Immobilien

Noch keine Begeisterungsstürme zu britischen Reits

Londoner City misstraut den Vorschlägen der Regierung - Angst vor der Steuerknute - Die großen Namen zögern noch

Noch keine Begeisterungsstürme zu britischen Reits

Von Norbert Hellmann, London Nach jahrelangem Zögern und einem gesunden Maß an Verzögerungstaktik hat sich die britische Regierung endgültig dazu bekehren lassen, die weltweit immer beliebter werdenden Investmentvehikel in der Spielart des Reit (Real Estate Investment Trust) auch auf der Insel zuzulassen. Als Schatzkanzler Gordon Brown im Dezember 2005, und zwar genau am Nikolaustag, seine Budgetrede vor dem Parlament hielt, war man sehr gespannt, ob er diesmal ein Maßnahmenpaket zur Einführung der sogenannten Reits im Sack führen würde. Bei britischen Immobilienentwicklern und Investorenkreisen wurde die dann tatsächlich erfolgte Ankündigung der Reits mit großer Freude aufgenommen und wohl als Belohnung verstanden. Nikolaus oder Ruprecht?Mittlerweile fragen sich Marktbeobachter, ob der Schatzkanzler nicht doch eher in Gestalt eines Knecht Ruprecht auf sie zugekommen ist. Zumindest in der Londoner City überwiegt derzeit die Kritik derjenigen, die bereits auf anderen Märkten und insbesondere in den USA Erfahrungen mit den steuerlich begünstigten, aber dafür zu hohen Ausschüttungen verpflichteten Fonds gesammelt haben. Wie nicht anders zu erwarten, werden die künftigen UK-Reits nach den Vorstellungen der britischen Regierung börsennotierte Vehikel sein und dabei als Gesellschaften nach britischem Recht geführt. Da sie allerdings anders als herkömmliche Unternehmen dann nicht der Corporation Tax, also der direkten Körperschaftsbesteuerung, unterliegen werden, fällt der große Nachteil der indirekten Immobilienanlage via eine Gesellschaft gegenüber dem Direktinvestment in Immobilien erstmals weg. Allerdings wird die Treasury versuchen, ihr entgehende Steuereinnahmen über die Verpflichtung zu weitreichenden Gewinnausschüttungen der neuen Vehikel und der damit verbundenen Besteuerung von Kapitalanlagegewinnen bei den Ausschüttungsempfängern abzufedern. Dabei scheint sie den künftigen UK-Reits besonders wenig Spielraum geben zu wollen. Kritik an hoher AusschüttungDer wohl am häufigsten gehörte Kritikpunkt ist die zumindest nach derzeitigem Stand von der britischen Treasury geplante Auflage, dass die Reits jährlich mindestens 95 % ihrer Erträge an die Anleger verteilen müssen. Damit scheint das Finanzministerium im Vergleich zu anderen Ländern, die Erfahrung im Umfang mit Reits haben, eine besonders strenge Messlatte anzulegen. Dies mag aus der Sicht der potenziellen Investoren wie eine gute Nachricht klingen, doch warnen die Betreiber von Immobilienfonds vor der Gefahr eines Ausblutens. Gerade bei hochwertigen Immobilien stünden die Immobilienverwalter unter dem Zwang, einen signifikanten Teil des Cash-flow zurückzuhalten, um nicht einer rapiden Verschlechterung der Qualität ihrer Liegenschaften ausgesetzt zu sein. Dabei verweisen Kritiker darauf, dass in den USA die Mindestausschüttung nur bei 90 % liegt, und zwar wohlgemerkt nach entsprechenden Abschreibungen, so dass effektiv nur 60 bis 65 % der Verfügungsmasse tatsächlich zum Anleger wandern. In diesem Zusammenhang wird auch auf die engen Beschränkungen verwiesen, die britischen Reits bei der Fremdkapitalaufnahme auferlegt werden und dem Vernehmen nach auch kein zeitweiliges Überschreiten der Limits zulassen. Leverage stark beschränktNach den Vorstellungen der Treasury werden die