Asset Management - Staatsfonds

Norwegen legt Ölmilliarden vorbildlich an

Staatsfonds haben 245 Mrd. Euro Volumen erreicht - Hohe ethische Ansprüche - Transparente Anlageentscheidungen

Norwegen legt Ölmilliarden vorbildlich an

Von Gottfried Mehner, Hamburg Damit auch künftige Generationen noch etwas vom Ölreichtum abbekommen, bunkert Norwegen seit 1990 einen Teil seiner Ölmilliarden. Ende Juni hatte der größere von zwei Fonds ein Volumen von 1,9 Bill. nkr (245,2 Mrd. Euro) erreicht. Erzielt wurde im zweiten Quartal eine Rendite von 2,23 % auf Basis eines speziell komponierten Währungskorbs. Aufgrund der völlig gläsernen Anlagepolitik wurde der Staatsfonds inzwischen zur Benchmark für andere Ölnationen.Volle Kassen machen auch in Norwegen sinnlich. Deshalb wurden die beiden Fonds Anfang 2006 umfirmiert: Zu Beginn hießen die beiden Anlagevehikel “Statens petroleumsfond” und Sozialversicherungsfonds (“Folketrygdfondet”). Inzwischen heißt es politisch korrekt “Staatlicher Pensionsfonds Ausland” und “Staatlicher Pensionsfonds Norwegen”. Bislang ist knapp die Hälfte der gesamten Öleinnahmen in die öffentlichen Haushalte geflossen. Aufgaben delegiertDie Fonds haben kein eigenes Management und keine eigenständige Verwaltung. Sie werden vom norwegischen Finanzministerium verwaltet, das diese Aufgabe sinnvollerweise an die norwegische Zentralbank (Norges Bank) delegiert hat. Dort kümmert sich der Bereich Norges Bank Investment Management (NBIM) um diese Aufgabe. Ein Ethikrat berät die Zentralbank bei ihren Anlageentscheidungen.Jeweils im Mai, August und November wird in Quartalsberichten detailliert Rechenschaft abgelegt. Diese Berichte sind über die Internetseiten der Norwegischen Zentralbank (norgesbank.no) einsehbar. Jeweils im Februar erscheint der Jahresbericht, der dem Parlament (Storting) vorgelegt wird. Angst vor MonostrukturDie Fonds sollen nicht nur dem Generationenausgleich dienen. Sie stellen auch einen Puffer gegen schwankende Öleinnahmen und Fördervolumen dar. Nicht immer lag der Ölpreis ja in der gegenwärtigen Höhe von 74 Dollar. Aus norwegischer Sicht sollten die Fonds auch dabei helfen, die Finanzpolitik und die Geldpolitik zu verstetigen.Zudem soll die klare Trennung der Ölfördereinnahmen von der Mittelverwendung unerwünschte wirtschaftliche Strukturveränderungen vermeiden, wie sie in vielen monostrukturierten Ölländern zu registrieren sind. Auch in Norwegen gilt die mit vielen Ölmilliarden hochgepäppelte Festlandswirtschaft als nicht besonders wettbewerbsfähig. Bei den wichtigsten Großunternehmen und der größten Bank des Landes (DnB Nor) hat sich der Staat einen maßgeblichen Einfluss gesichert. Betrieben wird eine aktive Strukturpolitik. Priorisiert wird in allen Branchen vorrangig die innernorwegische Konsolidierung vor grenzüberschreitenden Allianzen. Ein erzürnter schwedischer Finanzminister hat deshalb Norwegen einmal als “letzten Sowjetstaat” bezeichnet. Engmaschige Kontrollen Die gesamte Anlagepolitik der Fonds ist über Gesetze, Vorschriften Richtlinien und Ausführungsbestimmungen sowie Verwaltungsvereinbarungen haarklein festgelegt. Sie wird engmaschig kontrolliert, wobei die Fonds tunlichst höhere Renditen als das zur Kontrolle mitgekoppelte Referenzportfolio aufweisen sollten. Dieses Referenzportfolio orientiert sich am FTSE-Weltaktienindex für große und mittelgroße Gesellschaften in 27 Ländern sowie an den beiden Indizes Lehman Global Aggregate und Lehman Global Real, die 21 Länder und Währungen umfassen. Um die besten Anlageergebnisse zu erzielen, zieht die Zentralbank auch externe Verwalter hinzu. Aktuell sind im Aktienbereich 28 externe Anlageverwalter mit 45 unterschiedlichen Mandaten aktiv, die ein Teilvolumen von 271 Mrd. nkr (34 Mrd. Euro) ausmachen. Sie kümmern sich vor allem um die aktiv gemanagten Portfolien, während die Zentralbank sich auf indexbasierte Investments fokussiert. Um im Rentenbereich überragende Ergebnisse zu erzielen, wurden hier elf externe Berater hinzugezogen.Das Referenzportfolio besteht zu 40 % aus Aktien und 60 % aus zinstragenden Instrumenten. Innerhalb der Aktien wird in regionaler Hinsicht zu 50 % in Europa investiert, zu 35 % in Amerika und Afrika und mit den restlichen 5 % in Asien/Ozeanien. Aus dem Halbjahresbericht der Zentralbank wird deutlich, dass aktuell 