Finanzen persönlich

In Krisenzeiten ist Rechtsschutz besonders interessant

Nachfrage nach Versicherungsschutz schon deutlich gestiegen - Auch Einzelabschluss für Arbeitsrechtsfälle möglich - Streitigkeiten können teuer werden

In Krisenzeiten ist Rechtsschutz besonders interessant

Von Oskar H. Metzger Die Zahl der Banker-Jobs sinkt weiter. Auch bei Versicherungen hält der Personalabbau an. In derzeit fast allen Berufsgruppen wächst in der Wirtschaftskrise die Gefahr, schon wegen vermeintlicher Bagatellen die Arbeitsstelle zu verlieren. Deshalb ertrinken die deutschen Arbeitsgerichte bereits in einer Klageflut. Doch ohne entsprechende Rechtsschutzversicherung verzichten immer noch viele Arbeitnehmer aus Angst vor den Kosten einer Klage.”Wer in einer Krisenbranche als Arbeitnehmer arbeitet, ist bestimmt beruhigter mit einer entsprechenden Rechtsschutzpolice”, sagt Elke Weidenbach von der Verbraucher-Zentrale NRW. Dass die Verbraucher ein gewisses Sicherheitsgefühl haben wollen, ist für die Expertin verständlich und nachvollziehbar. Sie gibt den Tipp, dass man den Arbeitsrechtsschutz auch gelegentlich einzeln abschließen kann. Doch die meisten Versicherer bieten diesen Schutz nur im Paket an. Geringere Hemmschwelle”Arbeitnehmern ist der Abschluss einer Arbeitsrechtsschutzversicherung – gerade auch in Anbetracht der schwierigen Wirtschaftslage – dringend anzuraten”, bestätigt Sascha Schewiola, Rechtsanwalt in der Partnerschaftsgesellschaft Heuking Kühn Lüer Wojtek in Köln. Denn eine Rechtsschutzversicherung mindert die Hemmschwelle, Rechte gegen seinen Arbeitgeber geltend zu machen und gegebenenfalls auch gerichtlich durchzusetzen. Bei einer Kündigung des Arbeitgebers gebe es Tücken, warnt Schewiola. So sieht das Gesetz eine Frist von drei Wochen vor, während der der Arbeitnehmer Klage erheben muss. Durch eine frühzeitige Beauftragung eines Rechtsanwalts wird das Risiko immens verringert, die Klagefrist zu versäumen. Mehr Fälle”Die Anzahl der Rechtsschutzversicherungsverträge hat sich innerhalb von fünf Jahren um über 1 Million auf nunmehr 20,57 Million Verträge gesteigert”, sagt Christian Lübke vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Beim Arbeitsrechtsschutz zahlten die deutschen Versicherer im ersten Halbjahr 2009 über 122 Mill. Euro aus. Das sind – nicht zuletzt wegen der Wirtschaftskrise – rund 25 % mehr als im Vergleichszeitraum 2008. Seit Jahresbeginn haben sich in fast 33 2000 Arbeitsrechtsschutzfällen Kunden an die Mitgliedsunternehmen des Verbands gewandt – das sind knapp 15 % mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.”Arbeitsrechtsschutz ist Bestandteil des Privat-, Berufs- und Verkehrsrechtsschutzes”, sagt Alois Schnitzer von der HUK-Coburg. Besondere Annahmerichtlinien gibt es trotz der Wirtschaftskrise nicht. Beim Arbeitsrechtsschutz besteht jedoch eine Wartezeit von drei Monaten.Die häufigsten Gründe für die Nachfrage nach dieser Versicherung seien Kündigungen und Abmahnungen sowie Streitigkeiten über Lohn- und Gehaltszahlungen, berichtet die Advocard als Rechtsschutzversicherer im Generali-Konzern. Aber auch wegen Arbeitszeugnissen kommt es immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten. Während früher die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen eine Abfindung angestrebt wurde, steht nach den Erfahrungen des Unternehmens wegen der Wirtschaftskrise nun für Arbeitnehmer häufiger der Erhalt des Arbeitsplatzes im Vordergrund. Ablehnung möglich”Die Antragsannahme erfolgt unabhängig von der Branche, in welcher der Antragsteller beschäftigt ist”, sagt Dorothee Hoffmeier von der Debeka. Zu einer Ablehnung kann es in seltenen Fällen bei mehreren Vorschäden kommen, zu deren Angabe der Antragsteller verpflichtet ist. Eine spezifische Regelung für den Bereich Arbeitsrechtsschutz gibt es jedoch nicht. “Im Firmenrechtsschutz werden die besonders schadenträchtigen Branchen Gebäudereinigung, Bewachungsunternehmen und Zeitarbeitsfirmen nicht versichert”, sagt Christian Deißner von der Auxilia.Auch wenn noch kein Versicherungsfall vorliegt, will sich der Arbeitnehmer oft über die Rechtslage informieren. Beispielsweise wollen viele wissen, wie ein Teilzeitantrag zu stellen ist, welche Fristen bei der Elternzeit gelten oder was bei einer eigenen Kündigung beachtet werden muss. Die Auxilia bietet diesbezüglich den Versicherten die Möglichkeit, eine kostenlose telefonische Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen. Kosten fressen Abfindung”Der Vorteil eines Arbeitsrechtsschutzes liegt darin, dass es dem Arbeitnehmer ohne finanzielles Risiko ermöglicht wird, gegen den in der Regel wirtschaftlich überlegenen Arbeitgeber vorzugehen”, sagt Claudia Herrmann von der Allianz. Denn der sonst geltende Grundsatz “wer verliert muss zahlen” gilt nicht in arbeitsgerichtlichen Verfahren in der ersten Instanz.”Personen ohne Rechtsschutzversicherung scheuen oft den Gang zum Rechtsanwalt”, warnt Deißner von der Auxilia. Grundsätzlich müsse man in Arbeitsrechtsstreitigkeiten mit Anwaltskosten in erster Instanz von 2 500 Euro bis 4 000 Euro rechnen. “Nur selten kann der Arbeitnehmer nach einem Prozess wegen einer Kündigung seinen Arbeitsplatz behalten”, beklagt Marcus Acker von der Roland Rechtsschutz-Versicherung. Stattdessen erstreitet er aber vielleicht eine höhere Abfindung oder bessere Rahmenbedingungen bei der Vertragsbeendigung. Häufig Vergleiche”Rund 80 % bis 90 % der Klagen, die bei der Arbeitsgerichtsbarkeit eingehen, enden durch Vergleiche”, sagt Rainer Tögel von der DAS. Gerade bei Arbeitnehmern, die noch nicht besonders lange in einem Unternehmen gearbeitet haben und daher nur mit einer relativ kleinen Abfindung aus einem Vergleich gehen, lohnt sich nach Aussage des Experten eine Rechtsschutzversicherung ungemein. Denn ein großer Teil der Abfindung wandert ansonsten als Honorar zum Anwalt.”Der Arbeitnehmer hat erheblich größere Chancen, einen Vergleich zu möglichst optimalen wirtschaftlichen Konditionen abzuschließen, wenn er eine Rechtsschutzversicherung hat und vor Gericht anwaltlich vertreten wird”, berichtet auch Rechtsanwalt Schewiola. Oft weiß nach Meinung des Experten häufig auch nur der Rechtsanwalt, nach welchen Faktoren im konkreten Fall eine Abfindung zu berechnen ist und welche Summen realistisch sind.