Reits ihr Fremdkapital nur in Höhe von 25 bis 30 % des von ihnen verwalteten Gebäudewertes aufnehmen dürfen und damit ein deutlich geringeres Leverage ausweisen, als es bislang für die Branche charakteristisch ist. Ein weiterer Kritikpunkt trifft die von der Treasury anvisierte Beschränkung von Beteiligungen an einzelnen börsennotierten Fonds auf 10 %. Dies soll einerseits zwar dabei helfen, dass einzelne Fonds nicht zum Nachteil der Kleinanleger von institutionellen Adressen dominiert werden können, erschwert aber andererseits die in den USA zu beobachtenden Joint Ventures zwischen Reits-Gesellschaften und herkömmlichen Fondsadressen, die gerne größere Partizipationen an einzelnen Vehikeln anstreben. In der City stellt man sich nun die Frage, ob unter den derzeit erkennbaren Bedingungen wirklich genügend Anreize bestehen, die gegenwärtig als herkömmliche Unternehmen geführten britischen Immobiliengesellschaften in Reits umzuwandeln und den Anlegern damit ein wesentlich breiteres und transparenteres Anlagespektrum in Immobilien zu gewähren. Ein wichtiges Kriterium wird dabei vor allem die Wahl der Treasury hinsichtlich der Umwandlungsbedingungen in einen Reit sein. Große, börsennotierte Immobilienverwalter wie beispielsweise British Land oder Land Securities, deren Aktien wenig gestreut sind und von relativ großen Beteiligungspaketen kontrolliert werden, werden sich einer heftigen Conversion Charge, also Umwandlungsgebühr, gegenübersehen, wobei derzeit nicht klar ist, ob sie sich am Vermögenswert der Aktiva oder aber an der noch ausstehenden Kapitalgewinnbesteuerung der Liegenschaften orientieren wird. Keine SteuergeschenkeIn der City befürchtet man nämlich, dass die Treasury nicht in der Laune ist, Geschenke zu machen, und in jedem Fall die aus ihrer Sicht fiskalisch attraktivere Variante wählen wird. Natürlich ist die Conversion Charge nur als einmalige Zahlung zu verstehen, die wandlungswillige Immobilienunternehmen in jedem Fall zu schlucken bereit wären, wenn sie die künftigen Reits als attraktive Rechts- und Gesellschaftsform ansehen. Bleibt die Treasury aber in puncto Ausschüttungspflichten, Kreditaufnahmemöglichkeiten und Beteiligungsgrenzen auf der gegenwärtig anvisierten Linie, wird ein signifikanter Teil der für Reits in Frage kommenden Kandidaten zunächst dankend verzichten.Ärgerlich aus Sicht der Immobilienbranche ist auch, dass die Treasury zunächst weiter auf Zeit zu spielen gedenkt und endgültige Vorschläge erst mit der Vorlage des tatsächlichen Budgets für das im April 2006 beginnende Hauhaltsjahr einbringen wird. Fallen die Bedingungen dann aber tatsächlich zu restriktiv aus, könnte dies zahlreiche Gesellschaften von einer Umwandlung in Reits abhalten. Dies würde die Entwicklung hin zu einem tiefen und liquiden Markt, an dem auch die geradezu immobilienbesessenen britischen Privaten partizipieren, nicht gerade wie einen Big Bang aussehen lassen, sondern zu einer eher schleppenden Veranstaltung machen. Hierzulande ab 2007In Deutschland könnte die neue Anlageklasse Anfang 2007 eingeführt werden. Reits sind gleichsam börsennotierte Fonds, die ausschließlich in Immobilien investieren und ihren Gewinn nahezu vollständig ausschütten. Sie sind für große Investoren interessant, weil ihre Anteile leicht handelbar sind. Im Ausland sind Reits schon weit verbreitet und bilden einen milliardenschweren Markt. Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen hatten sich die Finanzexperten von CDU und SPD grundsätzlich auf die Einführung verständigt.