RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: MARC SCHÜFFNER

Medizinisches Cannabis in engem Rechtsrahmen erlaubt

Gravierende Sanktionen bei Verstößen gegen Betäubungsmittelvorgaben

Medizinisches Cannabis in engem Rechtsrahmen erlaubt

Herr Schüffner, die Nachfrage nach medizinischem Cannabis steigt. Auf welcher rechtlichen Grundlage kann Einfuhr und Produktion ablaufen?Medizinal-Cannabis ist sowohl ein Betäubungs- als auch ein Arzneimittel. Man benötigt daher Erlaubnisse nach dem Betäubungs- und dem Arzneimittelrecht. Für den Import ist betäubungsmittelrechtlich eine Betäubungsmittelverkehrserlaubnis erforderlich. Daneben tritt jeweils eine Einfuhrgenehmigung für jeden Bezug. Arzneimittelrechtlich bedarf es für den Import aus einem Drittland eine Einfuhrerlaubnis. Daneben ist zusätzlich ein Einfuhrzertifikat oder eine Ersatzbescheinigung notwendig. Im Einzelfall wird zusätzlich eine Großhandelserlaubnis benötigt. Sowohl aus dem Betäubungsmittelrecht als auch aus dem Arzneimittelrecht ergeben sich über die genannten Zulassungserfordernisse hinaus Anforderungen an den Umgang mit Cannabis. Dazu zählen etwa Anzeige- und Mitteilungs- sowie Aufzeichnungspflichten. Welche Vorgaben gibt es für die Produktion?Die Produktion und der Absatz von produziertem Cannabis setzt eine betäubungsmittelrechtliche Betäubungsmittelverkehrserlaubnis, eine arzneimittelrechtliche Herstellungserlaubnis sowie die erfolgreiche Teilnahme an einer Ausschreibung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) voraus. Welche Sanktionen gibt es bei Verstößen gegen die rechtlichen Rahmenbedingungen?Die Sanktionen können gravierend sein: Bei Verstößen gegen betäubungsmittelrechtliche Anforderungen drohen Geldbußen sowie strafrechtliche Konsequenzen, die auch mehrjährige Freiheitsstrafen umfassen können. Arzneimittelrechtliche Verstöße können je nach Schwere des Falles ebenfalls Freiheitsstrafen nach sich ziehen. Wer darf medizinisches Cannabis verkaufen?Die beim Bundesinstitut für Arzneimittel eingerichtete Cannabisagentur schreibt die zu beschaffenden Mengen an Cannabis zu medizinischen Zwecken aus. Sie vergibt Aufträge an Anbauer in Deutschland über die Belieferung mit Cannabis und schließt mit diesen zivilrechtliche Liefer- beziehungsweise Dienstleistungsverträge. Mittlerweile wurde für einen Zeitraum von vier Jahren der Zuschlag für Anbau, Ernte und Verarbeitung von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland über insgesamt 7 200 kg erteilt. Die Cannabisagentur verkauft den medizinischen Cannabis anschließend an Hersteller von Cannabisarzneimitteln, Großhändler oder Apotheken weiter. Anbauer, Hersteller, Großhändler und Apotheken müssen über die erforderlichen betäubungs- und arzneimittelrechtlichen Erlaubnisse und Zulassungen verfügen. Welche rechtlichen Voraussetzungen gibt es für Ärzte, die Cannabisblüten verschreiben wollen?Im Jahr 2017 wurde die Verschreibung von Cannabis in Form von getrockneten Blüten und Extrakten zu medizinischen Zwecken ermöglicht. Die Verschreibung, Verabreichung oder Verbrauchsüberlassung ist einem Arzt seitdem möglich, wenn die Anwendung am oder im menschlichen Körper begründet ist und der beabsichtigte Zweck nicht auf andere Weise erreicht werden kann. Die Verschreibungshöchstmenge von Cannabisextrakt in pharmazeutischer Qualität liegt bei 1 000 mg innerhalb von 30 Tagen (bezogen auf den THC-Gehalt). Für Cannabis in Form von getrockneten Blüten ist eine Höchstmenge von 100 g innerhalb von 30 Tagen vorgesehen. Übernehmen die Krankenkassen die Erstattung?Unter bestimmten Voraussetzungen können die Kosten für Cannabisarzneimittel von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden. Dies gilt für schwerwiegend erkrankte Versicherte, wenn eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht oder im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung des behandelnden Arztes nicht zur Anwendung kommen kann. Darüber hinaus muss die Aussicht auf eine spürbare, positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome bestehen. Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für einen Versicherten der Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Behandlung zu erteilen ist. Dr. Marc Schüffner ist Partner von Görg. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.