Müllberge sorgen für Gewinne
Von Armin Schmitz, Frankfurt In Europa fallen jedes Jahr mehr als 1,8 Milliarden Tonnen Abfall an. Bisher gelangt weniger als ein Drittel davon ins Recycling. Doch Müll ist ein einträgliches Geschäft. Altpapier, Glas, Schrott und Altkunststoff sind unersetzlich für die Rohstoffversorgung der internationalen Wirtschaft. Der Umsatz der rund 4 500 deutschen Unternehmen für Abfallsammlung, Stofftrennung, Müllaufbereitung und Recycling wird auf rund 50 Mrd. Euro geschätzt. Das ist soviel wie in keinem anderen Land auf der Welt. Aufgrund neuer Umweltgesetze steigen in vielen europäischen Haushalten und vor allem bei städtischen Kommunen die Wasser- und Müllkosten kontinuierlich an. Durch technischen Fortschritt und höhere Auflagen überlassen die Städte und Gemeinden das Geschäft zunehmend den großen Gesellschaften. Klamme Kommunen verkaufen ihre Abwasserreinigungsanlagen oder suchen Partner für ihre Stadtwerke. Davon profitieren Unternehmen wie Veolia Environnement . Der französische Konzern hat als Weltmarktführer 2007 mit Wasser-, Müll-, Energie- und Transportdienstleistungen einen Umsatz von 32,6 Mrd. Euro erzielt. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15 befindet sich die Bewertung im Bereich des Mittelfeldes der Vergleichsgruppe. Allerdings hat Veolia aktuell eine Gewinnwarnung für das Geschäftsjahr 2008 gegeben. Aufgrund des hohen Ölpreises und ungünstiger Währungseffekte sieht das Unternehmen Schwierigkeiten, das Ziel eines Gewinnwachstums von mindestens 10 % für 2008 zu erreichen. Der Aktienkurs antizipiert diese Probleme und befindet sich in einem Abwärtstrend, so dass es für einen Einstieg noch zu früh ist. Mit ihrer Tochter Suez Environnement wird die Suez im Juli einen großen Konkurrenten von Veolia an die Börse zu bringen. Es wird wahrscheinlich das größte IPO in Frankreich in diesem Jahr sein. Der Abfallentsorger setzte im vergangenen Jahr 12 Mrd. Euro um. Das Ergebnis vor Steuern und Abschreibungen (Ebitda) betrug 2,1 Mrd. Euro. Bis 2010 prognostiziert das Unternehmen ein jährliches Wachstum von mindestens 5 %. Die Branche gilt wegen der langfristigen Service-Verträge als attraktiv, weil sie dadurch relativ resistent gegenüber konjunkturellen Schwankungen ist. Unterstützung finden die europäischen Entsorger durch eine neue Regelung, die vom Europäischen Parlament vor wenigen Tagen verabschiedet wurde, wonach bis zum Jahr 2020 die Hälfte des Hausmülls wiederverwertet werden soll. Für Bauschutt liegt das Ziel bei 70 %. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen nun Programme zur Abfallvermeidung auflegen. Bis 2012 soll das gesamte Müllaufkommen im Vergleich zum Jahr 2009 stabilisiert werden. FusionsgesprächeEine Verschärfung der Umweltschutzauflagen im Rahmen der Klimaschutzdebatte ist auch in den USA zu beobachten. Das Potenzial ist riesig. So wird der Umsatz der privaten Abfallwirtschaft in der weltweit größten Volkswirtschaft auf 52 Mrd. Dollar taxiert, trotz größerer Einwohnerzahl also immer noch geringer als der Umsatz in Deutschland. Doch die Branche ist in Bewegung. Noch entfallen 26 % des Umsatzes auf den Marktführer Waste Management. Analysten rechnen für das laufende Geschäftsjahr mit einem Anstieg des Gewinns von 8 % auf 2,25 Dollar pro Aktie. Doch die Nummer 2 und 3 der amerikanischen Abfallverwerter, Allied Waste und Republic Service, haben erklärt, in Fusionsgesprächen zu sein. So sollen die Aktionäre von Allied Waste für jeden Anteil 0,45 Aktien der Republic Service erhalten. Aus dem Zusammenschluss würde ein Unternehmen mit einem Umsatzvolumen von mehr als 6,5 Mrd. Dollar hervorgehen. Ein wichtiges Thema ist Elektroschrott und die Entsorgung von Kühlschränken, bei denen Fluorchlorkohlenwasserstoffe entweichen können. Die australische Sims Group ist das weltweit führende Recyclingunternehmen für eisenhaltige und nichteisenhaltige Metalle und Kunststoffe mit über 120 Entsorgungsstätten. Sims entsorgt derzeit rund 450 000 Tonnen Elektro- und Elektronik-Altgeräte sowie andere schwer zu recycelnde Materialien pro Jahr. ÜbernahmekandidatDie Sims-Aktie kann sich derzeit deutlich gegen den Abwärtstrend an der australischen Börse stemmen und strebt von Höchstkurs zu Höchstkurs. Der Konzern hat vor wenigen Tagen seine Prognosen für das Geschäftsjahr 2008 angehoben. So soll der Gewinn um 10 bis 15 % über der Konsensprognose der Analysten von 313 Mill. australischen Dollar liegen. Parallel dazu wird das Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von 4,5 Mrd. Euro als potenzielles Übernahmeziel für größere Metall verarbeitende Konzerne genannt. Eine diversifizierte Anlage in den Sektor ist bisher nur mit Zertifikaten möglich. Von den Banken werden drei Index-Zertifikate angeboten, die sich mit dem Thema befassen. Das SGI Global Waste Management TR Index-Zertifikat der Société Générale (DE000SG02WM9) und das S-Box Waste Management Index-Zertifikat der Citigroup (DE000CG46QN0) basieren auf der Entwicklung der größten Unternehmen aus den Bereichen Abfallmanagement, Entsorgung und Recycling. Mit demTopGreenBond 1 (DE000SG5YET) können Anleger an dem in Deutschland nicht zum Vertrieb zugelassenen Dynamic Environment Fund mit einer Kapitalgarantie partizipieren.