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München top in Europa, Frankfurt floppt

"E-Regi 2009" zeigt Verwerfungen durch Finanzkrise - Städteranking hilft bei Immobilieninvestments

München top in Europa, Frankfurt floppt

Von Ulli Gericke, Berlin Die Finanz- und Wirtschaftskrise rüttelt auch die für Immobilieninvestments interessantesten Städte in Europa durcheinander. Während London als unumschränkte Finanzmetropole der Alten Welt im neuesten “E-Regi 2009” vom ersten auf den schnöden achten Platz der europäischen Spitzenstädte zurückgefallen ist, holt sich München zum ersten Mal die Goldmedaille. Insgesamt ist Deutschland als einziges Land Europas mit vier Städten unter den Top 20 im “E-Regi” (European Regional Economic Growth Index) von LaSalle Investment Management vertreten: Neben der bayerischen Landeshauptstadt sind dies Stuttgart (auf Platz 9), Mannheim/Karlsruhe (15) und – schwer abgeschlagen – Frankfurt auf Position 20 der knapp 100 wichtigsten europäischen Städte und Regionen. Reiche Städte gewinnenWie London leidet auch “Mainhattan” unter der akuten Schwäche des Finanzsektors, die in Frankfurt dazu führte, dass die Stadt um acht Plätze herabgestuft wurde. Gewonnen haben dagegen die Städte, “die über einen historisch gewachsenen Wohlstand verfügen”, betont Claus Thomas, der Geschäftsführer von LaSalle Investment, bei der Erläuterung des jüngsten “E-Regi”. Das Städte- und Regionenranking listet die Orte mit dem größten kurz- und mittelfristigen Entwicklungspotenzial auf, in denen in der Folge auch die Nachfrage nach Immobilien besonders nachhaltig zu werden verspricht. Die starke Stellung der skandinavischen Hauptstädte Stockholm, Oslo und Helsinki sowie Luxemburgs (die alle noch vor dem Vorjahressieger London liegen) bekräftigt die Dominanz reicher Metropolen im wirtschaftlich schwierigen Umfeld.In die Ermittlung des “E-Regi” geht der Wohlstand (als Bruttoinlandsprodukt je Einwohner gemessen) mit einem Gewicht von 20 % ein, genauso wie die Risikokomponenten Steuern, wirtschaftliches und politisches Umfeld sowie die Rechts- und allgemeine Sicherheit. Kein Wunder, dass die erstmals einbezogenen russischen Städte Jekaterinburg, St. Petersburg und Nischni Nowgorod zum letzten Dutzend auf der “Regi”-Liste zählen. Zwar gehört auch Moskau zu diesen Risikostädten, doch übertrumpft die boomende Wirtschaft alle anderen europäischen Regionen, weshalb die russische Hauptstadt auf Anhieb den sechsten Platz erobern konnte. Haben doch die Wirtschaftsprognosen ein Gewicht von 60 % bei der Ermittlung des “E-Regi”-Rankings. Dublin stürzt ins BodenloseDiese große Bedeutung der wirtschaftlichen Zukunft sowie der Forschung und Entwicklung hat in den Vorjahren mittel- und osteuropäische sowie spanische Städte und Dublin in die Spitzengruppe katapultiert. Die irische Hauptstadt lag 2008 beispielsweise noch auf Platz 5 – nach dem Kollaps außerbilanzieller Special Purpose Vehicles und anderer Finanzspezialitäten, die u. a. deutsche Landesbanken mit Vorliebe von der Dublin Bay aus managten, musste der Finanzplatz aber einen “Rekord-Absturz” um 68 Positionen auf Platz 73 hinnehmen, einen Zähler hinter Sofia.Deutliche Rückschläge mussten auch Barcelona (minus 51 Positionen) und Madrid (- 23) hinnehmen als Folge der drastisch verschlechterten Wirtschaftslage in Spanien. Ähnliches gilt für Mittel-/Osteuropa, wo Budapest (- 48 Zähler), Bukarest (- 36) Breslau (- 60) und Warschau (- 7) sowie alle baltischen Hauptstädte teils deutlich herabgestuft wurden. In Mitteleuropa oder Spanien zu investieren “würde ich mir momentan nicht antun”, lautet denn auch das Votum des Immobilienexperten Thomas. Auch Investments in italienischen Städten – die durchgängig in der schlechteren Hälfte des “E-Regi” zu finden sind – seien “einfach schwierig”. Deutliche SprüngeFür den neuen Spitzenreiter München sprechen nach Meinung von LaSalle Investment neben dem großen Wohlstand die starke und diversifizierte Wirtschaft aus Dax-Konzernen und kleinen Firmen sowie umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Negative Auswirkungen drohten dem Standort lediglich durch seine teilweise Abhängigkeit von der ins Schleudern geratenen Automobilindustrie. Angesichts der starken Exportwirtschaft, die das Land bei einer weltweiten Erholung rasch wieder auf Wachstumskurs bringen sollte, wurde Deutschland von den LaSalle-Experten mit vier Topstädten als stärkster Staat an die “E-Regi”-Spitze gesetzt. Allerdings wackelt Platz 9 von Stuttgart, beeinträchtige den Standort doch die Schwäche Daimlers.Während Mannheim/Karlsruhe, Hamburg (Platz 31) und Düsseldorf (34) mehr oder weniger ihre Stellung halten konnten, litten Frankfurt, Köln/Bonn (30), das Ruhrgebiet (59) und das arme Berlin (64) mächtig unter dem Konjunktureinbruch. Dagegen verbesserten sich Hannover (32), Bremen (36), das Saarland (40), Bielefeld (41) und Leipzig/Dresden (49) um jeweils mehr als zehn Positionen. Italien auf der RutschbahnDie teils deutlichen Sprünge nach oben oder unten sind nicht zwingend und ausschließlich auf das volatilere Umfeld im Gefolge der Finanzkrise zurückzuführen. Im Rückblick auf das vergangene Jahrzehnt ist vielmehr zu beobachten, dass sich – mit Ausnahme der relativ homogenen Top 10 – die jeweils unterschiedlichen Jahreswertungen in mehr oder weniger engen Bandbreiten auf und ab bewegen. Bei den allermeisten deutschen Städten/Regionen sind diese Bänder leicht nach oben gerichtet. In Frankreich zeigen sich in Summe waagerechte Spannen, während die Bandbreiten italienischer Städte schon seit langem und strukturell nach unten gerichtet sind – wobei Rom und Mailand inzwischen nur noch die Plätze 56 und 57 einnehmen. Spanien muss nach einem steilen Aufstieg bis 2006 einen inzwischen ebenso steilen Absturz verkraften. Das schon immer zweigeteilte Großbritannien – London an der Spitze, Manchester, Liverpool, Bristol und Birmingham im guten Mittelfeld – zeigte sich lange stabil. Erst in jüngster Zeit gaben die Notierungen landesweit merklich nach.