Asset Management

Luxemburg lockt Fondsanleger mit Steuerschlupfloch

Institutionelle Produkte für millionenschwere Privatkunden geöffnet - Herauszögern von Pauschalabgabe in Deutschland

Luxemburg lockt Fondsanleger mit Steuerschlupfloch

Von Stefanie Schulte, Frankfurt Zusätzliche Steuern auf Finanzprodukte haben nicht nur Verlierer auf Kunden- und Anbieterseite zur Folge, sondern fast immer auch ein paar Gewinner – nämlich diejenigen, die besonders geschickt Schlupflöcher ausnutzen. Nach dem Wegfall des Steuerprivilegs für Kapitallebensversicherungen waren es staatlich geförderte Riester-Rentenprodukte, bei der Halbierung des Steuerfreibetrags 2007 steuergünstig investierende Fonds. Bei der für 2009 geplanten Abgeltungssteuer könnte der Finanzplatz Luxemburg zu den Gewinnern zählen – nebst den dort angesiedelten Töchtern deutscher Fondsgesellschaften. Zinseszinseffekt Den Startschuss hat in der vergangenen Woche das luxemburgische Parlament mit neuen Spielregeln für Spezialfonds gegeben. Die individuell aufgelegten und gemanagten Produkte, die bisher institutionellen Investoren vorbehalten waren, können dort nun auch von Privatanlegern genutzt werden. Da der deutsche Fiskus auf die Mittel in den Luxemburger Vehikeln nicht zugreifen könne, werde keine Abgeltungssteuer fällig, solange der Anleger sein Geld darin belasse, so Sven Zeller, Partner der Rechtsanwaltskanzlei Clifford Chance. Erträge aus Kursgewinnen, Zinsen und Dividenden, die normalerweise unter die geplante neue Abgabe fallen sollen, könnten daher komplett reinvestiert werden. Zwar werde die Steuer fällig, sobald die Erträge ausgezahlt würden, betont Zeller: “Aber in der Zwischenzeit können Zinsen auf die gestundeten Steuern erwirtschaftet werden.” Bei normalen deutschen Publikumsfonds dagegen würden den aktuellen Plänen zufolge auch bei den im Fonds thesaurierten Erträgen jährlich Steuern abgezogen, erläutert der Jurist. Mindestens 1,25 Mill. EuroAuch für Anleger, die gezielt für den Ruhestand vorsorgten und ihre Investments erst bei Renteneintritt auflösten, könnte die verzögerte Besteuerung attraktiv sein. Wenn ihr Steuersatz als Rentner unter dem Abgeltungssteuer-Niveau liege, entfalle ein Teil der Abgaben. Mit ihrem Vorstoß wollen die Luxemburger offenbar gezielt gut betuchte Vermögensverwaltungs-Kunden aus Deutschland anlocken. Als Mindestinvestment in die Spezialfonds werden 1,25 Mill. Euro vorgeschrieben, von denen 125 000 Euro sofort angelegt werden müssen. Kaum BeschränkungenSofern sich mehrere Anleger einen Spezialfonds teilen, müsse jeder von ihnen mindestens 125 000 Euro investieren, erläuterte Thomas Grünewald, Geschäftsführer der zur BHF-Bank gehörenden Frankfurt-Trust Invest Luxemburg, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Ein solches Pooling könne etwa für freie Vermögensverwalter interessant sein, die bereits jetzt kleinere Kundenportfolien mit einem standardisierten Ansatz betreuten. Für Asset Manager wird das neue Vehikel zusätzlich dadurch attraktiv, dass es kaum Beschränkungen unterliegt, wie aus einem im Internet veröffentlichten Thesenpapier der Luxemburger Steuerkanzlei Atoz hervorgeht. Die Vermögensverwalter können – ähnlich wie bei freien Mandaten – beliebig etwa mit Optionen, Derivaten, Immobilienprodukten, Beteiligungsfinanzierungen und Hedgefonds hantieren. Dies mache die neuen Spezialfonds auch, unabhängig von der Steuerthematik, für institutionelle Investoren interessant. Klassische Spezialfonds hätten Hedgefonds-Strategien oder Private Equity bisher nur sehr eingeschränkt einsetzen können, so Grünewald. Als positiv wird in der Branche auch gewertet, dass der Luxemburger Gesetzgeber seine bürokratischen Anforderungen gelockert hat. Unter anderem entfielen die bei institutionellen Spezialfonds üblichen halbjährlichen Berichte, heißt es in dem Atoz-Papier. Abwanderung befürchtet Eine Prognose, in welchem Umfang Anleger Mittel aus Deutschland abziehen und in die neuen Luxemburger Spezialfonds anlegen könnten, will Zeller nicht abgeben. “Es wird sicherlich Mittelabflüsse geben.” Gegensteuern könnte der deutsche Gesetzgeber nach Meinung des Anwalts, indem er etwa die Besteuerung von thesaurierten Publikumsfonds-Erträgen abschafft. Diese sei ohnehin nur eingeführt worden, weil der Fiskus vor der Abgeltungssteuer keine andere Möglichkeit gehabt habe, überhaupt auf diese Gewinne zuzugreifen. Die meisten Vertreter der Fondsbranche äußern sich bisher zurückhaltend zu dem Luxemburger Vorstoß. Dieser sei so überraschend bekannt geworden, dass zunächst einmal geprüft werden müsse, ob und in welcher Form man Spezialfonds für Privatkunden anbieten werde, hieß es bei zwei großen deutschen Gesellschaften. Geschäft für PrivatbankenAls lohnend wird das Geschäft vor allem bei den Kapitalanlagegesellschaften der Privatbanken gewertet, auf deren typische Klientel die neuen Vehikel zugeschnitten sind. Frankfurt-Trust hat bereits angekündigt, künftig Spezialfonds für Private anzubieten. Infrastruktur und IT seien vorhanden, heißt es in einer Pressemitteilung. Dennoch dürfte vor allem die Tatsache, dass die Steuer nicht vermieden, sondern nur möglicherweise reduziert werden kann, die Erfolgsaussichten der Privatanleger-Spezialfonds begrenzen, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Es sei wohl zu erwarten, dass etliche reiche Anleger bei altbewährten Strategien bleiben – etwa der illegalen Steuerhinterziehung ins Ausland oder dem legalen Umzug in ein Land mit großzügigem Fiskus.