RECHT UND KAPITALMARKT

Mächtige Bewährungshelfer für Unternehmen

Gesetz gegen Unternehmenskriminalität verankert Monitor in deutschem Recht

Mächtige Bewährungshelfer für Unternehmen

Von Marc Löbbe *)Eine Reihe von deutschen Unternehmen hat schon Erfahrungen mit Monitoren gesammelt. Monitore werden von Strafverfolgungs- und Aufsichtsbehörden in den USA, aber auch in Europa für Unternehmen bestellt, die gegen Rechtsnormen etwa im Bereich des Kartell- oder Kapitalmarktrechts oder gegen Antikorruptionsvorschriften verstoßen haben. Der Monitor soll überwachen, ob das Unternehmen geeignete Vorkehrungen trifft oder getroffen hat, um vergleichbare Rechtsverstöße in Zukunft zu verhindern. Darüber erstattet er der zuständigen Behörde regelmäßig Bericht. Das Verfahren gegen das Unternehmen wird eingestellt, wenn sich aus diesen Berichten ergibt, dass die mit der Bestellung des Monitors verfolgten Ziele erreicht wurden. Ist dies nicht der Fall, kann das Verfahren fortgeführt werden oder es werden Sanktionen gegen das Unternehmen verhängt. Daraus ergibt sich eine starke Position des Monitors. Seine Berichterstattung entscheidet maßgeblich darüber, welche Konsequenzen dem Unternehmen drohen.Die Erfahrungen deutscher Unternehmen mit Monitoren aus dem angloamerikanischen Raum waren in der Vergangenheit ambivalent. Dies hat viele Ursachen. Häufig waren die bestellten Monitore mit der Corporate Governance deutscher Unternehmen, insbesondere dem dualistischen System mit Vorstand und Aufsichtsrat, wenig vertraut. Auch hat eine Reihe von Monitoren aus den USA daraus ein Geschäftsmodell entwickelt. Das führte zu erheblichen Kosten bei den betroffenen Unternehmen. Einige Monitore haben ihren Auftrag denkbar weit verstanden. Sie dehnten ihre Überwachungstätigkeit auf Bereiche aus, die mit den zu ahndenden Rechtsverstößen in keinerlei oder nur sehr losem Zusammenhang standen.Umso erstaunlicher ist, dass die geplante Verankerung eines Monitors auch im deutschen Recht durch das Gesetz zur Bekämpfung der Unternehmenskriminalität in der Öffentlichkeit bislang nahezu unbemerkt geblieben ist. Nach geltendem Recht können Straftaten, die aus Unternehmen heraus begangen werden, gegenüber dem Unternehmen “lediglich” als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von maximal 10 Mill. Euro geahndet werden. Künftig drohen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 100 Mill. Euro eine Verbandsgeldsanktion von bis zu 10 % des durchschnittlichen konzernweiten Jahresumsatzes. Hinzu kommt – wie bereits nach geltendem Recht – eine mögliche Vorteilsabschöpfung, die die Höhe der verhängten Verbandsgeldsanktion sogar noch übersteigen kann.Alternativ zur unmittelbaren Verhängung der Verbandsgeldsanktion sieht der Gesetzesentwurf die Möglichkeit vor, das Unternehmen zu verwarnen und sich vorzubehalten, eine Sanktion später zu verhängen. Das wäre etwa dann der Fall, wenn aus dem Unternehmen heraus erneut Straftaten begangen werden oder das Unternehmen gröblich und beharrlich gegen vom Gericht angeordnete Auflagen und Weisungen verstößt. Das Unternehmen steht mit anderen Worten “unter Bewährung”. Das Gericht bestimmt dabei den Zeitraum. Dieser kann bis zu fünf Jahren dauern und darf ein Jahr nicht unterschreiten.In dieser Zeit kann das Gericht dem Unternehmen einen Monitor als “Bewährungshelfer” zur Seite stellen. Die Verwarnung kann das Gericht mit Auflagen und Weisungen verbinden. Auflagen können zum Beispiel die Wiedergutmachung des Schadens und die Zahlung eines Geldbetrags zugunsten der Staatskasse sein. Vom Gericht erteilte Weisungen haben präventiven Charakter. Sie sollen der Begehung von Straftaten entgegenwirken. Das Gericht kann ein Unternehmen anweisen, Vorkehrungen zur Vermeidung von Straftaten zu treffen. In Betracht kommt eine Verbesserung der Compliance-Organisation sowie Maßnahmen, die zur Verbesserung der Prävention von Straftaten im Unternehmen beitragen. Gericht muss zustimmenZum Nachweis dafür, dass diese Maßnahmen sachgerecht umgesetzt wurden, kommt der Monitor ins Spiel. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass das Gericht das Unternehmen nicht nur anweisen kann, Vorkehrungen zur Vermeidung von Straftaten zu treffen. Es kann auch bestimmen, diese Vorkehrungen durch Bescheinigung einer sachkundigen Stelle nachzuweisen. Als sachkundige Stelle oder Monitor kommen Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte sowie Unternehmensberater in Betracht. Der Monitor wird vom Unternehmen ausgewählt und beauftragt. Das Gericht muss der Auswahl des Monitors zustimmen, um dessen fachliche Eignung zu gewährleisten. Dies schließt die Prüfung möglicher Interessenkonflikte mit ein. Die Kosten des Monitors trägt das Unternehmen.Die vom Unternehmen zu treffenden Vorkehrungen zur zukünftigen Vermeidung von Straftaten werden vom Gericht und nicht vom Monitor festgelegt. Gleichwohl ist die Rolle des Monitors bedeutsam. Dieser hat mit seinen Berichten maßgeblichen Einfluss darauf, ob eine Verbandsgeldsanktion verhängt oder zumindest die Bewährungszeit des Unternehmens verlängert wird.Die Einführung der Figur des Monitors ins deutsche Recht stellt einen Einschnitt dar. Ob Monitore zu einer Verbesserung der Compliance-Kultur in Unternehmen beitragen können, wird dabei maßgeblich von ihrem Rollenverständnis abhängen. *) Marc Löbbe ist Partner von SZA Schilling, Zutt & Anschütz.