Finanzen persönlich

Manager sollten Pflicht-Selbstbehalt absichern

Police parallel zur D & O-Versicherung möglich - Haftung bis zum Eineinhalbfachen des Jahresgehalts - Unterschiedliche Angebote am Markt

Manager sollten Pflicht-Selbstbehalt absichern

Von Ellen Bocquel Die Vergütungssysteme von Managern sind nicht erst in Krisenzeiten wie diesen ins Gerede gekommen. Doch jetzt soll das neue Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG, s. Kasten) für mehr Angemessenheit und Gerechtigkeit sorgen. Für Vorstände und Aufsichtsräte und die Chefs in den Führungsetagen anderer Unternehmensformen gelten bereits seit Anfang August strengere Regeln. Es besteht daher dringender Handlungsbedarf. Anpassungen nötigAuch die Versicherungsbranche muss reagieren. Weil es Ziel des neuen Gesetzes ist, die Spitzenmanager noch stärker persönlich in die finanzielle Verantwortung zu nehmen, kommt die D & O-Versicherung (engl. Directors’ and Officers’ Liability), eine Manager-Haftpflichtversicherung, ins Spiel. Was bisher in der D & O-Versicherung von Unternehmen eher die Ausnahme war, muss im Zuge des VorstAG zur Regel werden: ein Pflicht-Selbstbehalt für jeden Manager bis zur Höhe des Eineinhalbfachen seines festen Jahresgehalts. Diesen Selbstbehalt können die Chefs mit einer sogenannten Selbstbehalts- oder SB-Versicherung auf eigene Kosten abermals versichern. Damit werde der finanzielle Schuldanteil der Manager ausgehöhlt, sagen Kritiker des neuen Gesetzes.Unterdessen bieten hierzulande bereits einige Industrieversicherer passende Tarife an. Die Jahresprämie für die Sonderdeckung Selbstbehalt kann je nach Anbieter von 200 Euro bis 40 000 Euro reichen. Es werden unterschiedliche Varianten als Zusatz oder auch als integrierte Lösung in der bestehenden D & O-Versicherung angeboten. Doch zum Teil rechnen die großen D & O-Versicherer noch und können weder Beispiele noch Zahlen nennen. “Wir befinden uns derzeit in der Produktentwicklung, die noch nicht abgeschlossen ist”, heißt es bei einem der Marktführer, der Allianz. Bezüglich Ausgestaltung und Preis könne man noch keine Aussagen machen.Anderes hört man von der Chubb Insurance Company of Europe (www.chubb.com), die Mitte der achtziger Jahre als Erste die D & O-Versicherung auf den deutschen Markt brachte. “Chubb möchte gerade aufgrund der Vielzahl der ungeklärten Rechtsfragen, die durch das Gesetz entstanden sind, transparenten, schlanken und rechtssicheren Versicherungsschutz anbieten”, sagt Chubb-Manager Bijan Daftari. Der Paragraph 93 Abs. 2 des Aktiengesetzes verlange von Unternehmen, auf die diese Vorschrift Anwendung finde, dass ein Selbstbehalt in zugunsten von Vorstands- mitgliedern bestehende D & O-Verträge integriert werde.”Wir haben aus diesem Grund eine besondere Vereinbarung vorgesehen, die in betroffenen D & O-Verträgen ohne weitere Risikoprüfung oder zusätzliche Aufwände dokumentiert werden kann.” Noch in der EntwicklungAuch bei der Ace European Group Limited Direktion für Deutschland (www.aceeurope.de) steckt ein passendes Produkt “konzeptionell noch in der Entwicklung”. Deshalb könne sie zum Prämienniveau noch nichts sagen. Zu den Produktinhalten gibt der Versicherer Auskunft. Dabei hält Ace-Manager Markus English mit seiner Kritik am VorstAG nicht hinterm Berg. “Bezüglich der Regelung zum Selbstbehalt für Vorstandsmitglieder in der D & O-Versicherung ist das Gesetz klar wie das Orakel von Delphi.” Was sich der Gesetzgeber mit dem VorstAG gedacht habe, könne man nur mit dem Vorhaben, den Wahlkampf zu gewinnen, erklären.Das Argument, der Selbstbehalt wirke verhaltenssteuernd, lasse sich jedenfalls aus den Erfahrungen mit der Selbstbehaltforderung des Corporate Governance Kodex nicht begründen, obgleich mehr als die Hälfte der börsennotierten Aktiengesellschaften eine solche Selbstbehaltregelung, die dem Kodex entspricht, schon vor Inkrafttreten des VorstAG hatten. “Nun hat der Gesetzgeber die Versicherbarkeit des Selbstbehalts nicht ausdrücklich verboten und sich damit die eigene Glaubwürdigkeit endgültig entzogen.” Nicht voll überzeugtZwar ist Ace von der tatsächlichen Notwendigkeit eines klassischen Risikotransfers des Vorstandsselbstbehalts nicht voll überzeugt – schließlich kann der Selbstbehalt auf das 1,5-Fache der Fix-Vergütung begrenzt werden. Dennoch arbeite Ace hier an einem vollwertigen Konzept, sagt Markus English. “Entscheidend für uns ist, neben der Programm-D & O-Versicherung der Aktiengesellschaft den Mitgliedern des Vorstandes als natürliche Personen eine zusätzliche