Finanzen persönlich

Neue Abgeltungssteuer beeinflusst Depotstruktur

Rendite von Aktien sinkt, die von Renten steigt - Aktien rentieren langfristig besser - Details noch unklar

Neue Abgeltungssteuer beeinflusst Depotstruktur

Von Ulrich Stephan *) Der 1. Januar 2009 stellt für viele Anleger in Deutschland eine Zäsur dar. Zu diesem Termin plant die Bundesregierung, die sogenannte Abgeltungssteuer einzuführen. Nach derzeitigem Diskussionsstand erhebt der Fiskus künftig eine Pauschalsteuer von 25 % auf Kapitalerträge sowie auf Gewinne aus der Veräußerung von Aktien und Anleihen, die Anleger ab 2009 erwerben. Auf den ersten Blick scheint dieses Datum noch in weiter Ferne zu liegen. Aber es gibt gute Gründe, sich früh genug um dieses Thema zu kümmern. Denn die steuerlichen Änderungen führen zu weitreichenden Verschiebungen der Nachsteuerrenditen. Beispiel Alleinverdiener Ein Beispiel: Ein 40 Jahre alter Mann kommt zu seinem Berater und bittet, seine Anlagen auf die bevorstehenden Auswirkungen zu untersuchen. Der Klient ist verheiratet, Alleinverdiener, und sein zu versteuerndes Jahreseinkommen beläuft sich auf 110 000 Euro. Aus Vereinfachungsgründen bleiben bei der Betrachtung der Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer unberücksichtigt. Der Kunde möchte insgesamt 200 000 Euro in Wertpapieren anlegen, je zur Hälfte in erstklassigen Anleihen und in Blue-Chip-Aktien. Auf Rückfrage erklärt er, dass er langfristig orientiert ist und der Anlagehorizont zehn Jahre beträgt. Der Sparerfreibetrag ist bereits ausgeschöpft.Der Berater errechnet zuerst die Auswirkungen der Abgeltungssteuer für den Rententeil im Portfolio (siehe Tabelle). Der Kunde möchte in zehnjährige Bundesanleihen mit 100 000 Euro Nominalwert investieren, die einen Kupon von 3,75 % aufweisen. Er hätte unter neuem Recht am Jahresende knapp 638 Euro mehr in der Tasche, die Nachsteuerrendite stiege von 2,18 % auf 2,81 %. Steuerfreier VerkaufserlösDie Freude beim Klienten währt nur kurz, denn nun nimmt der Berater die Rechnung für den Aktienteil vor. Mit der historisch recht gut abgesicherten Annahme, dass Aktien im Schnitt 2,5 % Dividende im Jahr und durchschnittliche Kurssteigerungen von 8 % im Jahr bringen, hat der Kunde bei einem Verkauf der Aktien nach zehn Jahren 28 611 Euro Dividenden und einen Kursgewinn von 115 893 Euro steuerfrei realisiert. Die Rendite der insgesamt 144 504 Euro beläuft sich auf 144,5 % insgesamt oder 9,4 % pro Jahr.Nach Einführung der Abgeltungssteuer trübt sich dieses Bild. Die Dividende für Aktien, die der Anleger ab dem 1. Januar 2009 erwirbt, unterliegt komplett der Abgeltungssteuer, so dass von 2 500 Euro im ersten Jahr nur 1 875 Euro zurückbleiben. Das ist ein Minus von 100 Euro im ersten Jahr, das sich über die folgenden Jahre unter Annahme einer mit dem Depotwert steigenden Dividendensumme ausweitet. Nach zehn Jahren verkauft der Klient annahmegemäß das Depot: Der Ertrag reduziert sich durch die Pauschalsteuer von 115 893 auf 86 919 Euro. Die Dividende über die zehn Jahre beläuft sich auf 36 216 Euro, nach Abgeltungssteuer auf 27 162 Euro. In der Summe würde der Klient rund 114 081 Euro an seinem Aktienengagement verdienen. Aus 144,5 % Rendite würden 114,1 % insgesamt oder 7,9 % im Jahr. Der heftige Effekt, den die Abgeltungssteuer bei Aktienkursgewinnen verursacht, überkompensiert die relative Besserstellung im Bereich Anleihen. Rund 6 375 Euro Besserstellung bei der Besteuerung der Anleihen stehen 30 422 Euro aktienbezogene Erträge gegenüber, die in Zukunft beim Fiskus verbleiben. Was tun? Sicherlich wird allein aus dem steuerlichen Betrachtungswinkel heraus ein Engagement in Anleihen interessanter werden, zumindest für Investitionen nach dem 1. Januar 2009. Neue Anlagen beimischenAllerdings sollten Anleger nicht vernachlässigen, dass Aktien langfristig in der Regel eine höhere Rendite erwirtschaften als Anleihen. Im Einzelfall kann es sich durchaus lohnen, Aktienkäufe vor dem 31. Dezember 2008 zu tätigen. Darüber hinaus kann die Beimischung weiterer Anlageklassen wie beispielsweise geschlossener Fonds sinnvoll sein. Generell gilt aber, dass die Verschiebungen der Nachsteuerrenditen unter dem Einfluss der Abgeltungssteuer nicht zu voreiligem Aktionismus verleiten sollten. Denn zum einen sind im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zahlreiche Detailfragen zu klären, die unmittelbaren Einfluss auf die Anlageentscheidung haben. Zum anderen ist es weitaus wichtiger, dass jedes Investment zum individuellen Risiko-Rendite-Profil des Anlegers passt und über verschiedene Anlageklassen breit gestreut ist. *) Dr. Ulrich Stephan ist Leiter Vermögensmanagement beim Finanzdienstleister MLP.