Immobilien - Gastbeitrag

Kommunale Grundstücke werden wieder attraktiv

Börsen-Zeitung, 18.2.2009 Seit mittlerweile zweieinhalb Jahren hält die Rechtsunsicherheit über die Vergabemodalitäten beim Verkauf kommunaler Grundstücke an. Viele öffentliche Liegenschaften liegen seitdem brach - denn über ihnen schwebt die Frage,...

Kommunale Grundstücke werden wieder attraktiv

Seit mittlerweile zweieinhalb Jahren hält die Rechtsunsicherheit über die Vergabemodalitäten beim Verkauf kommunaler Grundstücke an. Viele öffentliche Liegenschaften liegen seitdem brach – denn über ihnen schwebt die Frage, ob sie direkt an einen Privaten veräußert werden dürfen oder gegebenenfalls europaweit ausgeschrieben werden müssen. Nun wurden im entsprechenden Verfahren die Schlussanträge vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gestellt. Es deutet sich an, dass private Initiative künftig wieder belohnt werden könnte.Auslöser der Unsicherheit beim Verkauf öffentlicher Grundstücke war eine überraschende Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf Mitte 2007. Wenn eine Kommune ein Grundstück veräußern und den Käufer verpflichten möchte, es den städtebaulichen Zielen der Gemeinde gemäß zu bebauen, sollte der Verkauf nach Auffassung des OLG Düsseldorf fortan unter das Vergaberecht fallen und gegebenenfalls sogar europaweit ausgeschrieben werden. Gängige PraxisBis zu diesem Zeitpunkt war jedoch der Direktverkauf an einen Privaten in solchen Fällen gängige Praxis und aus der Stadtentwicklung kaum noch wegzudenken. Oft wurden so städtebaulich wünschenswerte Projekte wie neue Wohnungen oder auch ganze Stadtquartiere realisiert, ohne den öffentlichen Haushalt nennenswert zu belasten – vielmehr spülte der Grundstücksverkauf sogar zusätzlich Geld in die Kassen.Dies änderte sich mit der unsicheren Rechtslage: Die Zahl der veräußerten öffentlichen Grundstücke, bei denen ein Investor per Bauverpflichtung zusicherte, das Grundstück gemäß den Zielen der Stadtentwicklung zu bebauen, ging drastisch zurück. Die HIH Hamburgische Immobilien Handlung beispielsweise hat seit der Entscheidung des OLG Düsseldorf lediglich zwei öffentliche Grundstücke erworben – und in beiden Fällen hatte die Kommune bewusst darauf verzichtet, den Verkauf an eine Bauverpflichtung zu koppeln. Sie hatte jeweils darauf vertraut, auch ohne Bauverpflichtung Einigkeit über eine Bebauung herbeizuführen, die den Zielen der Stadtentwicklung entspricht. In beiden Fällen kam diese Einigkeit zustande. Dass ein solches Vorgehen jedoch für die Kommunen ein größeres Risiko bedeutet, dürfte außer Frage stehen. Risiko AusschreibungAus Sicht der Projektentwickler bedeutet umgekehrt die Ausschreibung ein großes Risiko. Denn üblicherweise geht die Initiative für den Grundstückskauf vom privaten Investor aus, wodurch er hohe Vorlaufkosten hat. Das Erarbeiten eines tragfähigen Nutzungskonzepts, das Einschalten eines Architekten für ein Bebauungskonzept und die frühzeitige Nutzeransprache sind nur einige Beispiele für die zahlreichen Arbeitsschritte, die vor dem Grundstückskauf erfolgen müssen – die Kosten hierfür liegen selbst bei kleinen bis mittleren Projekten rasch im sechsstelligen Bereich. Und im Falle einer Ausschreibung nach den Richtlinien des Vergaberechts hätte der Projektinitiator trotz seiner Vorleistungen nicht die Sicherheit, seine Projektidee auch selbst umsetzen zu dürfen – er könnte bei der Ausschreibung unterliegen.Der Bundesgesetzgeber hatte bereits in der Novelle zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) die alte Praxis gestärkt, woraufhin das OLG Düsseldorf den EuGH angerufen hatte (Rechtssache Helmut Müller GmbH gegen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben BIMA – Rs. C-451/08). In seinen Schlussanträgen vor dem EuGH hat Generalanwalt Paolo Mengozzi für eine maßvolle Auslegung des Vergaberechts plädiert. Branchenverbände wie der ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss begrüßen dies.Wenn sich ein Investor verpflichtet, ein öffentliches Grundstück zu erwerben und so zu bebauen, dass es den städtebaulichen Zielen einer Gemeinde entspricht, darf dieser Verkauf mit Bauverpflichtung nicht regelmäßig ausschreibungspflichtig sein. Diese Tendenz ist sowohl aus Sicht der Kommunen als auch der Entwickler erfreulich. Sofern der EuGH den Schlussanträgen folgt (was er in der Praxis häufig tut), brächte ein entsprechendes Urteil für die öffentliche Hand die dringend benötigte Rechtssicherheit. Auf der anderen Seite würde es sich für Entwickler wieder lohnen, initiativ zu werden.