Immobilien - Gastbeitrag

Nachholbedarf bei B-Städten

Börsen-Zeitung, 17.2.2011 Die Preise für Büro-, Einzelhandels- und Wohnimmobilien steigen derzeit deutlich - vor allem in den guten Lagen der sogenannten A-Städte. Traditionell konzentrieren sich viele institutionelle Investoren wie etwa die offenen...

Nachholbedarf bei B-Städten

Die Preise für Büro-, Einzelhandels- und Wohnimmobilien steigen derzeit deutlich – vor allem in den guten Lagen der sogenannten A-Städte. Traditionell konzentrieren sich viele institutionelle Investoren wie etwa die offenen Immobilienfonds auf wenige deutsche Metropolen. In den meisten Marktberichten kommen andere Standorte gar nicht vor, und es scheint fast so, als könne man attraktive Immobilieninvestitionen nur in München, Hamburg, Köln, Frankfurt, Berlin und Düsseldorf tätigen.Dieser Trend hat sich im vergangenen Jahr sogar noch verstärkt. Investoren suchen vor allem nach “Sicherheit”, und die guten Lagen dieser A-Städte scheinen “Sicherheit” zu versprechen. Wenn jedoch alle Investoren in den gleichen Städten und den gleichen Lagen die gleichen Immobilien suchen, besteht die Gefahr einer Überhitzung und sogar einer Blasenbildung.Ob es langfristig sinnvoll ist, einseitig auf die Metropolen zu setzen, ist höchst fraglich. Die offenen Immobilienfonds, die diese Strategie so konsequent wie keine andere Investorengruppe verfolgt haben, sind damit jedenfalls nicht gut gefahren.Studien können die auf wenige Metropolen fokussierte “Core-Strategie” nicht stützen. Im Gegenteil – sie belegen, dass die Metropolen in der Performance den kleineren Städten deutlich hinterherhinken. So ist der Index von BulwienGesa zur Entwicklung von Mieten und Preisen für Wohn- und Gewerbeimmobilien in den B-Städten in den vergangenen 20 Jahren um 20 % gestiegen, während der Index der A-Standorte bei starken Schwankungen nur um 12 % zulegte. Der jüngsten Büromarkt-Quartalsstudie von Aengevelt zufolge liegt die Leerstandsquote in Frankfurt bei 15,1 % und in Berlin bei 8,9 %. Weniger beachtete Städte melden deutlich niedrigere Leerstandsquoten – Essen beispielsweise 7,5 %, Bremen 3,5 %.Misst man das Risiko eines Investments an der Volatilität der Preise, dann ist ganz offensichtlich, dass die bei institutionellen Investoren beliebten Bürostandorte – wie etwa Frankfurt – deutlich schlechter abschneiden als die weniger beachteten B-Städte.Stehen diesem deutlich erhöhten Risiko auch höhere Renditen gegenüber? Dies trifft nur dann zu, wenn man hier antizyklisch investiert und damit die stark schwankenden Preise mit einem geschickten Timing ausnutzt. Im Durchschnitt sind die Renditen für Objekte in den guten Lagen der A-Standorte jedoch deutlich niedriger als die in den B-Standorten.Dies ist auf den ersten Blick nur schwer zu verstehen, weil normalerweise höhere Renditen einen Preis für das höhere Risiko reflektieren. Warum sind also die Renditen für Immobilien in B-Städten höher, obwohl das Risiko – gemessen in der Volatilität der Mieten und Preise – hier geringer ist?Die Erklärung liegt im Herdenverhalten der Investoren. Ein Immobilieninvestor antizipiert bereits beim Kauf einer Immobilie die Verkaufschancen zu einem späteren Zeitpunkt. Da die Investoren wissen, dass andere Investoren in der Regel ebenfalls die A-Städte gegenüber den B-Städten vorziehen, erwarten sie in den A-Städten eine höhere Marktliquidität, weil die Nachfrage größer ist. Um es überspitzt zu sagen: Die Nachfrage heute ist höher, weil man zum Exit-Zeitpunkt ebenfalls eine höhere Nachfrage erwartet. Umgekehrt sind viele Investoren skeptisch gegenüber B-Städten, weil die Zahl der Nachfrager dort geringer ist. Stabile NachfrageDoch auch wenn die großen institutionellen Investoren in B-Städten bislang tatsächlich weniger vertreten sind, gibt es dort auf der anderen Seite durchaus eine stabile Nachfrage von lokalen Investoren. Diese können den Markt vor Ort gut beurteilen, während deutschlandweit tätige Investoren auf Marktstudien und Research angewiesen sind, die es zu den B-Städten oft nicht gibt.Wenn die Nachfrage nach Immobilien steigt, werden jedoch die B-Städte wesentlich stärker als bisher ins Visier der Investoren geraten. Sie haben letztlich gar keine andere Alternative, weil die Produktverfügbarkeit in den begehrten A-Lagen von A-Städten begrenzt ist. Schon jetzt sind die Renditen in den guten Lagen der A-Städte deutlich gefallen, während in den B-Städten ein hoher Nachholbedarf besteht.