RECHT UND KAPITALMARKT

Manager-Boni im Fokus von Gesetzgebung und Rechtsprechung

Vorgaben für die Vorstandsvergütung sind komplexer geworden

Manager-Boni im Fokus von Gesetzgebung und Rechtsprechung

Von Thorsten Kuthe *)Bei der Managervergütung konzentriert sich die Diskussion meist auf die Unternehmen, bei denen diese Vergütung öffentlich transparent wird, nämlich börsennotierte Aktiengesellschaften. Ganz aktuell wird jedoch ein wesentlicher und praktisch wichtiger Bestandteil der Vorstandsvergütung quasi von zwei Seiten in die Mangel genommen: Bonuszahlungen und andere variable Vergütungsbestandteile.Solche Gehaltselemente sollen einerseits eine starke Anreizfunktion haben und andererseits verhindern, dass die Vorstände ohne entsprechenden Erfolg unangemessen hohe Vergütungspakete erhalten. Dabei ist der Anteil dieser variablen Vergütungselemente oft deutlich höher als bei typischen Arbeitnehmern und deswegen für Vorstände besonders wichtig. Die aktuellen Entwicklungen in Rechtsprechung und Gesetzgebung demotivieren sie daher potenziell – oder doch nicht? Variabler Teil gedeckeltSchauen wir zunächst auf den Gesetzgeber: Im Aktiengesetz ist neuerdings vorgesehen, dass der Aufsichtsrat ein Vorstandsvergütungssystem aufstellen muss, das eine maximale Begrenzung der Vorstandsvergütung vorsieht. Es handelt sich hierbei gleichwohl nur um eine Vorgabe für das Vergütungssystem und nicht für die einzelnen Verträge. Aber der Aufsichtsrat muss in der Umsetzung beim einzelnen Manager die entsprechenden Begrenzungen berücksichtigen.Das bedeutet konkret, dass variable Vergütungsbestandteile künftig gedeckelt werden müssen. Denkt man dies etwa in Bezug auf aktienbasierte Vergütungen konsequent fort, bedeutetet das Folgendes: Übersteigen die Aktienkurse des Unternehmens bestimmte Grenzen, ist das Unternehmen also besonders erfolgreich, so müssten etwa Vorstände gewährte Aktien teilweise zurückgeben oder Aktienoptionen dürften nicht ausführbar sein. Dies ist für die Betroffenen natürlich denkbar frustrierend, wenn eine Kurssteigerung, die ja für die Aktionäre besonders erfreulich ist, dazu führt, dass die Vorstände einen Teil ihrer Rechte verlieren.Teil der Diskussion ist immer wieder der Umstand, dass es nicht zu rechtfertigen sei, wenn Manager ein Vielfaches von dem verdienen, was ihre Mitarbeiter erhalten. Vorstände sollen also Arbeitnehmern vergleichbarer werden. Die Rechtsprechung sieht aber Vorstände gerade nicht als Arbeitnehmer an. Bei Arbeitnehmern ist gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Klausel unzulässig, nach der ein Bonus trotz Erreichung eines vereinbarten Erfolgsziels nur freiwillig gezahlt werden kann, aber nicht bezahlt werden muss. Die Begründung: Es benachteilige den Arbeitnehmer unangemessen, wenn der Arbeitgeber trotz Abschluss einer Zielvereinbarung, die der Mitarbeiter dann erfüllt, frei darüber entscheiden kann, ob ein Bonus gezahlt wird oder nicht.Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass dies für Vorstände nicht gelte, weil sie in Vergütungsbelangen anders als Arbeitnehmer zu behandeln seien. Es passt aber nicht recht zusammen, wenn auf der einen Seite die Vorstände nicht wie Arbeitnehmer geschützt werden, auf der anderen Seite aber die Vorgaben an die Vorstände immer enger werden, was die Vergütung angeht – insbesondere mit dem Argument, die Unterschiede zu Arbeitnehmern seien sonst zu groß.Überspitzt könnte man meinen: Jetzt soll die Vergütung im ersten Schritt gedeckelt werden, im zweiten Schritt kann – auch dies ist neu – der Deckel durch Hauptversammlungsbeschluss weiter gesenkt werden, im dritten Schritt kann bei schlechter Lage der Gesellschaft die Vergütung weiter reduziert werden und gleichzeitig kann der Bonus auch bei Erreichen der Ziele versagt werden. Deutschland, ein Anti-Manager-Land? Abweichungen möglichSchaut man genauer hin, relativiert sich jedoch einiges: Zum einen wurde schon bislang eine Begrenzung der maximalen Vergütung vom Deutschen Corporate Governance Kodex empfohlen. Daneben sind Abweichungen in begründeten Einzelfällen möglich. So kann ein Vorstand weiterhin bei einer herausragenden Entwicklung eine zusätzliche Sonderzahlung erhalten. Und auch künftig kann die Hauptversammlung die maximale Vergütung für den einzelnen Vorstand nicht herabsetzen. Sie kann nur das formal unverbindliche Vergütungssystem für die Zukunft ändern. Schließlich kann man Verträge auch nach der Rechtsprechung so formulieren, dass der Bonus bei Zielerreichung zwingend zu zahlen ist.Zusammengefasst bedeutet das: Die Regelungen zur Vorstandsvergütung sind komplexer geworden, und es gibt mehr Regularien als früher. Bei sorgfältiger Ausgestaltung und individueller Verhandlung sowie Überzeugung der Hauptversammlung von einem Grundsystem ist es jedoch weiterhin möglich, praxisgerechte Vergütungsregelungen umzusetzen. Das eigentlich Negative ist, dass die aktuellen Entwicklungen einen anderen Anschein erwecken und damit einen abschreckenden Effekt für Top-Kräfte aus dem In- und Ausland haben können. *) Dr. Thorsten Kuthe ist Partner von Heuking Kühn Lüer Wojtek und am Kölner Standort der Sozietät tätig.