RECHT UND KAPITALMARKT

Neue Runde im Kampf gegen Geldwäsche

Deutscher Gesetzgeber geht in der Umsetzung europäischer Vorgaben deutlich über das geforderte Mindestmaß hinaus

Neue Runde im Kampf gegen Geldwäsche

Von Thomas Helck *)Mit dem am 11. Juni 2020 vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz veröffentlichten Referentenentwurf zur Reform des Geldwäscheparagrafen in § 261 Strafgesetzbuch (StGB) geht auch in Deutschland der Kampf gegen das Verbrechen in die nächste Runde. Das Gesetz soll am 3. Dezember 2020 in Kraft treten.Hintergrund der geplanten Gesetzesänderung sind europarechtliche Vorgaben. Hinzu kommt der erklärte Wille der Politik, kriminelle Machenschaften weiter einzudämmen und eine Schattenwirtschaft zu verhindern. Die erste nationale Risikoanalyse betreffend die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung des Bundesministeriums der Finanzen kam zu dem Ergebnis, dass die Geldwäschebedrohung für Deutschland vor dem Hintergrund der hohen wirtschaftlichen Attraktivität, der hohen Bargeldintensität des Wirtschaftskreislaufs sowie der ökonomischen Vielschichtigkeit insgesamt als mittel-hoch zu bewerten sei.Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung der europäischen Richtlinie deutlich über das geforderte Mindestmaß hinausgeht und den Geldwäschetatbestand umfassend reformiert.Ursprünglich diente der Geldwäschetatbestand der Bekämpfung der organisierten Kriminalität, indem das Einschleusen von Vermögensgegenständen, die aus unerlaubten Drogengeschäften, aus Verbrechen oder aus von einem Mitglied einer kriminellen Vereinigung begangenen Vergehen stammen, in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf unter Strafe gestellt wurde. Dies ermöglicht, den Vortäter in finanzieller Hinsicht gegenüber der Umwelt wirtschaftlich zu isolieren und inkriminierte Gegenstände praktisch verkehrsunfähig zu machen.Die Verfolgung von Geldwäschehandlungen war in der Praxis wegen des komplexen Regelungsgehalts des Geldwäschetatbestands von zahlreichen Schwierigkeiten gekennzeichnet und damit wenig effizient. Mit der Reform soll dies geändert und die Verfolgung von Geldwäschehandlungen durch die Strafverfolgungsbehörden künftig vereinfacht werden. Ausweitung des TatbestandsDavon unabhängig bestehen die im Geldwäschegesetz (GwG) festgelegten und der Prävention dienenden Pflichten unverändert fort. Danach sind die dem GwG unterfallenden Unternehmen beispielsweise verpflichtet, den zuständigen Behörden entsprechende Meldungen zu machen, wenn im Einzelfall ein Geldwäscheverdacht besteht oder die gesetzlich vorgesehenen Bargeldschwellen überschritten werden.Im Rahmen der Reform soll der Geldwäschetatbestand neu gefasst werden und im Wesentlichen folgende Änderungen erhalten:Der Tatbestand wird erheblich ausgeweitet. Der bislang bestehende Katalog geldwäscherelevanter Vortaten wird auf sämtliche Straftaten ausgedehnt und damit erheblich erweitert. Während der Geldwäschetatbestand bislang nur relevant war hinsichtlich bestimmter Verbrechen wie Raub oder gewerbsmäßigem Handel mit Betäubungsmitteln oder bestimmter Vergehen wie Hehlerei, Bestechung oder Steuerhinterziehung, kann künftig auch der Umgang mit aus einfachem Diebstahl oder Betrug stammenden Beträgen zu einer Strafbarkeit wegen Geldwäsche führen.Zudem wird der Begriff der geldwäschetauglichen Vermögensgegenstände vereinfacht und umfasst künftig Taterträge, Tatprodukte und deren jeweilige Surrogate. Damit werden die bisher schwierigen Abgrenzungsfragen, ob ein Gegenstand aus einer geldwäscherelevanten Vortat “herrührte”, künftig vermieden.Auch die Verfolgung von Handlungen mit Auslandsbezug wird teilweise vereinfacht. Bereits bisher konnten Geldwäschestraftaten an Vermögensgegenständen begangen werden, die aus im Ausland begangenen Straftaten stammen. Bestehen bleibt weiterhin die Voraussetzung, dass die im Ausland begangene Tat, wäre auf sie das deutsche Strafrecht anwendbar, strafbar sein muss. Für eine Reihe von Konstellationen wird jedoch das zusätzliche Erfordernis, dass die Auslandstat auch am Tatort mit Strafe