Immobilien - Gastbeitrag

Neue Strategie schützt vor Finanzmarktkrise

Börsen-Zeitung, 19.6.2008 Zuweilen erwecken öffentliche Stellungnahmen den Eindruck, als ob es nur Marktteilnehmer in der Immobilienwirtschaft gäbe, die entweder von der Finanzkrise profitieren oder nicht von ihr betroffen sind. Mittlerweile hat...

Neue Strategie schützt vor Finanzmarktkrise

Zuweilen erwecken öffentliche Stellungnahmen den Eindruck, als ob es nur Marktteilnehmer in der Immobilienwirtschaft gäbe, die entweder von der Finanzkrise profitieren oder nicht von ihr betroffen sind. Mittlerweile hat sich jedoch die ernüchternde Erkenntnis durchgesetzt, dass einige Immobilienunternehmen auch unter den aktuellen Verwerfungen an den Finanzmärkten leiden.Viele institutionelle Käufer müssen derzeit mit deutlich verschlechterten Bedingungen bei der Fremdkapitalfinanzierung kämpfen. Manche warten auch darauf, dass die Preise am Immobilienmarkt weiter sinken, um dann einzusteigen. Beides führt zum gleichen Verhalten: Transaktionen werden auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Lukratives GeschäftsfeldHiervon ist beispielsweise ein äußerst lukratives Geschäftsfeld betroffen – der Portfoliohandel mit institutionellen Investoren. Er ist ein langfristig attraktives Geschäftsfeld, weil Immobilien, die von institutionellen Investoren nicht wahrgenommen werden, gebündelt und als Investitionsvehikel für diese Anlegergruppe aufbereitet werden. In diesem Bereich gibt es jedoch durch die aktuelle Situation an den Finanzmärkten nur wenige Transaktionen. Deshalb ist es für ein Immobilienunternehmen von Vorteil, wenn es über eine diversifizierte Strategie verfügt, bei der die Geschäftsfelder möglichst nicht miteinander korreliert sind.So ist der Verkauf von Eigentumswohnungen an Kapitalanleger kaum von den aktuellen Verwerfungen betroffen. Dieser Markt unterliegt anderen Gesetzmäßigkeiten als der Portfoliohandel. Zielgruppe sind private Kleinanleger, die beispielsweise eine vermietete Eigentumswohnung für ihre Altersvorsorge erwerben oder ihre Einkommensteuerbelastung durch eine Investition in denkmalgeschützte Immobilien reduzieren wollen. Dieser Markt ist auch unabhängig von der Mieterprivatisierung, deren kurzfristiges Potenzial gerade von manchen ausländischen Investoren überschätzt wurde. Die Streichung der Eigenheimzulage war eine der zentralen Ursachen des Einbruchs bei der Mieterprivatisierung, während sie für den Verkauf von Wohnungen an Kapitalanleger keine Rolle spielte. Zwei SegmenteBeim Verkauf von Wohnungen an Kapitalanleger gibt es zwei unterschiedliche Segmente: Während für den Verkauf von zu sanierenden denkmalgeschützten Objekten bzw. Immobilien in Sanierungsgebieten die Steuervorteile nach Paragraph 7h/7i des Einkommensteuergesetzes eine große Rolle spielen und demnach gut verdienende Anleger eine wichtige Zielgruppe sind, ist das traditionelle Aufteilergeschäft unabhängig von Steuereffekten und bedient auch breitere Zielgruppen, für die die Altersvorsorge ein zentrales Anlagemotiv ist.Früher wurden zuweilen allzu pauschal Immobilien-Aktiengesellschaften über einen Kamm geschoren, ohne die spezifischen Faktoren, welche den Erfolg und die Risiken in einzelnen Geschäftsfeldern bestimmen, zu berücksichtigen. So ist es von erheblicher Bedeutung, ob es sich bei ausgewiesenen Gewinnen lediglich um Buchgewinne handelt, die aus der Aufwertung von Immobilienbeständen resultieren – was bei vielen Bestandshaltern der Fall ist -, oder ob diese mit tatsächlichen liquiden Zahlungsströmen unterlegt sind.Mit der Reifung des Marktes für Immobilien-Aktiengesellschaften lernen die Marktteilnehmer zunehmend zwischen den verschiedenen Geschäftsmodellen zu unterscheiden. Dies ist besonders in einer Phase wichtig, in der es zu beurteilen gilt, ob und in welchem Ausmaß Unternehmensstrategien von den aktuellen Verwerfungen an den Finanzmärkten betroffen sind.