Immobilien - Gastbeitrag

Nachfrageboom durch Versicherer vorerst vertagt

Börsen-Zeitung, 13.8.2009 In den vergangenen zwölf Monaten sagten zahlreiche Marktexperten voraus, dass im Jahr 2009 insbesondere institutionelle Investoren wie Versicherungen und Pensionskassen verstärkt in Immobilien investieren würden. Die...

Nachfrageboom durch Versicherer vorerst vertagt

In den vergangenen zwölf Monaten sagten zahlreiche Marktexperten voraus, dass im Jahr 2009 insbesondere institutionelle Investoren wie Versicherungen und Pensionskassen verstärkt in Immobilien investieren würden. Die Immobilienquote sollte deutlich angehoben werden. Dies bestätigten auch Umfragen bzw. Studien von Feri und Ernst & Young.Die Feri-Studie besagt, dass das Immobilienvermögen bei Versicherungen, Banken, Stiftungen und Altersversorgern im Jahr 2011 auf 7,45 % ansteigen soll, verglichen mit aktuell 7 %. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam die Umfrage von Ernst & Young. Allen Umfragen zufolge sollten vor allem Investments in indirekte Immobilienanlagen wie Immobilienspezialfonds folgen. Die Transaktionszahlen für das erste Halbjahr 2009 zeigen jedoch, dass der erhoffte Investitionsboom ausgeblieben ist.Häufig wird das Absinken der Aktienquote als wesentlicher Grund für die Zurückhaltung der Institutionellen genannt. Dadurch steige die Immobilienquote automatisch an, und ein weiterer Investitionsbedarf bestehe nicht mehr. Doch wer sich die Aktienquote bei Versicherern, insbesondere Lebensversicherern ansieht, stellt fest, dass der Aktienanteil traditionell sehr gering ist. Investments in Aktien spielen bei Versicherern schon seit Jahren keine große Rolle mehr. Von 1 Bill. Euro, die Versicherer in Kapitalanlagen investiert haben, waren 2007 gerade einmal etwas mehr als 21 Mrd. Euro direkt in Aktien investiert. In den Jahren 1999 bis 2007 schwankte die Aktienquote nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft zwischen 3,7 und 1,9 %.Die wichtigsten beiden Gründe für die vermeintliche Zurückhaltung der institutionellen Investoren dürften andere sein. Zum einen ist durch die hohe Marktvolatilität im Zinsbereich viel Risikokapital gebunden, und zum anderen investieren deutsche Versicherungen und auch Pensionskassen sehr selektiv und risikoavers in Immobilien. Sie investieren fast ausschließlich in Core-Immobilien. Immobilien in guten Lagen und hoher Qualität stehen in Deutschland allerdings generell selten zum Verkauf, und dies in der derzeitigen Situation ganz besonders. Somit kommt es auch nicht zu den von einigen erwarteten “Schnäppchenpreisen”, dazu verfolgen zu viele Anleger die gleiche Strategie bei zu wenig Angebot. In den vergangenen Monaten haben deutsche Versicherer und Pensionskassen insbesondere in Wohnimmobilien investiert. Wohnungen und dabei vor allem Neubauten gelten als relativ sichere Investments. Aber auch Büro- oder Einzelhandelsimmobilien in guten Lagen sind interessant, die Preise sind stabil oder steigen teils schon wieder.Institutionelle Investoren, die verstärkt im Ausland anlegen wollen, planen dies überwiegend über Investments in indirekte Anlagen wie Immobilienspezialfonds. Um etwa 370 % innerhalb von zehn Jahren wuchs der Anteil der ausländischen Liegenschaften in deutschen Spezialfonds. Fast die Hälfte der Immobilien in den Portfolios der Fonds – 47,4 % – befindet sich laut der jährlich erscheinenden Kandlbinder-Studie außerhalb Deutschlands. Der Löwenanteil der Immobilien liegt dabei in den Staaten der Europäischen Union. Sie machen 42,3 Punkte der 47,4 % Auslandsanteil aus.Indirekte Investments sind dabei für viele Investoren die einzige Möglichkeit, in Immobilien zu investieren, nachdem sie in den Jahren 2006 und 2007 ihre direkt gehaltenen Immobilienbestände gesenkt haben. In diesen Jahren haben viele Assekuranzen Objekte verkauft, um von der damals attraktiven Marktsituation zu profitieren. Dabei wurde auch Personal in Abteilungen für direkt gehaltene Immobilien gestrichen. Das Interesse vieler Versicherer an indirekten Immobilienanlagen ist nun sehr hoch, da diese kaum noch eigenes Personal binden. Versicherer fürchten RisikoDoch bei den indirekten Immobilienanlagen überwiegt ebenfalls ein sehr konservatives Investmentverhalten. Gefragt sind auch hier Investments in Core-Objekte in ausgewählten Ländern. Dazu zählen neben Deutschland europäische Länder wie Frankreich, Benelux oder auch Großbritannien. Osteuropa ist derzeit nicht von Interesse. Auch Investments in Übersee sind deutschen institutionellen Investoren teilweise schwer vermittelbar. Die USA sind für antizyklische Investments interessant, werden jedoch von deutschen institutionellen Investoren derzeit überwiegend gemieden. Das Gleiche gilt für den asiatischen Raum. Im Fokus stehen dagegen Kanada und Australien, die zwar ebenfalls nicht von der Finanzkrise verschont blieben. Diese Länder verfügen jedoch über eine vergleichsweise stabile wirtschaftliche Entwicklung.Wie bei den Direktinvestments werden insbesondere Versicherer und Pensionskassen auch künftig bei den indirekten Immobilienanlagen sehr selektiv vorgehen. Einen Boom, wie von vielen Marktexperten prophezeit, wird es kurzfristig nicht geben – auch nicht im zweiten Halbjahr 2009. Dabei beschränken sie ihre Investitionen auf etablierte Immobilienmärkte, die ein hohes Maß an wirtschaftlicher Stabilität bieten. Bevorzugt werden dabei insbesondere Core-Immobilien.