Asset Management - Gastbeitrag

Neue Steuer-Regeln erschweren das Fondsgeschäft

Börsen-Zeitung, 2.12.2008 Der Bundestag hat am 28. November 2008 zahlreiche Änderungen des Investmentsteuergesetzes beschlossen (Jahressteuergesetz 2009). Der Bundestag reagiert auf eine Stellungnahme des Bundesrates und der Regierungskoalition, und...

Neue Steuer-Regeln erschweren das Fondsgeschäft

Der Bundestag hat am 28. November 2008 zahlreiche Änderungen des Investmentsteuergesetzes beschlossen (Jahressteuergesetz 2009). Der Bundestag reagiert auf eine Stellungnahme des Bundesrates und der Regierungskoalition, und bereits die stichwortartige Zusammenfassung des Beschlusses zeigt das bürokratische Ausmaß auf: Feinabstimmung der Erträge aus Investmentanteilen, Anpassung des Zwischengewinns, Übergangsregelung für bestimmte steueroptimierte Investmentvermögen. Knackpunkt ThesaurierungDie Besteuerung von Investmentfonds ist nicht nur innerhalb des deutschen Steuerrechts für ihre Kompliziertheit hervorstechend, auch international setzt Deutschland damit einen Standard. Grundsätzlich unterliegen alle Ausschüttungen aus einem Investmentfonds der Besteuerung. Bei nicht-ausschüttenden Investmentfonds, sogenannten Thesaurierern, wird am Jahresende die Besteuerung im Rahmen einer fiktiven Zurechnung von Einnahmen sichergestellt. Diese fiktiv zugeflossenen Einnahmen werden als ausschüttungsgleiche Erträge bezeichnet. Nicht alle auf Ebene eines Investmentfonds erwirtschafteten Erträge und Gewinne werden als ausschüttungsgleiche Erträge qualifiziert, und daraus ergibt sich einer der wesentlichen Vorteile der Fondsanlage. Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren können auf Ebene eines Investmentfonds zeitlich unbeschränkt vorgetragen werden und führen beim Investor zu keiner Steuerbelastung. Jahrelang wurde dieser Thesaurierungsvorteil mit dem Argument gerechtfertigt, das langfristige Sparen zum Aufbau einer privaten Altersvorsorge zu unterstützen. Mit dem Hinweis auf einen Gleichklang zwischen Direkt- und Fondsanlage und nicht näher spezifizierten europäischen Regelungen beabsichtigt der Gesetzgeber eine Änderung, die im Rahmen der praktischen Umsetzung zu erheblichen Kosten führen wird, das Steueraufkommen mutmaßlich kaum beeinflusst und es für den durchschnittlichen Investor noch schwieriger macht zu verstehen, was (steuerlich) in seinem Investmentfonds passiert. In einem ersten Schritt sollen alle Kapitalerträge im weitesten Sinne als ausschüttungsgleiche Erträge gelten. Zahlreiche AusnahmenDieser Grundsatz wird dann durch zahlreiche Ausnahmen wieder eingeschränkt. So sollen explizit nicht als ausschüttungsgleiche Erträge gelten: Veräußerungsgewinne aus Aktien, Veräußerungsgewinne aus Anleihen, die eine Emissionsrendite besitzen oder solche mit einem festen Coupon, Aktienanleihen und Umtauschanleihen. Die Liste ließe sich noch weiter fortsetzen, macht jedoch nur deutlich, dass der Gesetzgeber an einer verständlichen Regelung kein Interesse hat. Der Zwischengewinn stellt bei der Veräußerung eines Investmentfondsanteils eine steuerpflichtige Einnahme dar und wird auch unter dem Regime der Abgeltungsteuer weiter gelten. Der Zwischengewinn erfasst Zinsen und zinsähnliche Erträge im weitesten Sinne, die im laufenden Fondsgeschäftsjahr aufgelaufen sind und dem Investor noch nicht zugeflossen sind. Mit Einführung der Abgeltungsteuer entfällt seine Funktion, das Steueraufkommen zu sichern, weil alle Wertänderungen von Investmentfonds letztlich der Besteuerung unterliegen. Trotzdem wird der Zwischengewinn nicht abgeschafft, weil man sich damit erhofft, hohe Mittelbewegungen um den Ausschüttungstag einzudämmen. Trotzdem plant der Gesetzgeber einen Gleichlaut zwischen den ausschüttungsgleichen Erträgen und dem Zwischengewinn. Aus steuersystematischen Gründen kann man diese Entscheidung nur gutheißen. Ausländer im Nachteil Neben der juristisch-technischen Beurteilung sollte jedoch nicht ganz vergessen werden, dass der Markt für Investmentfonds keinen vom Rest der Welt abgeschotteten Raum darstellt, sondern internationale Investmentgesellschaften um das Geld deutscher Anleger werben. Internationale Investmentgesellschaften beschäftigen keine Abteilung, die sich auf das deutsche Steuerrecht spezialisiert hat, so wie es bei deutschen Kapitalanlagegesellschaften gang und gäbe ist. Darum wird die einmal jährliche Berechnung der ausschüttungsgleichen Erträge regelmäßig auf eine spezialisierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ausgelagert. Mit der geplanten Änderung des Zwischengewinns zwingt der nationale Gesetzgeber ausländische Marktteilnehmer, den grundsätzlich täglich zu berechnenden Zwischengewinn nach einem ausgesprochen komplizierten Muster zu berechnen. Die Kosten für eine tägliche Berechnung dürfen nicht unterschätzt werden, und letztlich wird der Gesetzgeber damit beitragen, dass hoch spezialisierte ausländische Investmentgesellschaften Nischenprodukte nicht mehr in Deutschland anbieten wollen. Lücken geschlossenFür jeden Steuergesetzgeber ist es schwer zu akzeptieren, wenn Marktteilnehmer Besteuerungslücken identifizieren, die nicht bewusst in das Besteuerungssystem integriert wurden. Nahezu ausschließlich deutsche Kapitalanlagegesellschaften haben durch die intelligente Kombination von Termingeschäften bzw. Derivaten eine synthetische Geldmarktrendite produziert, die entweder stark zeitverzögert oder zu gar keiner Besteuerung geführt hat. Der Gesetzgeber hätte im Rahmen einer Einzelfallregelung bestimmte unliebsame Geschäfte erfassen können und damit ein Ende der Nicht- oder Spätbesteuerung erreicht. Unklare Vorschrift Die jetzt beschlossene Regelung greift erst im Fall der Rückgabe oder Veräußerung von Anteilen, wobei geprüft werden soll, ob die Erzielung einer Geldmarktrendite angestrebt ist und deren Termingeschäft- und Wertpapierveräußerungsgewinne nach Verrechnung mit entsprechenden Verlusten vor Aufwandsverrechnung ohne Ertragsausgleich gemäß dem Jahresbericht die ordentlichen Erträge vor Aufwandsverrechnung und ohne Ertragsausgleich übersteigen. Die Vorschrift ist so hinreichend unklar, dass die Anwendung möglicherweise sogar verfassungswidrig sein könnte. Letztlich dürfte die Beantwortung der Frage, ob ein bestimmter Investmentfonds nunmehr ein schädlicher Steuersparfonds ist, nicht nur den Bankberater überfordern. Eine weitere Verkomplizierung der steuerlichen Regelungen für Investmentfonds kann nur schaden. Das Steueraufkommen wird nicht steigen und die Anleger werden ihr Geld wieder auf das Sparbuch tragen.