Asset Management

"Münzwurf besser als Prognose"

Studie: Banken können Entwicklung der Kapitalmärkte schlecht vorhersagen

"Münzwurf besser als Prognose"

Von Christina Rathmann, Frankfurt Er ist ein Skeptiker des aktiven Managements und ein Kritiker von Banken, die mit ihren Kapitalmarktprognosen regelmäßig daneben liegen. Holger Benke, der für die Kapitalanlagen zuständige Geschäftsführer der Hertie-Stiftung, vergleicht seit Jahren, wie treffsicher Banken die Entwicklung von Dax und Zinsen für das nächste Jahr vorhersagen. Das Resultat ist niederschmetternd: Von 1992 bis 2005 waren unter Berücksichtigung der Kursschwankungen mehr als die Hälfte aller Vorhersagen für den Aktienmarkt falsch oder irreführend; bei der Zinsentwicklung lagen 57 % der Prognosen daneben. “Die einfache Frage, ob der Zins steigt oder fällt, lässt sich also per Münzwurf besser beantworten, als wenn man die Kapitalmarktexperten von Banken befragt”, sagt Benke.Grundlage für seine Analyse sind Prognosen, die jeweils rund 30 Banken für das folgende Jahr anstellten – insgesamt 425 Einzelprognosen.Vor allem die schlechte Trefferquote für die Zinsentwicklung ist für Institutionelle, die meist mehr als die Hälfte ihres Kapitals festverzinslich anlegen, ärgerlich. Statt zu versuchen, ihre Prognosequalitäten zu verbessern, sollten sich Banken und Investoren lieber fragen, wie sie damit umgehen können, dass sich die Zinsentwicklung eben nicht zuverlässig vorhersagen lässt, findet Benke. “Prognoseunabhängige Anlagemodelle wären gut. Außerdem brauchen Controller eine sinnvolle Benchmark, wenn sie die Qualität von Renten-Managern beurteilen sollen.” Schließlich müssten – wenn die Prognosen schon so schwierig seien – wenigstens die Produkte günstig sein, um die Rendite nicht zu schmälern.Das Abschneiden von zwei prognoseunabhängige Strategien in den vergangenen 20 Jahren hat Benke untersucht. Bei der ersten Variante, der sogenannten Einzellaufzeitenstrategie, hätte ein Investor jeweils zu Jahresanfang sein Kapital in Zinstitel mit einer einheitlichen Laufzeit, beispielsweise von fünf Jahren, angelegt. Am Ende des Jahres verkauft er die dann nur noch vier Jahre laufenden Titel, kassiert Kupon und in der Regel Kursgewinn und investiert wieder in Fünfjährige. Damit wäre von 1973 bis 2005 eine Durchschnittsrendite von 7,6 % per annum möglich gewesen. Hätte der Investor für seine Einzellaufzeitenstrategie Dreijährige gewählt, hätte die Performance bei knapp 7 %, bei Zehnjährigen bei 8,4 % im Jahr gelegen. “Die längere Laufzeit führt zwar zu einer höheren Wertentwicklung. Allerdings steigt sie nicht proportional mit der Laufzeit, also dem Risiko. Mehr Performance wird also zu überdurchschnittlich viel Risiko eingekauft.” Sollten die Zinsen in den nächsten zehn Jahren steigen und die Rentenkurse sinken, wäre zu erwarten, dass eine Einzellaufzeitenstrategie mit Zehnjährigen weniger Rendite bringt als mit kürzeren Papieren. “Alles in allem wäre im mittleren Laufzeitenbereich, also bei vier bis fünf Jahren, eine prognosefreie Anlagestrategie möglich, die ein gutes Chance-Risiko-Verhältnis bietet.” Etwas verfeinert wird die Einzellaufzeitenstrategie mit der “Zehn-Zehntel-Strategie”, nach der ein Investor sein Vermögen zu zehn gleichen Teilen auf Laufzeiten zwischen einem und zehn Jahren verteilt und immer am Jahresende anpasst, erläutert Benke. Die Rendite entspricht in etwa der von Einzellaufzeitenstrategien mit mittlerer Duration.Die Zehn-Zehntel-Methode bietet aber drei Vorteile: Erstens werden Transaktionskosten vermieden, weil am Jahresende nicht das ganze Kapital, sondern nur ein Zehntel umgeschichtet wird. Zweitens müssen Kursgewinne nicht sofort bilanziert werden, solange sie nicht realisiert sind und die Titel im Portfolio bleiben. Drittens können auch große Investoren die Zehn-Zehntel-Strategie anwenden, die nicht ihre gesamten Rentenanlagen in Papiere einer Laufzeit stecken können. Die Hertie-Stiftung, die das Verfahren bei ihren Rentenanlagen anwendet, hat damit im vergangenen Jahr eine Performance von rund 4 %, also mehr als den durchschnittlichen Kupon, verdient. Benke zufolge kann die Strategie auch als Benchmark dienen, um aktive Rentenmanager zu bewerten.