Kursverluste lassen US-Rentner zittern
Wenn in den USA die Börsenkurse schwanken, werden nicht nur Zocker nervös, sondern auch Rentner und Altersvorsorge-Sparer. Denn die Höhe ihrer Vermögen hängt stark von der Kapitalmarktentwicklung ab.Von Stefanie Schulte, New YorkZwar haben auch die USA ein öffentliches Rentensystem, genannt “Social Security”, doch die meisten Amerikaner ergänzen dieses durch zusätzliche Pensionspläne, die entweder individuell abgeschlossen oder von privaten oder öffentlichen Arbeitgebern verwaltet werden. Da bei den öffentlichen Sozialleistungen weitere Kürzungen erwartet werden, steigt – ähnlich wie in Deutschland – die Bedeutung der Zusatzrenten.Die Altersvorsorgevermögen der Amerikaner in verschiedenen Pensionsprodukten summierten sich per Ende 2010 auf 18,1 Bill. Dollar, wie Daten des US-Fondsverbands Investment Company Institute (ICI) zeigten. Dies waren 37 % der Gesamt-Ersparnisse in amerikanischen Haushalten. Im Vergleich zu Ende 2008, als die Assets nur 13,9 Bill. Dollar schwer waren, wurden damit kräftige Vermögenszuwächse verzeichnet, wozu neben neuen Einzahlungen auch die enormen Kursgewinne am Kapitalmarkt beitrugen. Ende 2007, bevor der Finanzmarkt-Crash tiefe Löcher in Aktien- und Verbriefungsbestände riss, betrug die Gesamtsumme allerdings bereits 17,9 Bill. Dollar. In den vergangenen gut drei Jahren verbesserten sich die Rentenvermögen damit – ohne Berücksichtigung der Inflation – nur um 0,2 Bill. Dollar.Stark von den Schwankungen am Kapitalmarkt sind individuelle Rentensparpläne (Individual Retirement Account, IRA) betroffen, die zuletzt 27 % der Gesamt-Rentenvermögen ausmachten. Populär sind insbesondere diejenigen IRAs, die vom US-Fiskus gefördert werden, indem entweder Einzahlungen oder spätere Renten von Steuern befreit werden.Bei der Auswahl der Assets, in die die IRA-Vermögen investiert werden, lassen die Steuerbehörden den Amerikanern große Freiheiten. Neben Aktien, Renten und Investmentfonds können etwa auch Immobilien gekauft werden. Wie riskant ihre Anlagen sein sollen, bestimmen die Sparer selbst. Vorgaben etwa zur maximalen Aktienquote oder zur Streuung der Investments gibt es nicht.Ähnliche Freiheiten genießen die Inhaber so genannter 401(k)-Sparpläne. 401(k)-Produkte, die der 4,7 Bill. Dollar schweren Kategorie Defined Contribution zugerechnet werden (feste Einzahlungen, variable Auszahlungen), sind ebenfalls steuerbegünstigt. In aller Regel gewähren Arbeitgeber ihren Angestellten Zuschüsse zu ihren Einzahlungen und treffen eine Vorauswahl der Fonds, in die die Vermögen angelegt werden dürfen. 401(k)-Sparpläne werden bei amerikanischen Arbeitgebern zunehmend populär, weil sie, anders als traditionelle Pensionsprodukte mit vorher festgelegter Auszahlungshöhe (Defined Benefit), für diese geringere Risiken bergen. Während klassische Pensionsfonds Unternehmen an den Rand der Pleite bringen können, falls das Vermögen für die versprochenen Renten nicht reicht, müssen bei 401(k)-Plänen die Arbeitnehmer eventuelle Lücken selbst stopfen.Für die Rentner erweise sich dies jedoch als enorme Bürde, so das Resultat einer Studie des Boston College auf Basis von Daten der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) für das “Wall Street Journal”. Diezurzeit 60- bis 62-Jährigen mit 401(k)-Plänen haben der Studie zufolge im Durchschnitt nur ein Viertel des Vermögens, das sie benötigen würden, um ihren Lebensstandard zu halten. Leistungen aus der staatlichen Sozialversicherung und weitere Ersparnisse reichen oft nicht aus, um die Lücken zu schließen. Als Ursachen gelten neben der Finanzmarktkrise auch zu geringe Einzahlungen, da viele Amerikaner ihre 401(k)-Beiträge reduzieren, wenn sie in finanzielle Schwierigkeiten geraten.Besser gestellt sind bislang noch die vielen Millionen Amerikaner, die bei der US-Regierung, den Bundesstaaten, Städten und Gemeinden angestellt sind und von großzügigen öffentlichen Pensionsfonds profitieren. Die Fonds gelten aufgrund der hohen verwalteten Volumina als wichtige Spieler am Kapitalmarkt. Die kalifornische Calpers etwa hat Assets im dreistelligen Milliarden-Dollar-Volumen.Allerdings fällt es der öffentlichen Hand immer schwerer, die üppigen Zusagen zu erfüllen. Angesichts der milliardenschweren Haushaltsdefizite, unter denen etwa Kalifornien leidet, steigt der politische Druck, die Pensionen zu reduzieren.—-Zuletzt erschienen:- “Die zweite Säule gehört in den Fokus” (27.9.)