Immobilien

Latente Steuern im Kreuzfeuer

Höhe der Rückstellungen umstritten - Scope-Studie: 12,5 bis 100 Prozent

Latente Steuern im Kreuzfeuer

Von Thomas List, FrankfurtOffene Immobilienfonds bilden Rückstellungen für sogenannte latente Steuern, die voraussichtlich anfallen, wenn sie ihre Objekte in Zukunft verkaufen. Dabei schwankt die Höhe dieser Rückstellungen von Gesellschaft zu Gesellschaft sehr stark, stellte die Ratinggesellschaft Scope in einer Untersuchung fest. Die Spannweite geht von 12,5 % des Nominalwerts der latenten Steuern bis zu 100 % (siehe Grafik). Die durchschnittliche Rückstellungsquote aller Fonds liege bei 57,5 %, nach 51 % im Jahr zuvor. Nur 100 Prozent richtig?Scope hält “nur eine Rückstellung in vollem Umfang der Beiträge für angebracht”, heißt es in der aktualisierten Studie. Dem entsprechen im Moment nur DB Real Estate, Difa (mit ihrem Fonds Nr. 1 und dem Difa-Grund) sowie SEB Immoinvest mit ihrem neuen Fonds ImmoPortfolio Target Return.Doch die Meinung von Scope ist in der Branche stark umstritten. Viele Gesellschaften halten eine 100 %ige Rückstellung auf latente Steuern für unnötig und bei einigen Anlegern für schädlich. Entscheidend sei die Anlagestrategie des einzelnen Fonds, heißt es. Diejenigen, die einen Teil oder alle ihre Objekte langfristig hielten, müssten sehr viel weniger Vorsorge für eine allfällige Steuerbelastung bei Objektverkäufen treffen als jene, die ihr Portfolio häufiger umschlagen und eine Buy-and-Sell-Strategie verfolgten. Unterschiedliche Quoten”100 % wäre nur dann richtig, wenn morgen alles verkauft wird”, sagte ein Fondsverantwortlicher. Bei der SEB Immoinvest werden beim Immoportfolio Target Return 100 % zurückgestellt, weil die durchschnittliche Haltedauer der Fondsobjekte bei fünf bis sieben Jahren liegt. Bei einem Durchschnitt von zehn Jahren wird hingegen eine Rückstellungsquote von etwa einem Drittel für ausreichend gehalten. Nationale EigenheitenBei der Rückstellungspolitik sind außerdem die nationalen Steuergesetze zu beachten. So fallen beispielsweise in Belgien und den Niederlanden keine Verkaufssteuern an, wenn der Verkaufserlös reinvestiert wird. Latente Steuern wären daher bei Objekten in diesen Ländern zumindest vorläufig nicht zu bilden. Außerdem hat die Höhe der Rückstellungen unmittelbare Auswirkungen auf den Wert der Fondsanteile. Wer schnell hohe Rückstellungen bildet, belastet den Anleger, der “von Anfang an” dabei ist, und bevorteilt den Späteinsteiger (und Frühaussteiger). Gerade umgekehrt stellt sich die Lage bei niedrigen Rückstellungen dar. Daher werden sie in der Regel auch über mehrere Jahre aufgebaut.Die unterschiedlichen Meinungen zu den Rückstellungen bei latenten Steuern haben schließlich dazu geführt, dass voraussichtlich in der neuen “Rechnungslegungs- und Bewertungsverordnung” kein konkreter Satz festgeschrieben wird. Die Verordnung legt fest, wie bestimmte Vermögenswerte einheitlich in der Rechnungslegung zu bewerten sind. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungaufsicht (BaFin) hat eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die diese Verordnung im Moment erarbeitet. Mit der Verabschiedung wird bei der BaFin bis Ende dieses Jahres gerechnet. Transparenz gefordertIn der Arbeitsgruppe herrscht im Moment dem Vernehmen nach die Ansicht vor, in der Verordnung solle statt eines konkreten Prozentsatzes oder einer Bandbreite lediglich Transparenz bei der Bildung von Rückstellungen für latente Steuern gefordert werden. Zur Begründung wird auf die unterschiedlichen Anlagestrategien der einzelnen Fonds verwiesen.