Asset Management - Offene Immobilienfonds in der Krise - Serie "Zukunft der offenen Immobilienfonds" (Teil 4)

Institutionelle Investoren brauchen klare Spielregeln

Bei Anlegerschutzgesetz besteht Optimierungsbedarf - Rücknahmeabsprachen und eine eigene Anlageklasse - Schließungen gingen Managementfehler voraus

Institutionelle Investoren brauchen klare Spielregeln

Von Erich Seeger *)Über lange Zeit galten offene Immobilienfonds als gutes, ertragsstarkes und sicheres Investment. Anfangs hauptsächlich in deutschen Büroimmobilien investiert, erweiterten die Fonds nach der Liberalisierung des Investmentgesetzes ihr Anlageuniversum sowohl regional als auch im Hinblick auf Nutzungsarten und Standortqualitäten. B-Lagen, Märkte mit geringer Liquidität oder Transparenz sowie risikobehaftete Projektentwicklungen lockten mit potenziell deutlich höheren Renditen.Einige Fonds versprachen sich dadurch mehr Erfolg in kürzerer Zeit, obwohl das Produkt offener Immobilienfonds vor allem langfristig orientierte und sicherheitsorientierte Anleger ansprechen soll. Da konjunkturelle Entwicklungen die Immobilienmärkte mit Zeitverzug treffen, haben heute einige Anbieter mit den gravierenden Folgen ihrer risikobehafteten Immobilienstrategie zu kämpfen.Erschwerend kam hinzu, dass institutionelle Anleger die offenen Immobilienfonds als Geldmarktersatz entdeckt hatten. Anders als Privatanleger zahlten diese Investoren üblicherweise keinen Ausgabeaufschlag, da sie keine vertriebliche Beratung in Anspruch genommen haben. Die damit deutlich über dem Geldmarktniveau liegenden Renditen und die gleichzeitig börsentägliche Verfügbarkeit lockten diese Anlegergruppe an. Niemand ist jedoch verpflichtet, unlimitiert, ohne Ausgabeaufschlag oder bilaterale Rückgabevereinbarung Beträge bis hin zu dreistelligen Millionensummen anzunehmen. Diese Gelder wurden in vielen Fällen aber akzeptiert oder sogar aktiv akquiriert. Dies sind die Ursachen, die einen erheblichen Teil der Branche in Schieflage gebracht haben. Umsichtige StrategieNicht wettbewerbsfähige oder gar negative Renditen bei einem konservativen Produkt veranlassen Investoren, Kapital abzuziehen. Klumpenrisiken aus Anlagen institutioneller oder semi-institutioneller Adressen destabilisieren die Liquiditätssteuerung eines Fonds. Es ist wenig verwunderlich, wenn die Gelder dann genauso schnell abfließen, wie sie angekommen waren. Beide Faktoren führen aufgrund von nachhaltig starken Mittelabflüssen unweigerlich zur Schließung oder Abwicklung eines Fonds. Als zukunftsfähig werden sich insbesondere großvolumige Fonds erweisen, die eine verantwortungsbewusste und umsichtige Anlage- und Vertriebsstrategie praktiziert haben. Ein starker und klassischerweise durch Privatanleger geprägter Vertriebshintergrund trägt unzweifelhaft zu einer erfolgreichen Weiterentwicklung bei.Auf dieser Basis konnte die Commerz Real als Fondsgesellschaft des “Hausinvest” in diesem Jahr die Mittelabflüsse zielgerichtet aussteuern. Dabei gab es jedoch zu keinem Zeitpunkt aktive Umschichtungen aus Dachfonds oder Wettbewerbsprodukten zugunsten des “Hausinvest”, wie spekuliert wurde. Dies wird auch in den Absatzstatistiken des Bundesverbands Investment und Asset Management (BVI) deutlich. Aktuell verfügt der “Hausinvest” über eine angemessene Liquiditätsquote von 14 %. Dies entspricht einem Volumen von 1,4 Mrd. Euro.Je größer das Volumen und je breiter die Portfoliodiversifikation eines Fonds ist, desto geringer sind die Auswirkungen durch Bewertungsänderungen oder temporäre Marktgegebenheiten. Bereits seit langer Zeit am Markt befindliche Fonds konnten über mehrere Immobilienzyklen hinweg einen hinsichtlich Region, Nutzungsart und Mieterstruktur