Finanzen persönlich

Mit Versicherungen die Abgeltungsteuer umgehen

Kapitallebensversicherung bleibt privilegiert - Finanzministerium geht gegen Versicherungsmäntel aus Luxemburg und Liechtenstein vor

Mit Versicherungen die Abgeltungsteuer umgehen

Von Detlef Pohl Das Neugeschäft der deutschen Lebensversicherer war zuletzt eine bessere Fondsrally. 2007 kamen allein bei Fondsrenten 1,03 Mrd. Euro Jahresbeitrag zusammen, ergab eine Studie der Unternehmensberatung Towers Perrin Tillinghast. Dabei schien die Rally längst zu Ende zu sein, wie dramatische Einbrüche im Neugeschäft 2005 und 2006 zeigen. Grund war vor allem das Alterseinkünftegesetz, das mit seinen völlig umgekrempelten Steuerregeln auch die fondsgebundene Kapitallebensversicherung (KLV) beutelte. Im Gegenzug erlebte die fondsgebundene Rentenversicherung einen nie gekannten Aufschwung – vor allem wegen ihrer geringeren Ertragsanteil-Besteuerung. Legales Schlupfloch”Mittlerweile wird beinahe jeder dritte Euro für die Altersvorsorge in fondsgebundene Produkte investiert”, erklärt Marcel Schmitz von Towers Perrin. Über 41 % der Fondspolicen wurden durch die staatliche Riester- und Rürup-Förderung initiiert. Tatsächlich bieten fondsgebundene Rentenpolicen ein legales Schlupfloch, die Abgeltungsteuer zu umgehen. Vor allem im Vergleich zu Sparplänen mit Aktienfonds punktet die Versicherungsrente deutlich (siehe Kasten unten). Hintergrund: Ab 2009 werden Kursgewinne, Dividenden und Zinserträge zu 25 % steuerpflichtig; samt Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer wächst die effektive Belastung der Abgeltungsteuer auf einen Wert zwischen 28 und 29 % der Kapitalerträge. Bisherige Regelung bleibtAnders bei echter Altersvorsorge mit Versicherungen: Bei Kapitallebensversicherungen (KLV) bleibt es beim Halbeinkünfteverfahren und der Besteuerung erst zum Ende der Laufzeit. Das bedeutet: Kapitalerträge sind zu 50 % steuerfrei und damit privilegiert, wenn die Auszahlung frühestens zum 60. Geburtstag erfolgt und über mindestens zwölf Jahre regelmäßige Beitragszahlungen erfolgt waren. Die private Rentenversicherung wird monatlich gering besteuert: Bei Auszahlungsbeginn im Alter von 65 Jahren sind es lebenslang nur 18 % Ertragsanteil, die der Einkommensteuer unterworfen werden.Wer einen Versicherungsmantel um seine Fonds schlägt, kommt selbst im Spitzensteuersatz samt Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer maximal auf 24 % Steuersatz, im Alter deutlich weniger. “Die fondsgebundene Versicherung schneidet ganz überwiegend besser als die Direktanlage in Fonds ab”, sagt Versicherungsmakler Wolfgang Wüller aus Lüdinghausen im Münsterland. Das Gros der Branche bietet Fondspolicen mit Laufzeiten bis zum Alter von 75 oder gar 80 Jahren an, hat Martin Zsohar, Mitglied der Geschäftsleitung beim Analysehaus Morgen & Morgen, beobachtet. “Will ein Kunde in erster Linie eine hohe Performance erzielen, sollte er über das Gros der Laufzeit ohne Garantien arbeiten und erst in den letzten Jahren in Garantiefonds switchen”, empfiehlt Zsohar. Daher stehen im Produktvergleich fondsgebundene Rentenpolicen ohne Garantie im Blickpunkt. Aktuell günstige Angebote kommen insbesondere von kostengünstigen Anbietern wie HUK-Coburg, Hannoversche und Europa. Ein Mann (30), der bis 65 jeden Monat 100 Euro einzahlt und im Vertrag keinerlei Garantien einbaut, kann mit bis zu 424 Euro garantierter Monatsrente rechnen. Unverbindlich werden ihm sogar bis zu 516 Euro in Aussicht gestellt, falls die Fonds durchgängig mit 6 % pro Jahr im Wert steigen (siehe Tabelle rechts). Zahlen fehlen nochOb die Prognosen allerdings aufgehen, kann niemand mit Gewissheit sagen. Eine gesonderte Wertung oder Einbeziehung von Fondspolicen in Ratings von Lebensversicherern ist derzeit noch nicht möglich, “weil es an empirischem Zahlenmaterial bei den Gesellschaften fehlt”, erklärt Manfred Poweleit, Chefredakteur des Branchendienstes Map-Report. Der