Asset Management - Interview mit M. Gehwald, Steria Mummert

Kleine Gesellschaften holen beim Service auf

Asset Manager investieren in Internet-Auftritte

Kleine Gesellschaften holen beim Service auf

– Herr Gehwald, als Leiter der Unit Asset Management bei Steria Mummert Consulting untersuchen Sie schon seit einigen Jahren die Servicequalität deutscher Fondsgesellschaften. Wie haben sich die Asset Manager in der jüngsten Erhebung geschlagen?Über alle Teilnehmer hat sich die Servicequalität wiederum leicht gebessert. Das ist eine Tendenz, die sich über die letzten Jahre hinweg beobachten lässt. Es ist erkennbar, dass vor allem die großen Publikumsgesellschaften in das Thema Service investieren. Die mittleren und kleinen Gesellschaften holten jedoch in den letzten Jahren auf, wobei insbesondere in die Internet-Auftritte investiert wurde. Wenn Sie genauer hinschauen, stellen Sie aber fest, dass noch einiges verbesserungswürdig ist.- Wo konkret sehen Sie den größten Handlungsbedarf?Der größte Handlungsbedarf ist eindeutig im Bereich der Response-Analyse zu erkennen. Für unsere Analyse kontaktieren wir alle 99 Fondsgesellschaften über die auf der jeweiligen Internet-Seite veröffentlichten Kontaktdaten, und zwar per Brief, E-Mail und Telefon. Wir simulieren dabei einen potenziellen Neukunden, der sich nach dem Unternehmen und dessen Fondsprodukten erkundigt. Leider werden über 30 % der Briefe nicht beantwortet, eine ähnliche Quote gilt auch für die E-Mails. Selbst von den antwortenden Gesellschaften schaffen es 13 % nicht, die Briefe innerhalb von acht Arbeitstagen zu beantworten. Bei den E -Mails benötigen rund 55 % der Gesellschaften mehr als 24 Stunden für eine Antwort. 21 % benötigen sogar mehr als 48 Stunden.- Sie haben auch den Telefonservice überprüft und dabei eine Beschwerde fingiert. Wie sieht die typische Reaktion der Mitarbeiter der Fondsgesellschaften aus?Über eine fingierte Beschwerde am Telefon lässt sich das Serviceverhalten tatsächlich am besten prüfen. Leider versuchen noch immer viele Mitarbeiter, genau zu eruieren, was falsch gelaufen ist und wer vielleicht einen Fehler begangen haben könnte – wobei bei Letzterem meist zuerst in Richtung Kunde gesucht wird! Die Fehlersuche mag zwar gut gemeint sein, auch hilfreich für die Serviceverbesserung des jeweiligen Unternehmens, stellt allerdings nicht das Anliegen des Kunden dar.- Was wäre denn Ihrer Meinung nach die beste Reaktion?Bei unserer fingierten Beschwerde geht es um eine angebliche E-Mail, die wir der Fondsgesellschaft geschickt und um Informationen zu einem Fonds angefragt haben. Die kundenfreundlichste Reaktion wäre eine Entschuldigung (“tut mir leid”), eine Nachfrage, um welchen Fonds es geht (“worum ging es denn”) und die sofortige Zusendung der gewünschten Unterlagen per E-Mail (“wohin darf ich Ihnen die Unterlagen schicken?”), (“kann ich Ihnen sonst noch behilflich sein?”). Die Klärung, warum es zu dieser Beschwerde kam, kann dann im Nachgang innerhalb des Unternehmens erfolgen, da muss der Kunde nicht eingebunden sein, zumal das Unternehmen so jetzt alle notwendigen Daten des Kunden hat. Die Quote der Unternehmen, die so wie von uns erwartet vorgegangen sind, betrug dieses Jahr 27 % – letztes Jahr lag sie noch bei 20 %.