Immobilien - Gastbeitrag

Inflation und Deflation nutzen Eigentümern

Börsen-Zeitung, 2.9.2010 Seit einigen Jahren wird intensiv darüber diskutiert, ob Immobilien einen Schutz vor einer möglichen Inflation bieten. Inzwischen geht jedoch etwa die Hälfte der Experten davon aus, dass die Gefahr einer Deflation mindestens...

Inflation und Deflation nutzen Eigentümern

Seit einigen Jahren wird intensiv darüber diskutiert, ob Immobilien einen Schutz vor einer möglichen Inflation bieten. Inzwischen geht jedoch etwa die Hälfte der Experten davon aus, dass die Gefahr einer Deflation mindestens so hoch ist wie die einer Inflation. Die Renditen für langjährige Anleihen, die sich auf einem historischen Tiefstand befinden, sprechen auch dafür, dass Marktteilnehmer derzeit eher mit deflationären Szenarien als mit einer Inflation rechnen.Während es jedoch eine Reihe empirischer Untersuchungen über den Zusammenhang von Immobilienpreisentwicklung und Inflation gibt, fehlen entsprechende Untersuchungen über die Auswirkungen einer deflationären Entwicklung auf die Immobilienpreise. Eine Deflation hat es in den letzten Jahrzehnten nur in Japan gegeben. In Deutschland gab es in den Jahren 1929 bis 1932 eine deflationäre Entwicklung. Zuverlässige Daten über die historische Entwicklung der Immobilienpreise in diesen Jahren fehlen jedoch. Preise müssen nicht sinkenEine Deflation ist von sinkenden Verbraucherpreisen gekennzeichnet. Dies muss jedoch keineswegs unbedingt mit sinkenden Preisen für Vermögenswerte einhergehen. Wir haben ja gerade in den letzten Jahren beobachtet, dass sich die Preisentwicklung von Vermögenswerten wie Immobilien oder Aktien durchaus von der allgemeinen Preisentwicklung des Warenkorbs abkoppeln kann, welche jedoch die vom Statistischen Bundesamt gemessene Basis für die Inflationsrate darstellt. Ebenso wenig wie eine “Vermögenswerte-Inflation” unbedingt mit einem allgemeinen Anstieg der Verbraucherpreise einhergehen muss, so muss auch ein deflationäres Sinken der Verbraucherpreise nicht unbedingt mit sinkenden Preisen der Vermögenswerte einhergehen.Dies wäre bei Immobilien nur dann der Fall, wenn die Mieten sinken. Hier ist zwischen verschiedenen Immobilien-Nutzungsarten zu unterscheiden. Geht eine Deflation mit einer allgemeinen Depression einher, dann sind sinkende Mieten für Büroimmobilien eher wahrscheinlich, weil die Nachfrage nach Büroarbeitsplätzen zurückgeht. Dagegen wird beispielsweise die Preisentwicklung im Wohnimmobilien-Segment durch andere Faktoren bestimmt, insbesondere durch das Verhältnis zwischen der Entwicklung der Haushaltszahlen und des Angebots an Wohnflächen. Das kleinere ÜbelManches spricht dafür, dass eine deflationäre Entwicklung für die Assetklasse Immobilien weit weniger verhängnisvoll wäre als eine inflationäre Entwicklung für Anleihe-Investoren. Denn bei einer Inflation steigen die Zinsen, und die Kurse “alter” Anleihen in den Depots verfallen dementsprechend. Bei einer Deflation sind sehr niedrige Zinsen wahrscheinlich, wie das japanische Beispiel zeigt, wo sich das Zinsniveau über viele Jahre nahe der Null-Prozent-Marke bewegte.Ein solches Szenario wäre sogar ausgesprochen positiv für Immobilieneigentümer, bei denen die Zinsbindung ausläuft und eine Prolongation des Darlehens ansteht. Eine Anschlussfinanzierung zu deutlich niedrigeren Zinsen erhöht die Rendite, selbst wenn die Mieten leicht fallen sollten. Bleibt die Mietrendite in einem deflationären Szenario gleich, was durchaus möglich ist, dann erhöht sich entsprechend die Rendite von stark fremdfinanzierten Immobilien bei einer günstigen Anschlussfinanzierung dramatisch.Zwar sollte man es mit der Fremdfinanzierung nicht übertreiben, aber eine bestimmte Aufnahme von Fremdkapital, beispielsweise von 50 bis 60 %, ist auch für konservative Immobilieninvestoren üblich. In einem inflationären Szenario profitieren diese Anleger insbesondere dann, wenn sie die Zinsen langfristig gesichert haben und dann am Ende das Darlehen zurückzahlen müssen, das durch die Inflation real erheblich gesunken ist.Bei einem deflationären Szenario profitieren Anleger insbesondere dann, wenn es ihnen gelingt, bei relativ stabilen oder nur leicht rückläufigen Mieten eine Anschlussfinanzierung zu sehr günstigen Konditionen darzustellen und damit die Eigenkapital-Rendite erheblich zu steigern.Wer also eher mit einem inflationären Szenario rechnet, sollte eine möglichst lange Zinsbindung – zum Beispiel über 10 oder 15 Jahre – vereinbaren, wer dagegen ein deflationäres Szenario für wahrscheinlicher hält, sollte sich nicht so lange binden, sondern eher nur für kürzere Zeiträume von höchstens fünf Jahren.