ausgewogenen Objektbestand aufbauen. Andere haben ihre Immobilien in Hochpreisphasen erworben, was im Zuge der Krise zu erheblichen Wertkorrekturen und sinkenden Renditen führte. Auch die Auswahl der Märkte korrespondierte oftmals nicht mit den Anforderungen der überwiegend sicherheitsorientierten Kunden. Weniger InteresseSo ließ insbesondere bei Fonds mit vornehmlich globaler Ausrichtung das Anlegerinteresse nach. Dies limitierte zunehmend die Gestaltungsmöglichkeiten in der Portfoliosteuerung und in der Immobilienakquisition. Die Commerz Real hat dieser Entwicklung durch die Fusion des “Hausinvest global” mit dem “Hausinvest Europa” Rechnung getragen. Einhergehend mit der insgesamt stabilen Entwicklung Europas zeigt sich, dass das Fundament erfolgreicher offener Immobilienfonds künftig wohl verstärkt die westeuropäischen Märkte sein werden. Stärker chancenorientierte Engagements außerhalb der westeuropäischen Kernmärkte dürften künftig eher Beimischungscharakter haben.Insgesamt werden Berater und Anleger die einzelnen Fonds über den Renditeaspekt hinaus fortan wesentlich genauer auf die Merkmale Fondsvolumen, Diversifikation und Vertriebsstruktur hin überprüfen. Zudem sollte die künftige Regulierung offener Immobilienfonds im Zuge des von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten Anlegerschutzgesetzes für mehr Stabilität in der Branche sorgen.In einigen Punkten besteht jedoch noch Optimierungsbedarf. Die Einführung von Haltefristen und Rücknahmeabschlägen dürfte zwar eine effizientere Liquiditätssteuerung ermöglichen, allerdings wäre zum Schutz des Privatanlegers eine Differenzierung der Regelungen zwischen natürlichen und nicht natürlichen Personen wünschenswert. Der BVI regt an, als Haltefrist für natürliche Personen statt der geplanten zwei Jahre nur zwölf Monate festzuschreiben und die bei Rückgaben in den beiden Folgejahren vorgesehenen Abschlagsquoten jeweils um die Hälfte zu reduzieren. Für nicht natürliche Personen sieht der Vorschlag dagegen nach einer einjährigen Haltefrist eine auf Dauer geltende Kündigungsfrist von einem Jahr vor.Damit würde das vorrangige Ziel erreicht, den Charakter des offenen Immobilienfonds als langfristig ausgerichtetes Anlageprodukt für den sicherheitsorientierten Privatanleger zu stärken. Professionelle Anleger werden das Produkt dann jedoch kaum noch in Erwägung ziehen. Sie sollten aber weiter von den Vorzügen profitieren können.Voraussetzung wären allerdings klarere Spielregeln. Wir haben bereits in den vergangenen Jahren mit institutionellen Investoren bilate-rale Rücknahmevereinbarungen geschlossen und damit kurzfristige Abflüsse größerer Mittelvolumina vermieden. Die zwischen privaten und professionellen Anlegern abweichenden Investmentprofile legen den Schluss nahe, dass die Fondsprodukte stärker zielgruppenfokussiert ausgerichtet sein müssten. Darum unterstützen wir den Vorschlag des BVI, Publikumsfonds für institutionelle Investoren einzuführen, die nicht in Spezialfonds investieren dürfen oder können. Stabiles UmfeldEntscheidend ist, dass sich für alle, die von den vielfältigen Qualitäten des offenen Immobilienfonds überzeugt sind, ein dauerhaft stabiles Anlageumfeld entwickelt. Die wettbewerbliche und regulatorische Bereinigung ist das eine, Vertrauen in die Produkte das andere. Zu Letzterem können Fondsanbieter durch ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein im Vertrieb und Portfoliomanagement beitragen.—-*) Erich Seeger ist Vorstandsmitglied der Commerz Real.Zuletzt erschienen:- “Gefahr einer Fluchtwelle wird durch Gesetzentwurf nur vertagt” von Hans Joachim Reinke (23.11.)- “Mehr Selbstbeschränkung- hätte der Branche gutgetan”- von Matthias Danne (30.11.)