Immobilien

Immobilien-AGs ächzen unter Schuldenlast

Lehman Brothers: Aktieninvestoren missbilligen den ungewöhnlich starken Kredithebel deutscher Firmen

Immobilien-AGs ächzen unter Schuldenlast

Von Christoph Ruhkamp, Düsseldorf Mit den Finanznöten des britischen Immobilieninvestors Dawnay Day, der mehr als 2 Mrd. Euro in Gebäuden deutscher Warenhausketten wie Hertie angelegt hat, rückt die Kreditkrise erneut ein Stück näher an die hiesigen Immobiliengesellschaften heran. Zwar ist der deutsche Immobilienmarkt selbst – gemessen an den Fundamentaldaten – stabiler als die Märkte in anderen Ländern Europas, wo es heftigere Preisübertreibungen gab. Dafür aber sind die deutschen Immobilienunternehmen umso höher verschuldet im Verhältnis zu ihrem Immobilienvermögen.Weil Banken und Aktieninvestoren das nicht gerne sehen, sind die Kurse fast aller börsennotierten Gesellschaften in Jahresfrist um die Hälfte oder mehr eingebrochen. “Deutsche Immobilienunternehmen gehören in Europa zur Gruppe der Firmen mit dem höchsten Verschuldungsgrad”, sagt Immobilienanalyst Peter Barkow von Lehman Brothers in London. Obwohl sich noch keine akute Liquiditätsknappheit abzeichne, seien Aktieninvestoren angesichts fallender Immobilienpreise sehr besorgt über die Situation. Die sogenannte “Loan-to-Value-Quote” – also die Summe der Darlehen zur Finanzierung einer Immobilie im Verhältnis zum Beleihungswert des entsprechenden Objekts – beträgt bei deutschen Unternehmen im Schnitt 75 % bei einer Bandbreite zwischen 44 % und 86 %. Zum Vergleich: In der EU liegt der Schnitt mit 31 % deutlich niedriger. Selbst in Großbritannien sind es nur 42 % (Grafik). Traditionell klammZwar durfte der Verschuldungsgrad deutscher Immobilienfirmen schon immer relativ hoch sein, da die Zyklen hierzulande weniger ausgeprägt ausfallen als im Rest Europas. Dennoch rät Lehman Brothers den Firmen zum Schuldenabbau, um so die Besorgnis der Investoren zu dämpfen und sich zugleich für den nächsten Aufschwung zu positionieren.Da jedoch der Markt für Emissionen neuer Aktien und für Wandelanleihen faktisch tot sei, könne die Schuldenverringerung am besten über Immobilienverkäufe und die Einbehaltung eines größeren Gewinnanteils erreicht werden. Allerdings sei die Gewinneinbehaltung als Mittel zum Schuldenabbau sicher auch umstritten, da Dividenden das Hauptmotiv für Investments in Immobilienaktien seien.Lehman nennt drei große Immobilien-AGs, bei denen eine Schuldenverringerung aus Sicht der Investoren am dringendsten wäre. Dies sind Eurocastle, IVG und, mit etwas weniger Dringlichkeit, Gagfah – also die drei Schwergewichte der Branche schlechthin. Fortress stark betroffenEurocastle wird vom US-Finanzinvestor Fortress kontrolliert, ist in Amsterdam und Frankfurt notiert und hat in den vergangenen Jahren für mehr als 4 Mrd. Euro die Gebäude deutscher Banken wie etwa der Deutschen Bank und der Dresdner Bank erworben. Es handelt sich um einen der größten Eigentümer deutscher Büroimmobilien. Die Loan-to-Value-Quote liegt bei immensen 85 %. Der Börsenwert von Eurocastle hat sich seit April auf 380 Mill. Euro halbiert.Die in Bonn ansässige IVG ist der größte börsennotierte deutsche Gewerbeimmobilienkonzern. Die Loan-to-Value-Quote liegt bei 70 %. Seit Dezember hat sich die Marktkapitalisierung halbiert auf 1,4 Mrd. Euro.Und Gagfah, die ebenfalls mehrheitlich Fortress gehört und aus steuerlichen Gründen in Luxemburg residiert, ist mit 170 000 eigenen Wohnungen der größte börsennotierte deutsche Wohnungskonzern. Die Loan-to-Value-Quote liegt bei knapp 70 %. Der Börsenwert fiel seit Anfang 2007 um die Hälfte auf 2,2 Mrd. Euro. Obwohl der Verkauf von Immobilien derzeit nicht einfach ist, hält Lehman dies bei Eurocastle und IVG für den besten Weg zum Schuldenabbau. Bei Gagfah dagegen könnte die verstärkte Einbehaltung von Gewinnen die richtige Lösung sein. Launischer KapitalmarktDamit hat sich das Bild komplett gewandelt: Noch Anfang 2007 wurde eine hohe Verschuldung von Immobilienfirmen am Kapitalmarkt eher belohnt. Bankkredite waren einfach und billig erhältlich, die Mietrenditen sanken und der Vermietungsmarkt verbesserte sich stetig. “Zu dieser Zeit wurde eine hohe Verschuldung im Verhältnis zum Immobilienvermögen als effiziente Art der Nutzung von Kapital angesehen”, sagt Barkow.Seit Beginn der Kreditkrise wird hohe Verschuldung aber wieder als großer Nachteil angesehen. Damit rückt das alte Problem der Branche mit dem Verschuldungsmanagement über Zyklen hinweg wieder in den Vordergrund. Künftig dürften wieder höhere Eigenkapitalquoten zum Einsatz kommen und Bankkredite knapper und teurer werden. Der Grund ist das Versiegen des Verbriefungsmarktes, über den die Banken die Immobilienkredite bisher loswerden konnten. Allerdings ist die Kreditvergabe in Deutschland nach Ansicht von Lehman Brothers immer noch weniger angespannt als in anderen europäischen Ländern.