Versicherungssumme zur Verfügung zu stellen, welche dann auf die Entschädigungsleistung tatsächlich die versicherte Selbstbeteiligung auskehrt und das betroffene Vorstandsmitglied freistellt.” Details zum Prämienniveau gebe es später. Zwei LösungenHDI-Gerling (www.hdi-gerling.de) bietet gleich zwei Lösungen – eine D & O für Unternehmen und zusätzlich als Einzelpolice eine persönliche D & O-Versicherung für Organmitglieder von Unternehmen, heißt es bei dem Industrieversicherer. Das HDI-Gerling-Produkt stellt ein separates Deckungslimit zur Verfügung und bietet weitgehend unabhängig von einer Unternehmens-D & O zusätzlichen Versicherungsschutz.Bei der Prämienkalkulation für die Einzelpolice seien viele Faktoren zu berücksichtigen, teilt HDI-Gerling mit. Neben der Funktion des entsprechenden Organmitglieds spielten insbesondere die Größe des Unternehmens sowie die Branche, etwaige Börsennotierungen der Gesellschaft oder eine mögliche US-Kapitalmarkt-Exponierung eine Rolle. “Im Ergebnis ist so beispielsweise bei einer Versicherungssumme von 1 Mill. Euro für die versicherte Person eine Prämienbandbreite ab 2 000 Euro bis in den fünfstelligen Bereich möglich”, sagt HDI-Gerling-Pressesprecher Christoph Groffy. Schnell reagiertAlois Lattwein, der sowohl den Bereich Haftpflichtversicherung der R+V Versicherung (www.ruv.de) als auch die D & O-Arbeitsgruppe im GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft leitet, hat als einer der Ersten auf das neue Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung reagiert: “Sämtliche Unternehmen, für die die gesetzliche Regelung gilt, also nicht nur die Aktiengesellschaften, wurden von uns angeschrieben und über die notwendige Anpassung des D & O-Vertrags sowie über die Möglichkeit, den Selbstbehalt eigens abzusichern, informiert.”Der Wiesbadener Versicherer habe eine ebenso pragmatische wie transparente Lösung gefunden, bei der der Versicherungsschutz unangetastet bleibe. “Wir sehen uns weder zu einer restriktiveren Zeichnung solcher Risiken veranlasst, noch wollen wir die Einführung des Pflicht-Selbstbehalts zu Prämienerhöhungen nutzen.”Bei der R+V kann in Kombination mit der D & O-Versicherung des Unternehmens jedes Organmitglied seinen Selbstbehalt über einen eigenständigen Vertrag zu einer sehr moderaten Jahresprämie pauschal absichern. Im Gegensatz zu anderen Produkten ist bei der R+V nach eigenen Angaben weder eine jährliche Vertragsanpassung erforderlich, noch “müssen wir den Manager jährlich nach der Höhe seiner Vergütung fragen”. D & O-Vertrag und SB-Versicherung passen sich automatisch den laufenden Veränderungen an. Möglich werde dies durch die rechtlich zulässige Koppelung von D & O- und SB-Versicherung.Der Versicherungsumfang der SB-Police folge vollständig dem des D & O-Hauptvertrags, sodass es keinerlei bedingungsgemäße Deckungslücken zwischen beiden Verträgen gebe, heißt es bei der R+V. Unnötige Vertragsanpassungen würden damit vermieden, und gerade auch im Falle eines Ausscheidens aus dem Unternehmen werde der erforderliche Versicherungsumfang für den Manager gewährleistet. Vorstände sollen haftenLattwein nennt dazu ein Beispiel, bei dem im Schadenfall gleich zwei Vorstandsmitglieder zur Rechenschaft gezogen werden sollen: Die Versicherungssumme des D & O- Hauptvertrags beträgt 10 Mill. Euro, die Schadenhöhe 5 Mill. Euro. Vorstand A und B müssten jeder einen Selbstbehalt von 500 000 Euro übernehmen. Vorstand A hat eine SB-Versicherung bei R+V, Vorstand B hat keine. Die R+V ersetzt den vollen Schaden (hier 5 Mill. Euro) und greift für die Selbstbeteiligung bei Vorstand A auf die SB-Police zurück, die ihre Kapazität aus dem D & O-Hauptvertrag erhält. Vorstand B wird persönlich zur Kasse gebeten. Der Versicherer führt diesen Betrag dem D & O-Hauptvertrag wieder zu. Sollte er nicht solvent sein, trägt die R+V das Ausfallrisiko.An dem Prämiengefüge des D & O-Hauptvertrags ändere sich nichts. Wird die Leistung aus der SB-Versicherung auf diejenige aus der D & O-Versicherung angerechnet, bietet die R+V die SB-Versicherung zu einer Prämie ab 200 Euro an. Bis zu 40 000 Euro”Soll der Versicherungsschutz für den Selbstbehalt ausschließlich über die SB-Versicherung dargestellt werden, was eine Vielzahl vermeidbarer Probleme und bisher nicht geklärter versicherungsrechtlicher Fragestellungen aufwirft, so liegen die Versicherungsprämien, in Abhängigkeit von Versicherungssumme und Unternehmensgröße, um ein Vielfaches höher”, sagt Lattwein. Genannt werden Prämien von bis zu 40 000 Euro.