Immobilien

"Paradigmenwechsel in der Immobilienwelt"

Studien sehen Asien als zunehmend dominant - Noch keine Blasen in Fernost - Europa hinkt hinterher

"Paradigmenwechsel in der Immobilienwelt"

Von Ulli Gericke, BerlinZwar ist sich die Branche darin einig, dass die Immobilienmärkte weltweit das Schlimmste hinter sich haben. Doch auf den globalen Aufschwung wetten wollen die Beratungshäuser lieber nicht. Zu unkalkulierbar sind die Risiken der Finanzmärkte, der explodierenden Staatsverschuldung und der ungleichen Erholungsdynamik in den einzelnen Ländern. Schnellere KapitalbildungNur eins scheint sicher: Der asiatisch-pazifische Raum ist über den Zeitraum der Rezession hinweg gewachsen und beheimate inzwischen 10 der 15 größten börsennotierten Immobiliengesellschaften (gemessen an der Marktkapitalisierung), listet LaSalle Investment Management in seinem Halbjahres-Update des Investment Strategy Annual auf. Zudem werde Kapital in Asien schneller gebildet als in allen anderen Regionen. Ein Teil dieser Mittel suche bereits Immobilien-Anlagemöglichkeiten außerhalb der Region. Der Großteil ziele jedoch auf Anlagen in Hongkong, Singapur und dem chinesischen Raum ab, wo es in der Folge zu einer schnellen Preisverteuerung komme – insbesondere bei Luxuswohnungen in Singapur und Hongkong, wo auch Büros teuer werden.Entsprechend habe sich das Risiko einer Preiskorrektur bei Wohnimmo bilien in China, Hongkong, aber auch Südkorea eindeutig erhöht, ergänzt die Deutsche Bank Research in einer Studie über asiatische Immobilienmärkte. Die Autoren gehen jedoch nicht davon aus, dass dies zu ernsthaften makroökonomischen Verzerrungen führen sollte, da die Regulierungsbehörden bislang umsichtig vorgingen. Weder gebe es ein Subprime-Segment, noch habe die Schuldenfinanzierung auch nur eine ähnlich große Bedeutung wie in zahlreichen OECD-Ländern. Zudem seien mittel- bis langfristige Trends wie Urbanisierung und Bevölkerungswachstum weiterhin intakt.Gleichwohl zeigten Bewertungsindikatoren nach den raschen Preissteigerungen bei Wohnhäusern in Peking, Shanghai und einer Reihe anderer chinesischer Städte, dass diese Märkte derzeit überbewertet seien – was auch für Hongkong und Singapur gelte. Insgesamt gebe es aber auf den fernöstlichen Immobilienmärkten noch “keine erschreckenden Blasen – bisher!”, so der Titel der Deutsche-Bank-Studie. Polen wird interessantSkeptisch zeigt sich Aberdeen Asset Management in seinem jüngsten Global Property Market Outlook. Zwar registrieren die Experten bei den weltweiten gewerblichen Immobilienmärkten einen Aufschwung – vom Wachstum auf das Niveau der Jahre 2006 und 2007 sei die Branche aber “noch deutlich entfernt”. Entsprechend müsse Europa auf die Emerging Markets hoffen. Vor allem die asiatischen Immobilienmärkte würden den Alten Kontinent auf die Wachstumspfade zurückführen – “die Zeiten eines Paradigmenwechsels der globalen Immobilienweltordnung sind also angebrochen”, heißt es bei Aberdeen.In Europa empfiehlt LaSalle Investment Frankreich, Deutschland und Großbritannien plus Skandinavien als “bevorzugte Sekundärlage”. Polen sei ebenfalls ein interessanter Markt geworden – während “wir zu Vorsicht raten” beim restlichen Mittel- und Osteuropa. Besonders attraktiv seien Einzelhandelsimmobilien in Großbritannien und Bürohäuser in Central London, Büros in Paris sowie in Deutschland Einzelhandels- und Logistikflächen. Kreditgeschäfte böten derzeit “die besten risikoangepassten Erträge”, während Modernisierungsgelegenheiten von Bürogebäuden in London und Paris zunehmend interessant würden. Finanzierung “extrem knapp”In ganz Europa sei zu beobachten, dass angesichts der großen konjunkturellen Unwägbarkeiten nur noch wenige Projektentwicklungen begonnen werden – auch deshalb, weil die Finanzierungsmöglichkeiten “extrem knapp” seien und das Vertrauen gering. Da das Mietniveau in einigen Lagen zu niedrig sei, um neue Projekte rentabel zu gestalten, rechnen die LaSalle-Experten nicht damit, dass Projektentwickler rasch wieder neue Vorhaben starten.