Immobilien

Immobilien verlieren Renditeplus gegenüber Anleihen

Studie: Mieterträge rechtfertigen das Zusatzrisiko oft nicht - Wertsteigerungen werden wichtiger - Allianz setzt auf Skandinavien

Immobilien verlieren Renditeplus gegenüber Anleihen

Von Stefanie Schulte, Frankfurt Europäische Immobilien verlieren zunehmend ihren Renditevorsprung gegenüber festverzinslichen Anleihen, meinen Marktbeobachter – zumindest, wenn man die erhöhten Risiken von Investments in Büros, Einkaufszentren oder Wohnungen berücksichtige. Dies mache Immobilieninvestments sogar vor dem Hintergrund der ebenfalls fallenden Anleiherenditen wenig attraktiv. Grund seien die wachsende Nachfrage der Investoren nicht nur aus dem europäischen In- und Ausland, sondern auch aus den USA und der Golfregion und die dadurch deutlich steigenden Preise der Objekte. Seit 2002 seien die durchschnittlichen Mietrenditen an den wichtigsten europäischen Standorten um 0,6 Prozentpunkte auf 5,5 % zurückgegangen, sagte Raimund Noss, Associate beim britischen Immobilien-Marktforscher Property Market Analysis (PMA), im Rahmen einer Tagung des Dienstleisters DID Deutsche Immobilien Datenbank in Frankfurt. Um 2 Prozentpunkte abwärts auf jetzt nur noch 7,2 % Nettoanfangsrendite ging es in Osteuropa, wo die EU-Erweiterung zu deutlichen Preisanstiegen geführt hat. Nur Wachstum lohnt sich Den europaweiten Negativtrend bei den Mietrenditen bestätigt auch ein erstmals von der britischen Investment Property Databank vorgelegter europaweiter Marktindex (siehe Bericht auf dieser Seite). Nur aufgrund von Wertsteigerungen legte die Gesamtrendite europäischer Immobilien dennoch zu. Nach Einschätzung von Noss sollten Anleger sich daher auf Immobilien-Investments konzentrieren, die die Chance auf steigende Verkaufspreise oder Mietzuwächse bieten. Die Nettoanfangsrenditen allein deckten kaum noch die zusätzlichen Risiken von Immobilien bezüglich Markttransparenz, Liquidität, Volatilität und Währungsschwankungen. Für diese Risiken legten die Analysten Aufschläge zwischen 2,1 und 4,5 Prozentpunkten je nach Marktsituation zugrunde. Enttäuschendes Spanien Attraktiv sind Noss zufolge nur noch die französischen Industriestädte Lille, Lyon oder Marseille mit einer Überrendite von 0,7 bis 1,2 Prozentpunkten. Allerdings lohne sich hier ein Engagement nur für spezialisierte Investoren, da die durchschnittlichen Volumina je Transaktion sehr niedrig seien. Investments in Madrid und Barcelona fallen der Analyse zufolge besonders enttäuschend aus. An diesen Standorten liege die Netto-Anfangsrendite unter 5 %. Berücksichtige man standortspezifische Risikoaufschläge, brächten Immobilien hier 2 % weniger Rendite als fünfjährige Staatsanleihen. Negativ zu Buche schlugen starke Marktschwankungen, geringe Transparenz und schwache Liquidität. Andererseits bestehe hier Hoffnung auf Wertsteigerungen, was den Markt für Anleger trotz allem interessant mache, so Noss. Ähnlich ungünstig wie in Spanien seien die Nettoanfangsrenditen im Londoner West End, bevorzugter Standort staatlicher Institutionen in der britischen Hauptstadt. Hier sehen die Analysten zwar vergleichsweise geringe Risiken, da der britische Immobilienmarkt in der Branche als sehr professionell und effizient gilt. Doch wegen der hohen Anleihezinsen um 4,5 % und möglicher Währungsschwankungen bestehe auch hier kaum Spielraum für einen Renditevorsprung. Allianz erhöht Rentenquote Laut Dirk Schlürman, Leiter des Portfoliomanagements bei Allianz Immobilien, haben Großtransaktionen in London zuletzt nur noch Renditen von 4 % gebracht. Grund sei der wachsende Investorenandrang etwa aus dem boomenden Irland, aber auch aus reichen Ölstaaten im Vorderen Orient und den USA. Unter Druck gerate ebenso der Pariser Immobilienmarkt mit Renditen unter 5 %. Spanien sei zwar wegen möglicher Mietsteigerungen attraktiv, doch seien diese häufig schon eingepreist.Die Allianz investiere derzeit 3,3 % ihrer Assets in Immobilien. Dieser Anteil sei über die vergangenen Jahrzehnte “kontinuierlich leicht zurückgegangen”, vor allem zugunsten von festverzinslichen Papieren. Da auch hier die Renditen sänken, werde der Versicherungsriese dennoch auch weiterhin auf die Assetklasse Beton setzen. Allein ins europäische Ausland sollen auch künftig 300 bis 500 Mill. Euro pro Jahr fließen (vgl. BZ vom 15. September). Die größten Chancen sieht Schlürmann derzeit in Skandinavien und Südosteuropa. Auch hier sei es zwar zunehmend schwierig, Kaufobjekte zu einem attraktiven Preis auszumachen. Auf der anderen Seite profitiere etwa der schwedische Markt von einer “hervorragenden Transparenz”. Darüber hinaus werde auch das derzeitige Renditetief auf dem Immobilienmarkt vorübergehen, meint Schlürmann. Immerhin habe es ähnliche Boomphasen auch bereits in der Vergangenheit gegeben. “Dass es einen solchen Zyklus gibt, vergessen Investoren nur immer viel zu schnell.”