Immobilien - Gastbeitrag

Mehr Rechte für Anleger bei Liquidation offener Fonds

Börsen-Zeitung, 21.10.2010 Trotz deutlicher Verbesserung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage stehen offene Immobilienfonds nach wie unter Druck. Bedingt durch den Werteverfall bei Immobilienvermögen ist bei einigen Fonds die Anteilsrücknahme noch...

Mehr Rechte für Anleger bei Liquidation offener Fonds

Trotz deutlicher Verbesserung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage stehen offene Immobilienfonds nach wie unter Druck. Bedingt durch den Werteverfall bei Immobilienvermögen ist bei einigen Fonds die Anteilsrücknahme noch immer ausgesetzt. Ein erster Fond hat vor kurzem die Abwicklung angekündigt.Die Bundesregierung hat im Rahmen des Entwurfs des Gesetzes zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts eine Reform der für offene Immobilienfonds geltenden Regelungen des Investmentgesetzes auf den Weg gebracht. Der Reformgedanke des Gesetzgebers ist zu begrüßen. Es verbleiben jedoch offene Fragen bei der Anwendung, insbesondere für Anleger, deren Vermögen in offenen Immobilienfonds gebunden ist und die mit einer Abwicklung ihres Fonds rechnen müssen.Außer dem Recht auf Anteilsrückgabe stehen dem Anleger nach dem derzeitigen Investmentgesetz keine weiteren Rechte zu. Insbesondere ist die Möglichkeit zur Bildung eines Gläubigerorgans derzeit nicht vorgesehen. Auch die Vertragsbedingungen sehen typischerweise keine weiteren Rechte vor, die eine Einflussnahme des Anlegers auf den Fonds erlauben. Bei berechtigter Aussetzung der Anteilsrücknahme werden bisher von der Rechtsprechung auch keine Schadensersatzansprüche gewährt (LG Frankfurt, Urteil vom 19. 12. 2006, 2-19 O 124/06). Es steht Anlegern natürlich frei, sich zu organisieren, um auf dem Verhandlungsweg einvernehmliche Lösungen mit den Fonds zu erzielen. Klarere Regeln Fonds, denen es innerhalb der bis zu zweieinhalb Jahre andauernden Rücknahmeaussetzungen nicht gelingt, die zur Rücknahme angebotener Anteile erforderliche Liquidität zu beschaffen, sollen klareren Regeln für ihre Abwicklung unterliegen. Der Gesetzesentwurf sieht insoweit eine sachlich beschränkte Mitsprache bei der Verwertung und im Falle der Rücknahmeaussetzung wegen Liquiditätsmangel eine Art Stufenplan vor.Die Schließung kann zunächst bis zu einem Jahr erfolgen, wobei innerhalb der ersten sechs Monate noch keine Immobilien veräußert werden sollen. Reicht die Liquidität auch nach einem Jahr nicht aus, um alle rückgabewilligen Anleger auszuzahlen, kann die Rücknahme für ein weiteres Jahr und danach für maximal weitere sechs Monate ausgesetzt werden. Veräußerungen haben stets zu angemessenen Bedingungen zu erfolgen und können im zweiten Jahr nach der Rücknahmeaussetzung den vom Sachverständigenausschuss ermittelten Wert um 10 % unterschreiten und danach, also nach Ablauf des zweiten Jahres, um 20 %, es sei denn die Anlegerversammlung stimmt durch Mehrheitsbeschluss einem höheren Abschlag zu.Anleger können sich insoweit organisieren und in Anlehnung an das kürzlich reformierte Schuldverschreibungsgesetz auch einen gemeinsamen Vertreter bilden. Der Reformvorschlag greift an dieser Stelle aber zu kurz. Ein richtig positionierter gemeinsamer Vertreter kann die Rechte der Anleger stärken, indem er zum Beispiel Vorschläge zur ordnungsgemäßen Abwicklung des Fonds ausarbeitet und unterstützend daran mitwirkt. Gleichzeitig verhindert er so Notverkäufe und stärkt den Wert des Fondsvermögens. Keine echte EinflussnahmeDie Möglichkeit einer echten Einflussnahme im Interesse aller Anleger bietet der Gesetzentwurf aber nicht. Neben den Zustimmungsrechten beim Verkauf unterhalb von Verkehrswerten sieht der Gesetzesvorschlag keine weitere Möglichkeit zur Einflussnahme durch Anleger vor. Eine gemeinsame Abwicklung des Fonds durch die verwaltende Gesellschaft und die Anleger zusammen zieht der Gesetzentwurf nicht einmal in Betracht. Damit ist eine Chance vertan, Anreize an durch die faktisch sehr langen Mindesthaltefristen abgeschreckte institutionelle Anleger zu senden, weiterhin in offene Fonds zu investieren.Ein weiteres Problem ist die durch die vorgesehene Mindesthaltefrist nach dem Ersterwerb vorprogrammierte Rückgabewelle am ersten rechnerischen Rückgabestichtag. Zudem wirft die Mindesthaltefrist auch verfassungsrechtliche Bedenken auf, wenn Anleger bei drohendem Werteverfall ihr Investment nicht versilbern können. Hier könnten allerdings strukturierte Produkte zur Absicherung entstehen und Abhilfe schaffen.Sinnvoller und im Interesse von Fonds und Anlegern erscheint die Möglichkeit, eine abgestimmte Liquidation des Fonds-Sondervermögens durch die strukturierte Rückgabe der Anteile beispielsweise durch einen unabhängigen Treuhänder anstelle der individuellen Ausübung einzelner Rückgaberechte vorzusehen, um nach Ablauf der Rücknahmeaussetzung einen weiteren Werteverfall durch einen Wettlauf der zur Rückgabe berechtigten Anleger zu vermeiden.