Boom an Fondspolicen habe erst mit dem Aktiencrash im Jahr 2000 eingesetzt. Um sich von der Abgeltungsteuer fernzuhalten, sind Lebensversicherungen im Prinzip bestens geeignet. Da der Trend jedoch immer mehr zu Policen mit immer weniger Garantien geht, wird in jedem einzelnen Fall auch das Steuerprivileg genauer anzusehen und zu prüfen sein. Exklusive MäntelSeit einiger Zeit sorgen exklusive Versicherungsmäntel für Furore, die vor allem aus Liechtenstein, aber auch aus Luxemburg kommen. Diese Mäntel sind anders gewebt als bei klassischen Fondspolicen hierzulande: Dort kann ein Vermögensverwalter auf einer Versicherungsplattform wie ein Fondsmanager agieren. Der Mantel dient also nur als “Verkleidung” für das eigentlich dahinterstehende Bankdepot. Wobei auch die bei Zwischenverkäufen erzielten Gewinne steuerfrei bleiben, da das ganze Wertpapierportfolio in eine Lebensversicherung übertragen wird. Erst bei Auszahlung bekommt das Finanzamt den hälftigen Anteil der Erträge.Das muss nicht so bleiben. Hinter den Kulissen kursiert bereits der Entwurf eines Rundschreibens des Bundesfinanzministeriums vom 22. August 2008, der klarstellt, welche Lebensversicherungen die steuerlichen Privilegien des Halbeinkünfteverfahrens künftig überhaupt noch verdienen. Im Kreuzfeuer der Kritik stehen vor allem abgekürzte Leibrenten, KLV mit sehr geringem Todesfallschutz und vor allem vermögensverwaltende Versicherungsmäntel – ausgenommen fondsgebundene Versicherungen, die in öffentlich vertriebene Investmentfondsanteile investieren. Einwände des BundesratsIn der Begründung des Bundesrats zum Jahressteuergesetz 2009 vom 19. September 2008 heißt es: “Bei Lebensversicherungen mit individueller Vermögensverwaltung wird keine Versicherungsleistung garantiert. Die Kapitalanlage ist anders als bei den Fondspolicen nicht auf Investmentfondsanteile beschränkt, sondern in nahezu jeder depotfähigen Kapitalanlageform möglich.” Vermögensverwaltende Policen sollten daher von den Steuerprivilegien ausgenommen werden, fordert der Bundesrat. In diesem Zusammenhang plädiert die Länderkammer dafür, steuerliche Mindeststandards für die Anforderungen an die Risikoleistung aus einer Kapitalversicherung festzulegen. Hier zeichnet sich Einigkeit bis hin zum Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ab. Der nebulöse “nennenswerte” Todesfallschutz, der für Abschlüsse seit dem 22. Dezember 2005 vorhanden sein muss, soll nun durch einen Mindesttodesfallschutz bei der Kapitallebensversicherung von 50 % der vertraglich vorgesehenen Prämien ersetzt werden. Vor dem 22. Dezember 2005 galt Steuerfreiheit für Policen ab einem Mindesttodesfallschutz von 60 % der Gesamtbeiträge. Das Jahressteuergesetz 2009 dürfte kaum vor Mitte November 2008 abschließend beraten sein. Klar scheint, dass die Versicherer aktuell überwiegend gar keine Steuerpflicht sehen. So hat Marktführer Allianz in einer Notiz an den Vertrieb sogar Entwarnung gegeben: Beim Kerngeschäft, den Rentenversicherungen, nenne man bei Fondspolicen von Anfang an einen Rentenfaktor und bei den klassischen Produkten eine Garantierente, was schon heute den vom Bundesfinanzministerium angeregten Änderungen entspreche. Änderung ab Stichtag?Zudem rechnet der Marktführer Allianz damit, dass die avisierten Korrekturen nur für Vertragsabschlüsse ab dem Stichtag gelten, an dem das BMF-Schreiben veröffentlicht wird. Demnach wird Bestandsschutz für vorher getätigte Abschlüsse angenommen. Im Rundschreiben-Entwurf des Bundesfinanzministeriums heißt es: “Diese Regelungen sind auf Auszahlungen nach Veröffentlichung dieses Schreibens im Bundessteuerblatt anzuwenden.” Tückisch ist jedoch der Nachsatz, dass bei Altverträgen eine steuerpflichtige Erlebensfall-Leistung nur vorliegen kann, wenn die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach dem Recht vom 31. Dezember 2004 fehlen. Demnach wären für das Steuerprivileg aber mindestens 60 % Todesfallschutz nötig.