- Was meinen Sie, warum es noch immer bei vielen zu solchen “Anfängerfehlern” kommt?Ich würde hier nicht unbedingt von “Anfängerfehlern” sprechen. Ich glaube, es ist eine normale Reaktion eines Menschen, der mit einem Vorwurf konfrontiert wird, sich zu verteidigen. Deswegen werden Servicemitarbeiter ja auch entsprechend geschult, um mit solchen Situationen umzugehen und den Kunden bei seinem Problem abzuholen und eine Lösung anzubieten. Genau hier ist ein weiterer Aspekt entscheidend, nämlich die Unterschiedlichkeit der von uns untersuchten Gesellschaften, die sich in Bezug auf ihre Größe (gemessen an Mitarbeiteranzahl) und ihre Geschäftsmodelle mittlerweile stark unterscheiden. Gerade die kleineren Gesellschaften haben nicht notwendigerweise eine eigene Serviceabteilung, die solche Anfragen entgegennimmt.- In welchen Bereichen hat sich etwas zum Positiven verändert?Die meisten Veränderungen fanden in den letzten Jahren im Bereich Internet statt. Viele Gesellschaften gestalteten ihre Internet-Auftritte komplett neu und nutzen somit die Möglichkeiten, die ihnen die technologische Entwicklung der letzten Jahre dort ermöglicht hat. Der Wandel von der statischen Website über die interaktive Kundenansprache bis hin zu den sogenannten Web-2.0-Funktionalitäten (“user generated content”, Podcasts, Videocast, Foren, Blogs etc.) hat die Möglichkeiten der Kundenansprache deutlich ausgeweitet. Ein sehr gutes Beispiel für positive Veränderungen sind auch die Factsheets. Diese werden teilweise auch unter dem Begriff Fonds-Monatsberichte verbreitet. Als wir diese 2007 zum ersten Mal prüften, war das Ergebnis eher bescheiden. Bedingt durch MiFID erfuhren die Factsheets vorletztes Jahr schon eine enorme Verbesserung, die sich in unserer aktuellen Untersuchung erneut bestätigt hat.- Wodurch zeichnet sich Ihrer Meinung nach denn ein gutes Factsheet aus?Ein gutes Factsheet zeichnet sich durch die Kunst aus, Informationsvielfalt und -tiefe mit einem ansprechenden und ergonomischen Layout zu verbinden. Die Informationsvielfalt umfasst dabei Themenbereiche wie Informationen zum Fonds selbst, zum Markt allgemein, Hintergrundinformationen des Fondsmanagements, um nur einige zu nennen. Informationstiefe bedeutet, dass möglichst viele der für den Fonds relevanten Daten und Kennzahlen auf dem Factsheet präsentiert werden. Darüber hinaus sollten aber eben auch Informationen wie Kosten (TER), Portfoliostruktur, Performance- und Risiko-Kennzahlen berücksichtigt werden. Entscheidend ist die Aktualität der auf dem Factsheet enthaltenen Daten. Hier geht der Trend zu online generierten Factsheets, die dann tagesaktuelle Rücknahmepreise enthalten.- – Ihre kurioseste Erfahrung beim letzten Test?Für den Test des Response-Verhaltens auf Briefanfragen haben wir die Fondsgesellschaften mit dem Anliegen angeschrieben, dass wir uns für den Fonds xyz interessieren und gerne nähere Informationen dazu hätten. Die Antwort einer Gesellschaft darauf war eine gewichtige Überraschung. Sie brauchte nicht nur mehrere Wochen und enthielt statt eines persönlichen Anschreibens nur einen Lieferschein. Zur Krönung wurde der 396-seitige Verkaufsprospekt ins Haus geschickt – zum falschen Fonds! Ergänzend ist mir noch eine Anekdote aus dem letzten Jahr präsent, wo wir auf unsere Frage, ob die Gesellschaft uns Begriffe wie “Best Execution” und “Kick-back-Zahlungen” im Kontext ihrer Fondsprodukte erläutern könnte, eine E-Mail erhielten, die mit den Worten begann – Zitat: “Hier kommt die Maus . . .:”—-Die Fragen stellte Julia Roebke. Markus Gehwald ist Senior Manager bei Steria Mummert Consulting und Leiter der Asset Management Unit.