Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Marc Benzler

Neue BaFin-Regelungen erfordern Prüfung der Vergütungssysteme

Gehälter in Banken künftig auch am Gesamterfolg des Instituts auszurichten

Neue BaFin-Regelungen erfordern Prüfung der Vergütungssysteme

– Herr Dr. Benzler, die BaFin hat jüngst ihre Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) neu gefasst. Darin gibt es auch neue Anforderungen an die Vergütungssysteme der Banken. Welche Verträge müssen nun überprüft werden?Eine risikogerechte Vergütung ist Bestandteil des institutsweiten Risikomanagements. Wie zahlreiche internationale Fachgremien sieht auch die BaFin zu Recht einen Zusammenhang zwischen durch Vergütungsregelungen geschaffenen Anreizen für Mitarbeiter und den Risiken, die die abgeschlossenen Geschäfte für das jeweilige Institut begründen. Anders als das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) und der neu gefasste Corporate Governance Kodex gelten die MaRsik grundsätzlich für alle Mitarbeiter. Als aufsichtsrechtliche Verwaltungsvorschriften wirken sich die MaRisk jedoch nicht unmittelbar auf die einzelnen Arbeitsverträge aus.- Wird es künftig noch möglich sein, Mitarbeitern einer erfolgreichen Abteilung hohe Boni zu zahlen, wenn das gesamte Unternehmen in die roten Zahlen rutscht?Ein wichtiges Anliegen der neuen Regeln ist die klare Trennung zwischen der festen und variablen Vergütung. Dies entspricht übrigens auch den internationalen Vorgaben des Financial Stability Board sowie des Committee of European Banking Supervisors, CEBS. Häufig werden nur geringe Festvergütungen vereinbart, sodass die Abhängigkeit von der variablen Vergütung hoch ist und diese daher faktisch nur zu einem geringen Anteil zur Disposition steht. Damit ist die variable Vergütung kein taugliches Korrektiv in wirtschaftlich angespannten Situationen. Die MaRisk verlangen eine an der Strategie und Leistungsfähigkeit des Instituts orientierte risikoangemessene Vergütungssystematik. Das muss nicht zu einer Gleichschaltung aller Abteilungen führen.- Dürfen Boni künftig überhaupt noch an individuellen Leistungskriterien festgemacht werden?Die variable Vergütung muss nach wie vor anhand individueller Leistungskriterien bestimmt werden. Jedoch darf der Beitrag nicht allein an den individuellen Umsatzzahlen gemessen werden. Vielmehr spielen sowohl nichtfinanzielle Faktoren eine Rolle – wie die Beachtung interner Compliance-Regelungen und Kundenzufriedenheit – als auch die mit den einzelnen Geschäften einhergehenden Risiken und Eigenkapitalkosten sowie der Erfolg der entsprechenden Abteilung. Wie die einzelnen Kriterien zu gewichten sind und inwieweit der Gesamterfolg des Instituts zu berücksichtigen ist, obliegt dem Ermessen des jeweiligen Instituts.- Müssen Vergütungsunterschiede gesetzt werden zwischen Mitarbeitern, die Risikopositionen begründen dürfen, und anderen Beschäftigten?Die MaRisk sehen besondere Regelungen für Mitarbeiter vor, die hohe Risikopositionen begründen können. Nach Ansicht der BaFin soll nicht nur am Erfolg, sondern auch am Verlust partizipiert werden. Eine bessere Steuerung des Risikoverhaltens verspricht sich die BaFin dadurch, dass die Vergütung dieser Mitarbeiter auch am Beitrag der Organisationseinheit und am Gesamterfolg auszurichten ist. Ein weiteres und nachvollziehbares Anliegen ist, dass insbesondere die Festvergütung von Mitarbeitern in Kontrollfunktionen, also Teilen des Back Office, entsprechend angepasst wird, damit diese Funktionen mit der entsprechenden Qualität und Unabhängigkeit ausgeübt werden können. Es gibt Banken, die das bereits erfolgreich praktizieren.- Welche Konsequenzen hat es, wenn die Bank die neuen Vergütungsprinzipien verletzt?Wie alle neuen Regelungen der MaRisk sind auch die Vergütungsregelungen bis Ende 2009 umzusetzen. Im Einzelfall kann aber von der BaFin die Durchsetzung der neuen Regelungen bis Ende 2010 ausgesetzt werden. Ungeachtet eines Bußgeldes, wenn zum Beispiel gegen eine Anordnung der BaFin verstoßen wurde, könnte die BaFin bei einem nicht angemessenen Risikomanagement bzw. einer nicht angemessenen Risikoabbildung ein höheres Eigenkapital verlangen. Es ist jedoch gerade auf internationaler und europäischer Ebene mit weiteren Regelungen zu rechnen, sodass die BaFin insbesondere bei der Androhung von Sanktionen aktuelle Entwicklungen genau beobachten wird.—-Dr. Marc Benzler ist Partner im Frankfurter Büro der internationalen Anwaltssozietät Clifford Chance. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.