiebedarf in den Schwellenländern dürfte die Aussicht auf sprudelnde Gewinne bei den großen Energiekonzernen verbessern. Anleger sollten sich aber bewusst sein, dass den Gewinnaussichten erhebliche politische Risiken gegenüberstehen. Das hat derKonflikt um den Iran ebenso vor Augen geführt wie die Verstaatlichung des argentinischen Konzerns YPF.mel Frankfurt – Unabhängig von allen Marktchancen für Investoren scheint zunächst eines ganz klar: Mit dem Aufstieg der Schwellenländer – allen voran China und Indien – steigt der weltweite Energiebedarf. Der Energieausblick des Ölkonzerns ExxonMobil prognostiziert bis zum Jahr 2040 eine Steigerung des Energiebedarfs in den Nicht-OECD-Staaten um rund 60 %, wohingegen die Nachfrage innerhalb der OECD-Staaten bis dahin eher stabil bleibt. Pro Kopf verbraucht China derzeit nur etwa ein Viertel der Energie, die ein durchschnittlicher OECD-Bewohner verbraucht. Neben der industriellen Nutzung, die in den aufstrebenden Ländern Asiens und Lateinamerikas für einen Großteil des zusätzlichen Energiebedarfs verantwortlich ist, ist es auch der tägliche Bedarf der Menschen, der die Nachfrage erhöht. So soll Schätzungen zufolge die Zahl der beheizbaren Wohnungen weltweit bis 2030 um rund 800 Millionen ansteigen. Die Zahl der Autos soll bis dahin um rund 400 Millionen steigen, heißt es in einer Studie von BlackRock. Experten rechnen mit einem um etwa 15 % erhöhten Ölbedarf als Resultat aus der steigenden Energienachfrage. Neben Öl wird sich nach Prognosen von ExxonMobil Erdgas als zweitwichtigste Energiequelle etablieren – beide Stoffe zusammen sollen bis 2040 rund 60 % des Energiebedarfs weltweit abdecken.Von dem steigenden Bedarf an Energie dürften auch die großen Mineralölkonzerne profitieren. In den vergangenen Jahren lief das Geschäft der großen Unternehmen wie etwa BP, Exxon und Royal Dutch Shell ziemlich gut: Der französische Konzern Total konnte für 2011 einen Nettogewinn von rund 12 Mrd. Euro berichten, BP verdiente – nach einem Vorjahresverlust – nach Steuern etwa 26 Mrd. Dollar und Shell meldete einen Nachsteuergewinn von 31 Mrd. Dollar. Die US-Konzerne ExxonMobil und Chevron standen ihren europäischen Pendants dabei in nichts nach. Um die Portfolien zu verbreitern und die Risiken zu diversifizieren, setzen die meisten Fondsmanager neben den großen Ölmultis (die mittlerweile neben Öl- auch andere, oft regenerative Energiequellen im Portfolio haben) auch auf Unternehmen aus den Bereichen Exploration sowie auf die Zulieferindustrie, Raffinerien und Vertriebsfirmen.Gerade die fossilen Energieträger zeigen aber auch die Risiken eines Investments auf. Dass das Öl zur Neige geht, ist eine Binsenweisheit, die Frage ist nur noch, wie lange die Vorräte noch halten und ob es bis dahin echte, langfristige und tragfähige alternative Konzepte gibt. Das zweite große Risiko geht von der Politik aus. Die Sicherheitslage in der Golfregion, die nuklearen Gehversuche des Iran und zuletzt die Verstaatlichung des argentinischen Konzerns YPF haben gezeigt, dass gute Prognosen eines Energieunternehmens und eine starke Nachfragesituation nicht gleichbedeutend mit einer Verbesserung des Aktienkurses sein müssen.Ein Wegfall der iranischen Fördervolumina könnte für Preisschocks sorgen: Immerhin war der Iran noch 2010 mit einem Schnitt von 3,7 Mill. Barrel am Tag der zweitgrößte Ölproduzent der Opec-Staaten. Ein stark verknapptes Angebot mit stark und schnell steigenden Preisen könnte kurzfristig den Ölkonzernen in die Hände spielen, aber für die Weltwirtschaft als Ganzes schwere Folgen haben – nämlich wenn die Preise aus Gründen der Angebotsknappheit so hoch steigen, dass sie für die Industrie nicht ohne weiteres zu bezahlen sind und eine echte Rezessionsgefahr entsteht.Die Analysten von Barclays Capital wiesen unlängst darauf hin, dass diese Gefahr weniger von der Höhe des Ölpreises an sich ausgeht als von einer schnellen und heftigen Preissteigerung – und die erwartet das Institut nicht. Ein steigender Ölpreis habe innerhalb der Industrieländer mittlerweile die Wirkung, dass der Verbrauch messbar nachlasse, was wiederum das Preissteigerungspotenzial in Zaum hält. Auf Jahressicht prognostiziert man daher eine eher moderate Steigerung von 4 %.Auch bei der Commerzbank bleibt man gelassen: Bislang habe die Iran-Krise nicht zu einer Angebotsverknappung geführt. “Im Gegenteil, aktuellen Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA), der Opec und der US-Energiebehörde EIA zufolge besteht auf dem globalen Ölmarkt derzeit sogar ein tägliches Überangebot von mehr als 1 Mill. Barrel”, heißt es in einer Analyse. Die IEA spreche in ihrem aktuellen Monatsbericht davon, dass sich der globale Ölmarkt erstmals seit zwei Jahren entspanne. “Wir rechnen daher damit, dass der Ölpreis im Frühjahr vorübergehend unter Druck gerät und auf 115 Dollar je Barrel fällt.”Wer als Anleger die Chancen der Energiekonzerne für sich nutzen will, sollte sein Investment diversifizieren. Am Markt gibt es zahlreiche Fonds mit Aktien von Energiekonzernen. Wie die Einzeltitel so haben sich auch die Fonds in den vergangenen Jahren krisenbedingt relativ volatil verhalten. Zwar haben die besten Produkte auf Sicht von drei Jahren Performances von bis zu 20 % erwirtschaftet. In den meisten Fällen ist damit aber gerade einmal das Niveau der Vorkrisenzeit erreicht.