INVESTMENTFONDS - GASTBEITRAG

Pair Trading als Antwort auf die Finanzrepression

Börsen-Zeitung, 27.2.2013 In den Jahren von 1980 bis 1988 leitete der damalige US-Präsident Ronald Reagan einen politischen Paradigmenwechsel ein. Staatsausgaben sowie Regulierung sollten massiv reduziert werden, ebenso die Einkommens- und...

Pair Trading als Antwort auf die Finanzrepression

In den Jahren von 1980 bis 1988 leitete der damalige US-Präsident Ronald Reagan einen politischen Paradigmenwechsel ein. Staatsausgaben sowie Regulierung sollten massiv reduziert werden, ebenso die Einkommens- und Kapitalertragssteuer. Auf diese Kehrtwende in Washington reagierten nahezu alle Volkswirtschaften der westlichen Welt, die untereinander im Wettbewerb um Wissensträger und Kapital stehen, in ähnlicher Form und folgten dem amerikanischen Vorbild.Der initiale Effekt entsprach der Hoffnung, Wachstum führe zu ausgeglichenen Haushalten, in manchen Fällen sogar zu Haushaltsüberschüssen. Tendenziell fallende Steuereinnahmen haben aber weltweit zum Aufbau von horrenden Staatsschulden und massiven Haushaltsdefiziten geführt. Eine solche Entwicklung geht aber in der Regel mit einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums einher, was zu weiter sinkenden Steuereinnahmen führt. Als finale Lösung des Schuldendilemmas bleibt dann entweder ein schockartiger Schuldenschnitt oder die sogenannte Financial Repression. Letzteres stellt den aktuellen Lösungsweg dar. Stützung drückt ZinsenDie Zentralbanken blähen ihre Bilanzen durch den Kauf großer Mengen von Staatsschulden auf und schaffen somit ein unnatürlich tiefes Zinsumfeld. Zugleich werden höhere Inflationsraten toleriert, um negative Realrenditen herbeizuführen. Im Wesentlichen kommt dies einer Besteuerung von Spareinlagen gleich. In diesem Umfeld extrem niedriger Zinsen ist die Wahrung der Kaufkraft nach Steuern und Inflation mit Hilfe der klassischen Asset-Klassen und -Allokationen nahezu unmöglich.Das schafft vor allem für institutionelle Anleger – Pensionskassen, Stiftungen, Versicherungen – einen Anlagenotstand. Um ihren Verpflichtungen nachkommen bzw. ihren Stiftungszweck erfüllen zu können, brauchen sie in der Regel eine jährliche Rendite von rund 4 %.Investoren, die Willens und in der Lage sind, auch risikoreichere Wertpapiere zu erwerben, können diesem Dilemma entgehen, indem sie beispielsweise ein erhöhtes Anlagerisiko akzeptieren und die Aktienquote anheben.Eine Alternative hierzu, die jenen Investoren offensteht, die das Portfoliorisiko nicht erhöhen wollen oder dürfen, sind Absolute-Return-Strategien. Eine positive Performance relativ zu der Benchmark, aber zugleich negative absolute Performance gilt in dieser Welt nicht als Erfolg, da es nicht darum geht, eine Benchmark zu schlagen, sondern ausschließlich darum, einen positiven absoluten Ertrag zu erzielen.Eine marktneutrale Anlagestrategie, die eindeutig auf das Erzielen von absoluten Erträgen ausgerichtet ist, ist das Pair Trading innerhalb eines sehr homogenen Anlagesektors. Es gibt Ucits-konforme Fonds, die diese Strategie anwenden. Sie streben in allen Marktphasen eine attraktive absolute Rendite an.Der erste Schritt des Anlageprozesses besteht aus der intensiven Analyse der europäischen Aktienmärkte. Im Fokus stehen Unternehmen, die ihren Sitz in Westeuropa haben und eine Marktkapitalisierung von mindestens einer Milliarde Euro aufweisen. Das Investment-Universum, das sich hieraus ergibt, umfasst etwa 300 Titel. Innerhalb dieses Investment-Universums