16,1 % der Aktienengagements in Großbritannien liegen, 8,4 % in Frankreich und 6,1 % in Deutschland. Stark europafixiertBei den Renten ist der europäische Anteil mit 60 % noch höher. Auf Amerika entfallen 35 % und die restlichen 5 % auf Asien/Ozeanien. Zur Jahresmitte setzte sich das Fondsvermögen zu 1,12 Bill. nkr aus Rentenanlagen und zu 819 Mrd. nkr aus Aktienengagements zusammen. Dabei sorgte die höher bewertete Krone für einen Wertverlust von 45,9 Mrd. nkr (5,8 Mrd. Euro). Auf Basis eines speziell komponierten Währungskorbs erreichte die Kapitalrendite im zweiten Quartal 2,23 %, wobei hier eine Aktienrendite von 7,4 % durch einen Wertverlust bei Renten von 1,19 % dezimiert wird. Damit wurde ein höherer Wert erzielt als im Referenzportfolio (1,94 %). In den ersten sechs Monaten wurde ein Anlageerfolg von 3,7 % erzielt. Eine Frage der WährungAuf Basis eines importgewichteten Währungskorbs ergab sich im zweiten Quartal eine Rendite von 1,36 %. Auf Dollarbasis ermittelt sich eine Rendite von 0,93 %. Wird der Euro als Basis gewählt, stellte sich ein Erfolgsminus von 0,15 % ein. Ebenso ergab sich auf Kronenbasis (- 0,19 %) eine negative Wertentwicklung.Auf Jahresbasis hat der im Ausland anlegende Fonds seit 1997 eine Bruttorendite von 6,6 % erzielt. Nach Abzug der Verwaltungskosten und der Preissteigerungen ergab sich eine jährliche Nettorendite von 4,6 %. Bei der Fondskonzeption war eine Realrendite von 4 % veranschlagt worden. Aktienquote steigtWährend der Pensionsfonds Ausland ausschließlich im Ausland anlegt, fokussiert der sehr viel kleinere Pensionsfonds Norwegen auf das Inland. Die Anlagemöglichkeiten wurden zuletzt schrittweise erweitert. Mitte Juni stimmte das Parlament dem Vorschlag der norwegischen Finanzministerin Kristin Halvorsen zu, die Aktienquote von 40 auf künftig 60 % zu erhöhen. Mit zu den Anlagebestimmungen gehört auch, dass in einem Wert maximal 5 % des Aktienkapitals gezeichnet werden dürfen. Norwegen will über die Anlagepolitik keinen Einfluss auf die Unternehmen ausüben. Im Schnitt betragen die Engagements lediglich 1 % des Aktienkapitals. Entsprechend werden dadurch die Märkte kaum verzerrt. Anders als Abu DhabiHier wird ein deutlicher Unterschied zur Anlagepolitik anderer Ölländer deutlich. In Deutschland hatte zuletzt Abu Dhabi versucht, sich mit 10 % an Volkswagen zu beteiligen. Erst dieser Versuch ließ eine Gegenstrategie bei Porsche reifen. Angesichts der norwegischen Selbstbeschränkung auf maximal 5 % drohen langsam aber die Anlagemöglichkeiten knapp zu werden. Deshalb darf künftig auch in kleinere börsennotierte Einheiten investiert werden. Schwarze ListenAuch wenn Unternehmen nach den Empfehlungen des Ethikrates aus dem Anlageuniversum gestrichen werden, wird dies publik gemacht. Hier sorgte für Aufsehen, dass Norwegen nicht länger in Wal-Mart- oder Freeport-Aktien anlegt: Beide Unternehmen wurden auf die schwarze Liste gesetzt, nachdem der norwegische Ethikrat im Fall von Wal-Mart “grobe und systematische” Verstöße gegen die Menschenrechte feststellte. Die weltgrößte Kupfermine Freeport wird wegen erheblicher Umweltverstöße aussortiert.Ende 2005 waren bereits Unternehmen indexiert worden, die Komponenten für die Herstellung von Kernwaffen herstellen. Vom Investitionsbann wurden BAE Systems, Boeing, Finmeccanica, Honeywell International, Northrop Grumman, Safran und United Technologies getroffen. Jetzt wurde die Liste auch auf Unternehmen ausgedehnt, denen Menschenrechtsverletzungen und schwere Umweltverstöße nachgewiesen werden konnten. Wal-Mart fällt durchWal-Mart diskriminiere männliche und weibliche Angestellte und versage ihnen das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren, heißt es zur Begründung für den Ausschluss der Aktien. Von Zulieferern werde Ware bezogen, die unter anderem von Kindern hergestellt worden sei. Mitarbeiter würden dort für längere Arbeitszeit nicht bezahlt und bei unbotmäßigem Verhalten eingeschlossen. Freeport wird vorgeworfen, täglich 230 000 t Geröll aus dem Grubenbetrieb in Flüsse zu kippen und diese mit Sedimenten (Kupfer, Kadmium, Quecksilber) zu vergiften. Zuletzt erschienen: – 21.8.: Alberta Heritage Fund ist auf Ölsand gebaut – 7.8.: Russland sitzt auf 500 Mrd. Dollar Reserven – 31.7.: Asiatische Fonds praktizieren Staatskapitalismus