bedroht sein muss, aufgehoben. Damit wird künftig die Verfolgung wegen Geldwäsche einfacher sein, wenn die Auslandstat eine Handlung darstellt, die nach bestimmten Rechtsvorschriften der EU mit Strafe bedroht ist, wie beispielsweise Verhaltensweisen in Zusammenhang mit Bestechung, illegalem Drogenhandel oder organisierter Kriminalität sowie Terrorismusfinanzierung.Im Gegenzug zur Ausweitung des objektiven Tatbestands werden die Voraussetzungen der Geldwäschestrafbarkeit auf subjektiver Ebene eingeschränkt. Bislang war auch die leichtfertige Geldwäsche strafbar. Es reichte also aus, dass sich dem Täter die Herkunft des Gegenstandes aus einer Katalogtat geradezu aufdrängte und er gleichwohl handelte. Künftig sollen Geldwäschehandlungen hingegen einen bedingten Vorsatz – im juristischen Fachjargon “dolus eventualis” genannt – erfordern. Demnach ist hinsichtlich der Vortat Kenntnis der “wesentlichen Tatumstände” erforderlich, aber auch ausreichend. Die Abgrenzung zwischen Leichtfertigkeit und bedingtem Vorsatz ist vielfach umstritten, die Ermittlungsbehörden nehmen jedoch oft recht großzügig einen bedingten Vorsatz des Täters an. Insoweit dürfte die Anpassung der subjektiven Voraussetzungen nicht zu einer wesentlichen Einschränkung der Geldwäschestrafbarkeitsrisiken führen.Eine Besonderheit betrifft den Berufsstand der Strafverteidiger. Diese sind berufsbedingt einem erhöhten Risiko ausgesetzt, mit vom Mandanten rechtswidrig erlangten Vermögenswerten in Berührung zu kommen. Strafverteidiger sollen daher auch künftig – wie bereits vor einiger Zeit vom Bundesverfassungsgericht entschieden – nur dann wegen Geldwäsche strafbar sein, wenn sie bei der Annahme ihres Honorars sichere Kenntnis davon haben, dass das Geld aus einer rechtswidrigen Vortat stammt.Die Erweiterung des objektiven Anwendungsbereichs des Geldwäschetatbestands führt zu einer Reihe von Folgeanpassungen in anderen Vorschriften. Dies betrifft insbesondere Normen, bei denen die Eingriffsbefugnisse der Ermittlungsbehörden an das Vorliegen bestimmter schwerer Straftaten geknüpft sind, wie beispielsweise bei der in der Strafprozessordnung geregelten Telekommunikationsüberwachung, Online-Durchsuchung und Erhebung von Verkehrsdaten. Diese Eingriffsmaßnahmen sollen auch weiterhin nur zur Ermittlung von Verbrechen oder anderen schweren Straftaten möglich sein, nicht jedoch bereits bei Vorliegen einer Geldwäsche mit einem weniger schweren strafrechtlichen Verstoß als Vortat. Risiko von FreiheitsstrafenIm Hinblick auf die Ausweitung des objektiven Anwendungsbereichs wurde die bislang für die Geldwäsche vorgesehene Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten fallen gelassen. Künftig ist für den Grundtatbestand keine Mindeststrafe mehr vorgesehen und Geldwäschehandlungen können mit Freiheitsstrafe bis fünf Jahre oder Geldstrafe geahndet werden.Für die nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteten wird hingegen die Strafandrohung erhöht. Künftig besteht damit unter anderem für Mitarbeiter in Banken und Finanzunternehmen, aber auch für Mitarbeiter von Güterhändlern das Risiko einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, wenn sie in Ausübung des Gewerbes oder Berufes in geldwäscherelevante Handlungen involviert sind.Unverändert bestehen bleibt die Verantwortlichkeit von Unternehmen. Für Geldwäschetaten, die aus dem Unternehmen heraus begangen werden, stehen nach § 30 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) Geldbußen von bis zu 10 Mill. Euro im Raum. Zusätzlich können etwaige Gewinne, die das Unternehmen aufgrund des Verstoßes gemacht hat, abgeschöpft werden.Im Hinblick auf das mit der Reform des Geldwäschetatbestands erklärte Ziel, die Strafverfolgung entsprechender Handlungen zu vereinfachen, ist mit einer steigenden Anzahl von Ermittlungsverfahren zu rechnen. Die Geldwäscheprävention und gegebenenfalls eine Anpassung ihrer Compliance Prozesse dürften für Unternehmen daher künftig noch mehr im Fokus stehen als ohnehin schon in den vergangenen Jahren. *) Dr. Thomas Helck ist Partner von White & Case in Frankfurt.