Finanzen persönlich

Mit dem Lottogewinn fängt die Arbeit erst richtig an

Das Füllhorn von Fortuna will mit Augenmaß angelegt sein - Value at Risk und Altersvorsorge als Entscheidungsparameter

Mit dem Lottogewinn fängt die Arbeit erst richtig an

Von Horst Schneider *) Besitz macht Sorge. Das wussten schon die alten Philosophen. Aber wer würde sich nicht gerne sorgen, wenn ein Anruf der staatlichen Toto-Lotto-Zentrale den gewohnten Alltag nachhaltig verändert? 122 neue Lotto-Millionäre gab es allein 2007. Aber was tun, wenn der Geldsegen über einen hereinbricht?Ein Ehepaar, das sich über den Lottogewinn von 1 Mill. Euro mächtig freut, macht sich entsprechende Gedanken. Als Bankangestellter mit einem Einkommen von 100 000 Euro im Jahr weiß der Gewinner, dass die Summe klug angelegt sein will. Das Paar verfügt über eine kurzfristige Liquiditätsrücklage von 6 000 Euro und hat 50 000 Euro in Aktienfonds angespart. Für die Altersvorsorge existieren neben der gesetzlichen Rente eine Riester-Rente mit Maximalbeitrag und eine Lebensversicherung alten Rechts mit einer Ablaufleistung von 100 000 Euro. Ziel ist es, bereits mit 60 Jahren in den Ruhestand zu gehen. Die Eheleute leben mit ihren zwei Kindern in einer Mietwohnung. Den Lottogewinn wollen sie überwiegend konservativ angelegen, wobei die Sicherung des Einkommensniveaus im Alter Priorität hat. Außerdem möchten sie in ein eigenes Haus umziehen. Kurz- vs. langfristige WünscheDer Vermögensberater des Ehepaars entwickelt ein ganzheitliches Finanzkonzept, bei dem er zunächst die kurzfristigen Wünsche von den mittel- und längerfristigen separiert. Natürlich ist Konsum heute mehr wert als der Konsum in der Zukunft. Dieser alten ökonomischen Binsenweisheit Rechnung tragend, zweigt das Paar von dem Lottogewinn 70 000 Euro für die schönen Dinge des Lebens ab. Für das Traumhaus stellt es 400 000 Euro bereit. Hiervon verspricht es sich erstens die Entlastung von den laufenden Mietzahlungen und zweitens einen Schutz vor der wieder erstarkenden Inflation. Gleicher EinkommensstromDer Berater überlegt, wie ein optimales Konzept ausgestaltet sein muss, damit es dem Ehepaar langfristig den gleichen Einkommensstrom generiert, den es heute bereits genießt. In der Beratung ermittelt er gemeinsam mit dem Ehepaar, welches Risiko es hierfür zu tragen bereit ist. Denn die Risikobegrenzung ist seine zentrale Steuergröße für das Finanzkonzept. Als Maß hierfür zieht er das Verlustrisiko oder Value at Risk (VaR) heran. VaR beschreibt, dass mit einer 95-prozentigen Wahrscheinlichkeit eine bestimmte, statistisch berechnete Verlustgrenze nicht überschritten wird. Die mit dem Kunden festgelegte Verlustgrenze korrespondiert mit einer maximalen Erwartungsrendite. Nach einer Aufstockung der Liquiditätsreserve auf 30 000 Euro, dem Hauskauf und dem Geld für die kurzfristigen Wünsche ist rund die Hälfte des Lottogewinns verplant. Zur Absicherung der Altersvorsorge und zur Finanzierung des vorzeitigen Ruhestands schließt das Ehepaar eine Basisrente mit einem monatlichen Beitrag von 2 250 Euro ab. Die Beiträge in die Basisrente belasten das Nettoeinkommen nicht, da sie aus dem Vermögen finanziert werden. Die weiteren Anlagen teilt der Berater in vier Module mit unterschiedlichen Zielen und Fristigkeiten auf (siehe Grafik).Insgesamt fließen 223 000 Euro in ein erstes, kurzfristiges Modul, das auf einem Geldmarktprodukt basiert. Davon entfallen 70 000 Euro auf die geplanten kurzfristigen Konsumausgaben und 30 000 Euro auf die vorgesehene Liquiditätsreserve. Mit den verbleibenden 123 000 Euro finanzieren die Eheleute die Beiträge für die Basisrente in den ersten fünf Jahren. Beim zweiten Baustein handelt es sich um einen konservativen Superfonds mit Multi-Asset-Ansatz, der einen Value at Risk von – 2 % und eine maximale Erwartungsrendite von 6,3 % aufweist. Der Vorteil des Superfonds liegt darin, dass er einerseits in sämtliche Anlageklassen investieren kann und andererseits bei der Anlage 2008 Kursgewinne langfristig steuerfrei sind. Für diese Anlage sind 206 000 Euro des Gewinns vorgesehen, von denen 146 000 Euro für die Finanzierung der Basisrente zwischen dem sechsten und fünfzehnten Jahr dienen. Rund 60 000 Euro sind für die mittelfristige liquide Anlage gedacht.Aufgrund des langfristigen Anlagehorizonts von mehr als 15 Jahren entscheidet sich das Ehepaar beim dritten Modul für einen Superfonds mit einem VaR von – 6 %; damit ist eine Erwartungsrendite von 7,1 % verbunden. Insgesamt legen die Lottogewinner in diesem Baustein 127 000 Euro an, die später unter anderem für das Studium der Kinder zur Verfügung stehen. DiversifikationZur Diversifikation des Anlageportfolios empfiehlt der Berater, die verbleibenden 100 000 Euro langfristig in geschlossene Beteiligungen bestehend aus Private Equity, Schiffsbeteiligungen und internationalen Immobilien zu investieren. Die erwartete Rendite liegt zwischen 7 und 10 % pro Jahr; davon kommen jährlich rund 4 000 Euro zur Ausschüttung, die wiederum zur Sicherung der Liquiditätsreserve in das erste Modul fließen. SteuerrückzahlungDer Charme dieser Vermögensaufteilung liegt einerseits in der Auswahl der einzelnen Bausteine über die Parameter Fristigkeit, Risiko und erwartete Rendite. Andererseits hat der Berater besonderen Wert auf die positiven Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Modulen gelegt. So erhält das Ehepaar durch die Investition in die Basisrente eine durchschnittliche monatliche Steuerrückzahlung von rund 700 Euro, die das Nettoeinkommen des Kunden erhöht. Durch die Steuerrückzahlung und den Wegfall der Mietzahlungen entsteht eine monatliche Ersparnis von rund 2 500 Euro, die mittels Überlaufgrenze in das erste Modul fließt. Hinzu kommen die jährlichen Ausschüttungen aus den geschlossenen Beteiligungen, die ebenfalls in das Geldmarktprodukt eingehen. Da auch im ersten Modul eine Überlaufgrenze vorgesehen ist, fließen die Mittel, die 30 000 Euro überschreiten, der ertragreicheren langfristigen Fondsvermögensverwaltung zu.Wenn sich das Berufsleben dem Ende neigt, verfügt das Ehepaar neben den kurz-, mittel- und langfristigen Anlagen über Nettoeinkünfte auf dem heutigen Niveau und muss sicherlich kein Lotto mehr spielen. Aber es spricht auch nichts dagegen, es trotzdem zu tun. *) Horst Schneider ist Leiter Vermögensmanagement beim Finanzdienstleister MLP.