ASSET MANAGEMENT - IM GESPRÄCH: RUDOLF SIEBEL, BVI

Machtzuwachs der Indexanbieter bereitet Sorgen

Fondsbranche befürwortet Regulierung - Klage über Gebührenflut - Asset Manager haben Tausende von Benchmarks im Einsatz

Machtzuwachs der Indexanbieter bereitet Sorgen

Die Fondsbranche befürwortet eine Regulierung von Indizes und anderen Referenzsätzen. Allerdings wollen die Fondshäuser ungern selbst in die Pflicht genommen werden, höhere Transparenzanforderungen bei Indexanbietern durchzusetzen. Dies betont Rudolf Siebel, Geschäftsführer des Fondsverbands BVI.Von Stefanie Schulte, Frankfurt Vor wachsender Macht der Indexanbieter im Fondsgeschäft warnt der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI). Die Interessenvertreter der Fondsbranche wünschen sich regulatorische Schritte, um die Ermittlung von Aktien- und Rentenindizes, Interbankensätzen und sonstigen Benchmarks transparenter zu machen. Gleichzeitig dringen sie darauf, die Möglichkeiten der Indexanbieter einzuschränken, Lizenzgebühren zu erheben, wenn Fondshäuser deren Daten nutzen müssen, um regulatorische Vorgaben zu erfüllen. Dies sagte BVI-Geschäftsführer Rudolf Siebel der Börsen-Zeitung.In der Fondsbranche werden Indizes wie Dax, MDax, S & P 500 und MSCI World, aber auch weitaus weniger bekannte Benchmarks unter anderem dafür genutzt, die Performance von Fonds mit dem Gesamtmarkt zu vergleichen. Stark an Bedeutung gewonnen haben solche Benchmarks durch die seit einiger Zeit vorgeschriebenen Produktinformationsblätter für Anleger in offenen Wertpapierpublikums- und alternativen Investmentfonds. Im ZwielichtVielen Fonds dienen Indizes zudem als Messlatten, um die performanceabhängigen Gebühren der Fondsmanager zu berechnen. Für börsennotierte Indexfonds (ETF) schließlich bilden die Finanzmarktbenchmarks die Basis und ersetzen das aktive Portfoliomanagement völlig.Allein im deutschen institutionellen Fondsgeschäft sind derzeit etliche Tausend unterschiedliche Benchmarks im Einsatz, wie der BVI in einem Positionspapier zur Regulierung dieser Messlatten betont. Indizes sind jedoch – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Manipulationsskandale um Libor, Euribor und andere Interbankensätze – in die Kritik geraten, weil es an einer formalen Regulierung und Aufsicht fehlt. Bemängelt wird unter anderem mangelnde Transparenz bei Zusammensetzung und Gewichtung einiger Benchmarks.Die europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA aus Paris hat bereits 2012 Leitlinien für ETF und andere auf EU-Ebene regulierte Publikumsfonds vorgelegt. Darin werden die Fondsanbieter unter anderem aufgefordert sicherzustellen, dass die von ihnen genutzten Indizes bestimmte Transparenzanforderungen erfüllen. Die Leitlinien wurden von der Luxemburger Aufsicht CSSF im Februar für anwendbar erklärt. In Deutschland dagegen ist das bislang nicht der Fall.Der BVI wehrt sich gegen den Vorstoß aus Paris. Der Verband setzt sich Siebel zufolge dafür ein, die Vorgaben hinsichtlich der Indextransparenz auszusetzen, bis es – wie von Regulierern und Aufsehern derzeit diskutiert – in der EU eine formale Regulierung und Beaufsichtigung der Benchmarks gibt. Produktpalette in GefahrAndernfalls müssten die Fondsgesellschaften selbst sicherstellen, dass die Indexanbieter hohe Anforderungen an die Transparenz erfüllten, betont der BVI-Geschäftsführer. “Dies wäre aber in vielen Fällen mit hohen Kosten verbunden oder gar nicht möglich, beispielsweise wenn sich Indexanbieter weigern, vertrauliche Informationen bereitzustellen.” In solchen Fällen müssten schlimmstenfalls Produkte vom Markt genommen werden, die auf Indizes basierten, die die Transparenzanforderungen nicht erfüllen könnten oder wollten, warnt Siebel.Die Fondsbranche treibt hierbei offenbar nicht zuletzt die Furcht vor Wettbewerbsnachteilen um. Da in dem ESMA-Papier explizit nur Fonds reguliert werden, wären zum Beispiel die in Deutschland stark verbreiteten Zertifikate, die ebenfalls oft Indizes abbilden, nicht von den Vorgaben zur Nutzung transparenter Indizes betroffen.Der BVI dringt darüber hinaus darauf, dass Fondsgesellschaften die Indexdaten für ihr vorgeschriebenes Reporting kostenlos nutzen dürfen. Bisher hätten Indexanbieter hier die Möglichkeit, an vielen verschiedenen Stellen Gebühren zu erheben – von der Nutzung der Indexdaten bis hin zu ihrer Veröffentlichung in Kundeninformationen und auf Websites, heißt es in dem Positionspapier.Eine Alternative gebe es kaum, sagt Siebel. “Fonds haben zwar theoretisch die Möglichkeit, auf Benchmarks zu verzichten, aber aufgrund der regulatorischen Vorgaben ist das in der Praxis kaum machbar.” Auch der nachträgliche Wechsel zu einem anderen Indexanbieter gestalte sich bei bestehenden Produkten schwierig, betont der BVI in seiner Stellungnahme. Auch ein Wechsel zu kleineren oder weniger bekannten Indexanbietern sei oft nicht ratsam, da Investoren die großen und populären Adressen bevorzugten, heißt es in dem Schreiben weiter.