Immobilien

Neue IFRS-Standards verändern Märkte

DB Research: Weniger Sale-and-lease-back-Transaktionen - Branche erwartet kürzer laufende Mietverträge

Neue IFRS-Standards verändern Märkte

Von Ulli Gericke, BerlinDie wahrscheinlich 2013 gültig werdenden neuen IFRS-Standards für Mietverträge dürften deutliche Spuren in den Immobilieninvestmentmärkten hinterlassen. Einerseits ist zu erwarten, dass das bislang umfangreiche Sale-and-lease-back-Segment an Gewicht verlieren dürfte, mit dem Effekt steigender Preise. Andererseits scheint sich die Immobilienbranche sicher zu sein, dass die neuen Bilanzierungsregeln zu kürzeren Mietvertragslaufzeiten führen, listet die Deutsche Bank Research in einer neuen Untersuchung auf. Diese Studie “Neue IFRS-Standards verändern Immobilieninvestmentmärkte” sagt Nutzern gewerblicher Mietimmobilien zugleich eine nicht unerhebliche Bilanzverlängerung voraus.Mit dem vor kurzem vom IASB und FASB vorgelegten Standardentwurf werden Mietverträge künftig auch in den Gewinn- und Verlustrechnungen sowie in den jeweiligen Bilanz von Mietern und Vermietern auftauchen. Eine endgültige Version des Exposure Draft soll Mitte 2011 veröffentlicht werden, sodass die neuen Regeln mit Beginn des Jahres 2013 gültig werden können. Neben der Immobilienbranche sind freilich auch – und vor allem – das Leasing von mobilen Objekten wie Fahrzeugen, IT und Produktionsanlagen betroffen.Ziel der neuen Standards ist eine verbesserte Transparenz bei der Rechnungslegung von Vermietungsgeschäften. Das bedeutet für Mieter, dass künftig alle Miet- und Leasingverhältnisse als Nutzungsrechte (Right of use) aktiviert und die damit verbundenen Zahlungsverbindlichkeiten passiviert werden müssen. Aus einem linearen Mietaufwand wird somit eine Mischung aus einer linearen Abschreibungskomponente und einer nichtlinearen Zinszahlungskomponente, die im Laufe der Zeit absinkt. Da ein langer Mietvertrag über den Zinseszinseffekt die Zinskomponente schwer gewichtet und die Periodendifferenz zwischen Mietbeginn und -ende vergrößert, dürfte mit der Regelumstellung die Tendenz zu kürzeren Mietlaufzeiten wachsen. Höhere Miet-VolatilitätFür Vermieter und Leasinggeber gibt es künftig zwei Vorschriften: Ist der Vermieter weiter nennenswert den spezifischen Risiken der Immobilie ausgesetzt, gilt die Leistungsverpflichtung (“performance obligation approach”). Bei diesem Ansatz wird laut DB Research nicht nur die Immobilie, sondern gleichzeitig auch der Anspruch auf Mietzahlung aktiviert. Umgekehrt muss die Verbindlichkeit gegenüber dem Mieter passiviert werden. Trägt dagegen der Mieter überwiegend die Risiken der Immobilie, kommt der Ausbuchungsansatz zum Tragen (“derecognition approach”). Dabei wird ein Teil des Immobilienwerts aus- und der Anspruch auf Mietzahlung gegengebucht – was im Extremfall zu einem Gewinn beim Leasinggeber führen kann.Die absehbare Bilanzverlängerung beim Mieter führt u. a. dazu, dass sich die ausgewiesene Schuldenquote erhöht, da Verbindlichkeiten zur Mietzahlung bilanziert werden müssen. Dies könnte allerdings den Zugang zu neuem Kapital erschweren – auch das ein Grund, im Zukunft kürzere Mietverträge abzuschließen. Kürzere Verträge bedeuten aber auch höhere Volatilitäten der Marktmieten, also in Rezessionsjahren stärkere Einbrüche und in Boomjahren stärker steigende Mietzinsen.Parallel zu diesem Effekt dürften die neuen Regularien das Sale-and-lease-back künftig begrenzen. Galt für die vergangenen Jahre, dass etwa ein Fünftel aller europäischen Gewerbeimmobilientransaktionen auf Sale-and-lease-back entfielen, so dürfte dieser Anteil zurückgehen. Zwar gibt es auch in Zukunft steuerliche Motive für eine solche Transaktion, und auch die größere Flexibilität spricht weiter dafür. Der bisherige Vorteil, mit einem Verkauf und dem Zurückmieten die Bilanz verkürzen zu können, gilt aber mit den neuen IFRS-Regeln nicht mehr. In Einzelfällen könnte künftig sogar ein Zurückkaufen sinnvoll werden, urteilt DB Research, “es gäbe dann den Sale-lease-back-and-Buy-again”. Trend zu Core-ImmobilienFür die Investmentmärkte könnte das Erlahmen dieses Teilmarktes zu höheren Preisen führen, weil auf der Angebotsseite eine Quelle für investitionsgeeignete Immobilien seltener zur Verfügung stünde. In der Folge dürfte der Anreiz für Sale-and-lease-back-Transaktionen nach Meinung der Deutsch-Banker vor allem für Gewerbeimmobilien mit hohen Anfangsrenditen geschmälert werden – also für Industrieimmobilien mehr als für Büros und für periphere Lagen eher als für Immobilien in zentralen Lagen. Damit würde der aktuelle Trend hin zu Core-Immobilien bestätigt.