Asset Management

Investmentbranche greift in die Hedgefonds-Trickkiste

Portfoliomanager experimentieren mit Derivatestrategien - Große Hebel und Wetten auf fallende Kurse

Investmentbranche greift in die Hedgefonds-Trickkiste

Von Stefanie Schulte, Frankfurt Während Hedgefonds in Deutschland bisher nur schwache Absatzerfolge erzielen, könnten sich ihre Investmentideen auf Umwegen durchsetzen. Fast alle großen Anbieter klassischer Publikumsfonds experimentieren derzeit mit typischen Hedgefonds-Instrumenten, etwa Wetten auf fallende Kurse, Hebel-Investments und Rohstoff-Anlagen. Die 2004 eingeführte neue Derivateverordnung räumt den Publikumsfonds dabei etliche Freiheiten ein, fordert allerdings auch ein strenges Risikomanagement. Eingesetzt werden Derivate daher vor allem zur Absicherung, doch es können auch manche Hedgefonds-Strategien komplett nachgebaut werden. Mit Futures und OptionenInvestmentfonds könnten nun weit stärker als bisher mit Futures und Optionen auf steigende oder fallende Kurse von Einzeltiteln oder Indizes wetten, erläutert Thomas Heib, Leiter des Bereichs Portfolio Insurance bei der Commerzbank-Tochter Cominvest. Auch die Möglichkeit, Investments zu hebeln (“Leverage”), sei deutlich ausgeweitet worden. Während internationale Hedgefonds häufig einen Hebelfaktor von mehr als 10 nutzten, sei dieses Instrument bei Publikumsfonds jedoch auf den Faktor 2 begrenzt, betont Christian Subbe, Leiter Währungs- und Derivatestrategien bei der zum Sparkassenlager gehörenden Deka Investment. Eng an Hedgefonds orientiert sich die Allianz-Tochter Dit mit ihren Fonds “Absolute Return Allocation” und “Absolute Return Allocation Plus”. Vergleichbar der “Managed-Futures”-Hedgefondsstrategie sucht Fondsmanager Frank Vanselow mit Hilfe von mathematischen Modellen nach Kurstrends bei einem guten Dutzend unterschiedlicher Aktien- und Rentenmärkte. Auch Investments in Währungen und Rohstoffe sind möglich. Mit Futures auf die jeweiligen Marktindizes kann er dabei sowohl auf steigende als auch – ähnlich den Leerverkäufen der Hedgefonds – auf fallende Kurse wetten. Gut gefahren sei er mit dieser Trendfolgestrategie zuletzt an den Rentenmärkten, wo er erfolgreich auf fallende Kurse spekuliert habe, berichtet Vanselow. Allerdings sei dies eher die Ausnahme gewesen, da es den Kapitalmärkten zuletzt an klaren Trends gemangelt habe: So habe es während des Aktienbooms im Jahr 2005 mehrere Phasen mit deutlichen Kursverlusten gegeben, in denen er laut Trendfolgemodell Positionen habe auflösen müssen – auch wenn sich die positive Kursentwicklung anschließend fortgesetzt habe. Enttäuschende PerformanceUnterm Strich waren die beiden Fonds deswegen nur mäßig erfolgreich: Der “Absolute Return Allocation” legte auf Jahressicht 2,1 % zu, der “Absolute Return Allocation Plus” 2,6 %. Anleger zogen allein seit Jahresbeginn insgesamt gut 80 Mill. Euro aus beiden Fonds ab. Zusammengerechnet sind sie nur noch gut 100 Mill. Euro schwer – wenig für Publikumsfonds, im Vergleich zu den meisten Hedgefonds nach deutschem Recht allerdings noch ein respektables Volumen. Aber auch beim Management von traditionell ausgerichteten Publikumsfonds greifen die Anbieter zunehmend in die Trickkiste der Hedgefonds. So sichern sich die Manager vieler Gesellschaften mit Optionen ab oder verkaufen Futures, wenn sie eine vorübergehende negative Entwicklung bei einer Einzelaktie im Portfolio oder einem Index erwarten. In vielen Fällen sei dies billiger, als die Aktien direkt zu verkaufen und später wieder zu kaufen, berichten Fondsmanager. Komplexe Konstruktionen Auch mit komplizierteren Konstruktionen werde experimentiert, etwa analog zur Long-Short-Equity-Strategie von Hedgefonds, berichtet Gunnar Friede, Fondsmanager bei der Deutsche-Bank-Tochter DWS. Dabei nutzten Fondsmanager Bewertungsunterschiede zwischen zwei Aktien, beispielsweise von Unternehmen derselben Branche, indem sie Futures auf den einen Wert kaufen und auf den anderen Wert verkaufen. Auch gehebelte Investments halten zunehmend Einzug in die Portfolios – etwa, indem zusätzlich zum Basiswert noch Call-Optionen oder Futures auf diesen Titel gekauft werden, um von der erhofften positiven Entwicklung mehrfach zu profitieren. So habe etwa die HypoVereinsbank-Tochter Activest bei ihrem “DevisenFonds” bisher bis zu 130 % gehebelt, berichtet eine Sprecherin. Mit Hilfe von Put-Optionen werde darüber hinaus auch auf fallende Kurse gewettet. Seit seiner Auflegung Ende 2004 habe der Fonds immerhin 6,7 % Performance erzielt. Dank der Nutzung von Derivaten seien die Kursrückgänge der vergangenen Monate bei vielen Fonds weniger dramatisch ausgefallen, berichtet auch Derivatestratege Subbe von der Deka. Die meisten Fondsmanager halten sich mit Aussagen, was die neuen Instrumente für die Performance bringen, allerdings noch zurück: Dazu fehle es an Erfahrung. Die wenigsten zweifeln allerdings daran, dass die Grenzen zwischen Hedge- und Publikumsfonds zunehmend verwischen werden.Dass Hedgefonds langfristig von Publikumsfonds verdrängt werden, hält Werner Goricki, Head of Hedge Funds beim Consultant Feri Institutional Advisors, dennoch für unwahrscheinlich. Erfolgreiche Hedgefondsmanager seien kaum daran interessiert, sich der viel strengeren Regulierung und den höheren Transparenzanforderungen bei Publikumsfonds zu unterwerfen. Auch die niedrigeren Hürden beim Vertrieb von Publikumsfonds spielten keine so große Rolle – denn gute Hedgefonds etwa aus dem angelsächsischen Raum könnten sich auch so vor Zuflüssen kaum retten.