suchen die Portfoliomanager systematisch nach Bewertungsverzerrungen innerhalb eines Sektors, oder besser gesagt: nach über- bzw. unterbewerteten Aktien. Auf Basis erkannter Fehlbewertungen werden Paare aus Titeln gebildet, die eine unterschiedliche Entwicklung der Aktienkurse erwarten lassen. Abbau der VerzerrungenIst ein interessantes Aktienpaar identifiziert, beginnt ein extensiver Screening-Prozess, bei dem der erhoffte Ertrag und das mögliche Risiko einander gegenübergestellt werden. Nur die aussichtsreichsten Ideen werden in das Portfolio aufgenommen, wobei das einzugehende Risiko überschaubar bleiben muss. Die Paare bleiben so lange bestehen, bis die Verzerrungen abgebaut sind oder sich Möglichkeiten mit besserem Chance-Risiko-Verhältnis auftun. Dann wird das Paar konsequent aufgelöst. Falls wiederum erkennbar wird, dass eine Idee nicht aufgeht und sich das Paar in eine unerwünschte Richtung entwickelt, greifen auf Sektor- und Fondsebene Stop-Loss-Prozesse, die die Bestände auflösen.Eine Voraussetzung für die erfolgreiche Paarbildung ist, Bewertungsverzerrungen möglichst frühzeitig zu identifizieren, sich entsprechend zu positionieren und an den Anpassungsprozessen zu partizipieren, da Fehlbewertungen in der Regel im Lauf der Zeit von den Marktteilnehmern erkannt und Zug um Zug abgebaut werden. Um ein derart frühzeitiges Handeln zu ermöglichen, greifen die Portfoliomanager auf eigenes fundamentales Research zurück, nutzen darüber hinaus aber auch externes Research und können so, trotz des breiten Universums, analytisch in die Tiefe gehen.Folgendes Beispiel macht die Strategie verständlich. Innerhalb des Automobilsektors sind erst einmal alle Anbieter denselben externen Rahmenbedingungen unterworfen: Benzinpreis, Kfz-Steuer, Dienstwagenregelungen und Wirtschaftszyklus, um nur einige zu nennen. Dennoch unterscheiden sich die Automobilhersteller aber auch in ihren Produkten, den Herstellungskosten und Absatzmärkten.Wenn nun die Analyse der Portfoliomanager ergibt, dass sich beispielsweise Volkswagen besser entwickeln sollte als Daimler, dann wird eine Long-Position in Volkswagen und im gleichen Umfang eine Short-Position in Daimler aufgebaut. Damit ist das Marktrisiko der Automobilbranche eliminiert, und für das Portfolio spielt es keine Rolle mehr, ob der Markt selbst steigt oder fällt. Was bleibt, sind die firmenspezifischen Risiken, aber genau da liegt auch die Kompetenz des Portfoliomanagements und deshalb auch die Chance. Tail Risk umgehenVon diesen Aktienpaaren sind in der Regel 30 bis 40 im Portfolio, wobei sie innerhalb der Sektoren in der Regel schwach bis gar nicht korreliert sind. Das Tail Risk wird somit bewusst umgangen. Als Resultat lässt sich ein extrem robustes, marktneutrales Portfolio darstellen, das immun ist gegen Marktschwankungen und im Fall des Mainfirst Equity Market Neutral Fund eine Volatilität von zurzeit 3,5 % aufweist. Die Korrelation zum Stoxx 600 bzw. zum Anleihenindex Rex-P geht gegen null (0,06 bzw. – 0,08).Der Erfolg des Pair Tradings liegt in der Stetigkeit. Die Performance beispielsweise des eigenen Fonds seit 17. Dezember 2010 beläuft sich auf circa 9 %. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die zweite Jahreshälfte 2011 unter dem Zeichen “Kapitalerhalt” stand und das Risiko sehr stark heruntergefahren wurde. Das langjährige Ertragsziel lautet auf 6 bis 8 % jährlich. Das qualifiziert die marktneutrale Absolute-Return-Strategie als Alternative, um der Finanzrepression zu entgehen.